Ladesäulenverordnung und AFIR: Aktuelle Entwicklungen

Ladesäulenverordnung und AFIR: Aktuelle Entwicklungen

Recht & Steuern

Ladesäulenverordnung und AFIR: Aktuelle Entwicklungen

Text: Ines Coenen | Foto (Header): © André Havergo – stock.adobe.com

Mit der dritten Änderung der Ladesäulenverordnung wird das Datum, ab dem neu zu errichtende öffentlich zugängliche Ladepunkte einen kontaktlosen Zahlungsvorgang mittels eines gängigen Debit- und Kreditkartensystems ermöglichen müssen, vom 01.07.2023 auf den 01.07.2024 verschoben. Und auf welche weiteren Änderungen müssen sich Ladepunktbetreiber sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene künftig einstellen?

Auszug aus:

Wer in Deutschland Ladeinfrastruktur zum Aufladen von Elektrofahrzeugen betreibt, hat eine Vielzahl an Regelungen im Blick zu behalten. Ist die Ladeinfrastruktur öffentlich zugänglich, führt an der Ladesäulenverordnung (LSV) kein Weg vorbei. Die LSV setzt die europäische Richtlinie über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (AFID) um und enthält technische Mindestvorgaben, die einen weitestgehend sicheren und interoperablen Aufbau von Ladeinfrastruktur sicherstellen sollen. Die LSV trat am 17.03.2016 in Kraft und wurde seither dreimal angepasst – zuletzt im Juni diesen Jahres –, um den sich ändernden technischen Anforderungen und Nutzerbedürfnissen gerecht zu werden. Auf europäischer Ebene wird seit 2021 zudem eine Verordnung über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (AFIR) erarbeitet, welche die vorausgehende Richtlinie ablösen soll.

Strengere Anforderungen an das Bezahlsystem (erst) ab Juli 2024

Obwohl die zweite Änderung der LSV bereits im Januar 2022 in Kraft getreten ist, sollte eine darin enthaltene Reglung erst zum 01.07.2023 für die Ladepunktbetreiber relevant werden: So sollte bei allen öffentlich zugänglichen Ladepunkten, die ab dem 01.07.2023 in Betrieb gehen, ein kontaktloser Zahlungsvorgang mittels eines gängigen Debit- und Kreditkartensystems durch Vorhalten einer Karte mit der Fähigkeit zur Nahfeldkommunikation angeboten werden. Bei Kartenzahlungen ist in bestimmten Fällen die Eingabe einer PIN erforderlich, weshalb an oder in der Nähe der Ladesäule auch ein Pin-Pad anzubringen wäre. Bis zur zweiten Änderung der LSV genügte es für den bargeldlosen Zahlungsvorgang, wenn entweder eine gängige kartenbasierte oder eine gängige webbasierte Zahlung (bspw. über eine App) angeboten wurde. Ein Kartenterminal oder Pin-Pad waren damit nicht zwingend erforderlich.

Die Pflicht, einen kontaktlosen Zahlungsvorgang anzubieten, führt nicht nur zu nicht unerheblichen Zusatzkosten. Sie wäre derzeit auch nur schwer umsetzbar, da am Markt kaum Ladelösungen verfügbar sind, welche diese besonderen Anforderungen an die Bezahlsysteme erfüllen. Um den dringenden Ausbau der Ladeinfrastruktur hierdurch nicht zu behindern, wurde die LSV nun ein drittes Mal geändert. Die jüngste Änderung hat zur Folge, dass die gestiegenen Anforderungen an die Bezahlsysteme erst für Ladestationen gelten, die ab dem 01.07.2024 in Betrieb genommen werden, also ein Jahr später als noch in der zweiten Verordnung zur Änderung der Ladesäulenverordnung vorgesehen. Der Verordnungsgeber hofft, dass bis zu diesem Stichtag ein ausreichendes Angebot an entsprechenden Ladestationen am Markt verfügbar sein wird.

Mit der verlängerten Übergangsfrist wird auch auf die aktuellen Entwicklungen bei der AFIR reagiert. Die AFIR soll die bisherige AFID ablösen und wird – anders als die AFID – unmittelbar in Deutschland gelten. Auch die AFIR wird Regelungen zum Bezahlsystem an Ladestationen enthalten und die Regelungen der LSV insoweit verdrängen. Die Verlängerung der Übergangsfrist hat daher die erfreuliche Folge, dass die Ladepunktbetreiber nicht zum 01.07.2023 und erneut zum Inkrafttreten der AFIR neuen Anforderungen ausgesetzt sein werden. Denn es ist durchaus realistisch, dass die AFIR bis zum 01.07.2024 in Kraft treten wird und die Vorgaben der LSV damit obsolet werden.

Strengere Anforderungen aus der AFIR

Auf strengere Anforderungen beim Betrieb von Ladestationen müssen sich die Betreiber dennoch einstellen. Denn aus dem Entwurf der AFIR und den begleitenden Beratungen wird deutlich, dass die Regelungen teilweise über die bisherigen nationalen Regelungen hinausgehen. So sieht der derzeitige Stand der AFIR beispielsweise vor, dass in bestimmten Fällen auch bereits bestehende öffentlich zugängliche Ladepunkte mit einem Kartenterminal auszustatten sind, sofern sie eine Ladeleistung von mindestens 50 kW haben. Die Nachrüstung hat nach dem Entwurf bis zum 01.01.2027 zu erfolgen. Die nationalen Regelungen enthalten bisher keine solche Nachrüstpflicht, sondern sind auf neu zu errichtende Ladesäulen beschränkt. Die AFIR sieht zudem vor, dass die Ladepunktbetreiber bestimmte statische und dynamische Daten erheben und kostenfrei zur Verfügung stellen müssen. Mit statischen Daten sind Informationen zu Standort, Art und Betreiber des Ladepunktes gemeint. Dynamische Daten sind beispielsweise Angaben zur Belegung des Ladepunktes oder dem Preis für das Ad-hoc-Laden. Auch eine solche Datenerhebungspflicht sieht die LSV bisher nicht vor. Das Europäische Parlament hat die AFIR am 11.07.2023 angenommen. Nun steht nur noch die Billigung durch den Rat aus, bevor die Regelungen in Kraft treten können.

Fazit

Die aktuellen Entwicklungen zur LSV und AFIR zeigen eindrücklich, wie verwoben die nationalen Regelungen mit den Vorgaben auf europäischer Ebene sind. Zudem ist gerade beim Betrieb von Ladeinfrastruktur stetig mit sich ändernden Anforderungen zu rechnen. Umso wichtiger ist es für die Betreiber, auf dem aktuellen Stand zu bleiben, um nachträgliche, oft teure Nachbesserungen zu vermeiden.

Die Autorin


Ines Coenen
Ines Coenen ist als Rechtsanwältin bei der Noerr PartGmbB in München tätig. Ein Beratungsschwerpunkt stellt die Beratung nationaler und internationaler Mandanten bei der Umsetzung von Ladeinfrastruktur-Projekten dar. Daneben begleitet sie Projektentwicklungen und Immobilientransaktionen in Bezug auf öffentlich-rechtliche Fragestellungen.

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