Recht & Steuern
Die neue Immobilienwertermittlungsverordnung: ImmoWertV 2021
Text: Ulrike Gantert | Foto (Header): © SONG_ABOUT_SUMMER – stock.adobe.com
Die aktuell gültige Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV 2010) und die verschiedenen Richtlinien (Bodenrichtwertrichtlinie, Sachwertrichtlinie, Vergleichswertrichtlinie, Ertragswertrichtlinie, Wertermittlungsrichtlinien 2006) werden durch die vollständig überarbeitete Immobilienwertermittlungsverordnung und ergänzende Anwendungshinweise zum 01.01.2022 abgelöst. Das sind die neuen Vorgaben.
Auszug aus:
QUARTIER
Ausgabe 5.2021
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Künftig gibt es nur noch zwei Regelungswerke: die Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV 2021) sowie die Muster-Anwendungshinweise zur ImmoWertV (ImmoWertA). Mit dieser Neuerung will der Gesetzgeber stärker als bisher sicherstellen, dass bundesweit einheitliche Grundsätze für die Ermittlung der Bodenrichtwerte und der sonstigen für die Wertermittlung erforderlichen Daten gelten. Außerdem werden die maßgeblichen Regelungen, die aktuell in sechs Regelungswerken enthalten sind, übersichtlicher und anwenderfreundlicher gestaltet, inhaltliche Änderungen gegenüber den aktuell geltenden Regelungen wird es dabei nur in beschränktem Umfang geben.
Die neue Immobilienwertermittlungsverordnung umfasst fünf Teile.
Teil 1 ersetzt den Abschnitt 1 der Immobilienwertermittlungsverordnung 2010. Er ist in drei Abschnitte gegliedert und enthält Regelungen zum Anwendungsbereich, zum Wertermittlungsobjekt, zu den Grundlagen der Wertermittlung und zu einzelnen Grundstücksmerkmalen. Ein besonderes Augenmerk ist auf folgende Regelungen zu richten:
- Die neue Immobilienwertermittlungsverordnung ist auch auf die Wertermittlung von grundstücksbezogenen Rechten und Belastungen anwendbar.
- Die allgemeinen Grundsätze der Wertermittlung werden zusammengefasst. Zu nennen sind hier die Vorgaben zur Verfahrenswahl und zum grundsätzlichen Verfahrensablauf, zur Berücksichtigung der allgemeinen Wertverhältnisse und der allgemeinen und besonderen objektspezifischen Grundstücksmerkmale, zur Eignung und Anpassung von Daten zu besonderen und persönlichen Verhältnissen und zur Herkunft der Daten, zum Grundsatz der Modellkonformität und zu künftigen Änderungen des Grundstückszustands.
Teil 2 ersetzt den Abschnitt 2 der Immobilienwertermittlungsverordnung 2010. Auch dieser Teil ist in drei Teile gegliedert und enthält die Vorgaben zur Ermittlung der für die Wertermittlung erforderlichen Daten, namentlich der Bodenrichtwerte und der sonstigen erforderlichen Daten. Unverändert ergibt sich die Verpflichtung zur Ermittlung der für die Wertermittlung erforderlichen Daten aus § 195 Abs. 3 und § 196 BauGB, wobei Folgendes anders als bisher sein wird:
- Die allgemeinen Vorgaben zur Eignung von Kaufpreisen und zur Ermittlung der sonstigen erforderlichen Daten, die auf einen Stichtag zu beziehen sind, werden präzisiert.
- Um eine bundesweit einheitliche Ermittlung der sonstigen für die Wertermittlung erforderlichen Daten sicherzustellen, werden zwingend feste Modellansätze bzw. Modelle zur Festlegung der Gesamtnutzungsdauer, zur Ermittlung der Restnutzungsdauer im Fall der Modernisierung von Wohngebäuden und zur Ermittlung der Bewirtschaftungs- und der durchschnittlichen Herstellungskosten vorgegeben. Es besteht jedoch für die Gesamt- und die Restnutzungsdauer insoweit eine Übergangsfrist bis zum 31.12.2024. Neu ist auch, dass bei der Gesamtnutzungsdauer auf die Zuordnung zu Standardstufen bei freistehenden Ein- und Zweifamilienhäusern, Doppel- und Reihenhäusern sowie bei den übrigen Gebäudearten auf die Einräumung von Spannen verzichtet wird. Unverändert werden die Normalherstellungskosten 2010 aus den Anlagen 1 und 2 der Sachwertrichtlinie übernommen.
- Eine Modellbeschreibung wird verpflichtend vorgegeben, damit die modellkonforme Anwendung der sonstigen für die Wertermittlung erforderlichen Daten sichergestellt wird.
- Wesentliche Vorgaben der bisherigen Bodenrichtwertrichtlinie werden in überarbeiteter Form in die Vorgaben zur Bodenrichtwertermittlung integriert.
- Die Regelungen zu den sonstigen für die Wertermittlung erforderlichen Daten werden präzisiert und um Angaben zu Erbbaurechts- und Erbbaugrundstückskoeffizienten ergänzt.
Teil 3 ersetzt Abschnitts 3 und beinhaltet die Vorgaben zu den einzelnen Wertermittlungsverfahren. Die wesentlichen verfahrensspezifischen Aussagen aus den aktuell geltenden Einzelrichtlinien werden mit geringfügigen inhaltlichen Änderungen übernommen. Die Ermittlung des Bodenwerts wird künftig nicht mehr im Zusammenhang mit dem Vergleichswertverfahren, sondern separat in Teil 4 geregelt. Und im Sachwertverfahren ist ein Regionalfaktor vorgesehen.
Teil 4 hat zwei Abschnitte. Der erste regelt die Bodenwertermittlung unter Übernahme wesentlicher Vorgaben aus der Vergleichswertrichtlinie. Regelungen zu Gemeinbedarfs- und Wasserflächen kommen neu hinzu. Der zweite Abschnitt beinhaltet künftig auch Vorgaben zur Wertermittlung bei grundstücksbezogenen Rechten und Belastungen in Form von allgemeinen Grundsätzen und nicht abschließenden Regelungen zur Wertermittlung von Erbbaurechten und -grundstücken.
Teil 5 beinhaltet Übergangsvorschriften und die Regelungen zum In- und Außerkrafttreten.
Die neuen Regelungen sind sehr zu begrüßen, da sie eine bundesweite Grundstücksmarkttransparenz ermöglichen und die steuerliche Bewertung sowie die Tätigkeit überregional tätiger privater Grundstückssachverständiger erleichtern werden.
Die Autorin
Ulrike Gantert
Ulrike Gantert ist seit 1994 Rechtsanwältin, seit 2006 Fachanwältin für Bauund Architektenrecht und seit 2016 bei Brillinger Rechtsanwälte, einer auf Immobilienrecht spezialisierten Kanzlei in Karlsruhe. Sie ist zudem Schlichterin und Schiedsrichterin für Baustreitigkeiten nach der SOBau und Mitglied des Gesetzgebungsausschusses für Bauund Architektenrecht im Deutschen Anwaltverein sowie der Deutschen Gesellschaft für Baurecht. Ulrike Gantert publiziert und referiert bundesweit seit Jahren über bau- und architektenrechtliche Themen.
www.brillinger-rechtsanwaelte.eu