Recht & Steuern
Gesetzliche Rahmenbedingungen für Mieterstromkonzepte: EEG 2021 und 2023
Text: Thorsten Kirch | Foto (Header): © KITREEL – stock.adobe.com
Der urbane Wohnungsraum bietet ein bislang kaum erschlossenes Potenzial für dezentrale Energieversorgungskonzepte. Dies gilt insbesondere für solare Mieterstromprojekte, die nicht zuletzt aufgrund der Preissteigerungen auf dem europäischen Energiemarkt künftig auch wirtschaftlich wieder interessanter werden dürften. Durch das EEG 2021 und das EEG 2023 wurden die rechtlichen Rahmenbedingungen für Mieterstromprojekte geändert.
Auszug aus:
QUARTIER
Ausgabe 1.2023
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In der energiewirtschaftlichen Praxis sind Mieterstrommodelle Stromlieferungen des Mieterstromlieferanten an Dritte. Dabei wird der Strom dezentral vor Ort in einer Solaranlage erzeugt und ohne Nutzung des Netzes der allgemeinen Versorgung an Mieter geliefert, die diesen in räumlicher Nähe zur Erzeugungsanlage – d. h. im selben Wohngebäude oder im Quartier – verbrauchen.
Der gelieferte Strom stammt dabei in erster Linie aus der Solaranlage. Nur die zur Vollversorgung der Mieter erforderlichen Reststrommengen bezieht der Mieterstromlieferant am Markt, um den Mieter auch während der Zeiträume mit Strom zu versorgen, in denen die Erzeugung aus der Solaranlage nicht ausreicht. Übertrifft die erzeugte Strommenge dagegen den Verbrauch der Mieter, können überschüssige Strommengen in das Netz eingespeist werden. In beiden Fällen kann eine Förderung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz in Anspruch genommen werden.
Wegfall von Strompreiskomponenten
Die wirtschaftlichen Vorteile von Mieterstromkonzepten liegen zunächst im Entfall von gesetzlich veranlassten Strompreisbestandteilen, die bei einem regulären Strombezug über das Netz der allgemeinen Versorgung an den Stromlieferanten zu entrichten sind. Dies gilt für die Netznutzungsentgelte, die Konzessionsabgabe und weitere sog. netzseitige Umlagen (KWK-Umlage, Offshore-Netzumlage, §19-StromNEV-Umlage), die als Aufschlag auf die Netzentgelte erhoben werden und vom Netznutzer zu entrichten sind.
Vor dem 01.07.2022 fiel auf die in Mieterstrommodellen verbrauchten Strommengen auch die EEG-Umlage an. Diese wurde jedoch schon zum 01.07.2022 auf einen Betrag von 0 ct/kWh reduziert und damit faktisch abgeschafft. Die Förderung der erneuerbaren Energien wird seitdem aus dem Sondervermögen „Energie- und Klimafonds“ sichergestellt und die EEG-Förderung über den Strompreis beendet. Mit Einführung des EEG 2023 wurde die Wälzung der verbleibenden Umlagen im Stromsektor in dem neuen Energiefinanzierungsgesetz (EnFG) vereinheitlicht. Daher fallen mit Geltung des EEG 2023 keine Umlagen mehr für Direktstromlieferungen hinter dem Netzverknüpfungspunkt an.
Förderung durch Mieterstromzuschlag
Schon in den Jahren 2014, 2015 und 2016 wurde der damalige Ausbaupfad für Solarstrom von 2,5 GW nicht erreicht. Um die Akzeptanz der Energiewende in der Bevölkerung zu steigern, die Wirtschaftlichkeit von Mieterstrommodellen zu verbessern und die Partizipation von Mietern an der Energiewende zu erhöhen, hatte der Gesetzgeber bereits im Juli 2017 den Mieterstromzuschlag als eigene Vergütungskategorie im EEG 2017 eingeführt. Der Mieterstromzuschlag gilt nur für die durch Solaranlagen in Mieterstromkonzepten erzeugten Strommengen. Die Förderung erfolgt wie bei der Einspeisevergütung pro Kilowattstunde. Sie ist jedoch geringer als die reguläre Einspeisevergütung, da der Mieterstromlieferant auch den Erlös aus dem Verkauf des Stroms an den Mieter erhält. Zwei Jahre nach seiner Einführung stellte das Bundeswirtschaftsministerium jedoch in seinem Mieterstrombericht fest, dass der Ausbau von Mieterstromprojekten weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben war. So waren im Rumpfjahr 2017 lediglich 78 Anlagen mit einer Leistung von insgesamt 2,0 MW und im darauffolgenden Jahr 2018 nur 248 Anlagen mit einer Leistung von 5,3 MW installiert worden. Der gesetzlich vorgesehene Ausbaudeckel von 500 MW wurde damit gerade einmal zu einem Prozent ausgeschöpft. Als mögliche Ursachen für den schleppenden Ausbau wurden die gesetzlichen Vorgaben zum räumlichen Verhältnis und zum sog. Lieferkettenmodell ausgemacht. Zudem wurde festgestellt, dass die Förderung über den Mieterstromzuschlag häufig zu gering ist, um Mieterstrommodelle wirtschaftlich zu betreiben.
Die Person des Mieterstromlieferanten wurde in der ursprünglichen Regelung des § 21 Abs. 3 EEG 2017 nicht näher bestimmt und war offen ausgestaltet. In der Praxis entwickelten sich daher unterschiedliche vertragliche Modelle für Mieterstromprojekte. Beim sog. Lieferkettenmodell tritt ein Energiedienstleister als Mieterstromlieferant auf und übernimmt die Strombelieferung der Mieter. Innerhalb einer Lieferkette sind somit drei Akteure tätig: der Anlagenbetreiber/Vermieter, der Energiedienstleister/Mieterstromlieferant und die Letztverbraucher/Mieter.
Nach damaligen Verständnis der Bundesnetzagentur sollte im Mieterstrommodell jedoch der Anlagenbetreiber immer auch zugleich der Stromlieferant sein, sodass der Anspruch auf den Mieterstromzuschlag im Lieferkettenmodell fraglich blieb. Da der Gesetzgeber auch Mieterstromprojekte im Lieferkettenmodell für förderwürdig erachtete, erfolgte bereits mit § 21 Abs. 3 EEG 2021 eine gesetzliche Klarstellung. Ein Anspruch auf den Mieterstromzuschlag besteht seitdem auch dann, wenn der Strom nicht vom Anlagenbetreiber/Vermieter selbst, sondern wie im Fall des Lieferkettenmodells von einem Dritten an den Mieter geliefert wird.
Zudem setzte der Mieterstromzuschlag nach der ursprünglichen Regelung des § 21 Abs. 3 EEG 2017 voraus, dass der in der Solaranlage erzeugte Strom innerhalb desselben Gebäudes oder in Wohngebäuden oder Nebenanlagen im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit diesem Gebäude verbraucht wird. Diese Beschränkung auf Gebäude, die im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang stehen, schränkten die Fördermöglichkeit jedoch zu stark ein. Daher hat der Gesetzgeber mit § 21 Abs. 3 EEG 2021 den Quartiersansatz umgesetzt. Der Anspruch auf den Mieterstromzuschlag besteht seitdem auch dann, wenn der Strom in Wohngebäuden oder Nebenanlagen in dem Quartier verbraucht wird, in dem auch das Gebäude liegt und an dem die stromerzeugenden Anlagen angebracht sind. Unter einem Quartier ist dabei nach der Gesetzesbegründung ein zusammenhängender Gebäudekomplex zu verstehen, der den Eindruck eines einheitlichen Ensembles erweckt. Die Gebäude des Quartiers können auf unterschiedlichen Grundstücken liegen oder durch Straßen getrennt sein, solange der Eindruck des einheitlichen Ensembles gegeben ist.
Im Mieterstrombericht wurde im Jahr 2019 festgestellt, dass die bisherige Regelung zur Anlagenzusammenfassung in § 24 Abs. 1 EEG 2017 die Wirtschaftlichkeit getrennter Mieterstromanlagen hemmt. § 24 Abs. 1 EEG 2017 regelte, dass mehrere Anlagen unabhängig von den Eigentumsverhältnissen zu einer Anlage zusammengefasst werden, wenn sie sich auf demselben Grundstück, demselben Gebäude, demselben Betriebsgelände oder sonst in unmittelbarer räumlicher Nähe befinden. Da Mieterstromsolaranlagen in urbanen Gebieten häufig als technisch getrennte Einzelanlagen auf Gebäuden errichtet werden, die baulich miteinander verbunden sind, wurden diese separaten Solaranlagen vergütungsrechtlich zusammengefasst und als eine einzelne verbundene Anlage betrachtet.
Da die Höhe der Vergütung nach den Leistungsstufen bestimmt wurde und die zusammengefasste Anlage eine höhere Leistung aufwies, erhielt diese aufgrund der Zusammenfassung eine geringere Vergütung, was sich nachteilig auf die Rentabilität auswirkte. Durch die Neuregelung des § 24 EEG 2021 ist sichergestellt, dass der Anspruch auf den Mieterstromzuschlag für diese Solaranlagen seither separat ermittelt wird. Als Abgrenzungskriterium für getrennte Projekte wird eruiert, ob die Solaranlagen an demselben Netzanschlusspunkt betrieben werden. Ist dies nicht der Fall, werden sie auch nicht zusammengefasst. Dies gilt auch dann, wenn die Solaranlagen vom gleichen Anlagenbetreiber betrieben werden.
Zudem hat das damalige Bundeswirtschaftsministerium im Mieterstrombericht festgestellt, dass die Höhe des Mieterstromzuschlags zu niedrig ist, um die erforderlichen wirtschaftlichen Anreize für Mieterstromprojekte zu setzen. Daher wurden mit Einführung des EEG 2021 gesonderte Vergütungssätze beim Mieterstromzuschlag in § 48a EEG 2021 gesetzlich normiert. Dieser beträgt aktuell gem. § 48a EEG 2023 für Solaranlagen mit einem Inbetriebnahmedatum vom 01.01.2022 bis zum 31.01.2024 in der Leistungsklasse bis 10 kW 2,67 ct/kWh, in der Leistungsklasse über 10 bis 40 kW 2,48 ct/kWh und in der Leistungsklasse über 40 kW bis 1 MW 1,67 ct/kWh.
Bei Einführung des Mieterstromzuschlags im Jahr 2017 wurde dieser lediglich Solaranlagen mit einer Leistung von bis zu 100 kW gewährt. Sofern die Solaranlage diese Leistungsgrenze überschritt, entfiel der Mieterstromzuschlag für die Anlage insgesamt. Mit dem EEG 2023 wurde diese Begrenzung auf 100 kW in § 21 Abs. 3 EEG 2023 aufgehoben. Damit können nun auch größere Mieterstromanlagen den Mieterstromzuschlag erhalten.
Seit Einführung des Mieterstromzuschlags im Jahr 2017 wurde dieser gem. § 23c EEG 2021 auf eine installierte Leistung von 500 MW pro Jahr begrenzt. Dieser 500-MW-Deckel wurde in den nachfolgenden Jahren jedoch nicht einmal ansatzweise erreicht, sodass dieser praktisch keine Relevanz besaß. Er wurde daher mit Einführung des EEG 2023 ebenfalls ersatzlos gestrichen.
Der Gesetzgeber hat in den vergangenen Jahren zahlreiche Änderungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen für Mieterstromkonzepte vorgenommen, um die Energiewende im urbanen Lebensraum voranzubringen. Schon aufgrund der damit verbundenen Einspareffekte im Vergleich zum Strombezug am Markt dürfte die Realisierung dieser Projekte künftig für Vermieter und Mieter wieder an Attraktivität gewinnen.
Der Autor
Rechtsanwalt Thorsten Kirch
Thorsten Kirch ist Assoziierter Partner der Kanzlei GÖRG in Köln. Er verfügt über langjährige Erfahrung in der Beratung von Energieversorgungsunternehmen und Projektentwicklern zu Fragen der dezentralen Energieversorgung und dem Recht der erneuerbaren Energien.
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