Technologische Lösungen im Energie- und Mobilitätsbereich: Klimaneutrale Quartiere

Technologische Lösungen im Energie- und Mobilitätsbereich: Klimaneutrale Quartiere

Energie, Technik & Baustoffe

Technologische Lösungen im Energie- und Mobilitätsbereich: Klimaneutrale Quartiere

Text: Gerhard Stryi-Hipp | Foto (Header): TRIOLOG/ENSTADT:PFAFF

Nur 2 km vom Stadtzentrum Kaiserslautern entfernt, liegt das ehemalige Gelände der Firma Pfaff Nähmaschinen. Nach der Insolvenz erwarb die Stadt Kaiserslautern das Areal, um hier ein klimaneutrales Modellvorhaben mit 30% Wohn-, 60% Dienstleistungs- und 10% Gewerbeflächen zu entwickeln. Im begleitenden Forschungsprojekt wurden Erfahrungen für die Umsetzung der Energiewende in weiteren Quartieren gesammelt.

Auszug aus:

Der städtebauliche Rahmenplan aus dem Jahr 2017 sieht ein urbanes Gebiet mit 218.300 m² Bruttogrundfläche für ca. 1.400 Bewohner sowie ca. 3.200 Arbeitsplätze vor. Im Jahr 2020 wurde der Bebauungsplan verabschiedet. Die Herstellung der Baureife erfolgt phasenweise, indem die alten einstöckigen Produktionsgebäude abgerissen werden und der Boden auf Kampfmittel und Schadstoffe untersucht sowie bei Bedarf saniert wird. Die Sanierung von drei Bestandsgebäuden, die im Sommer 2024 in Betrieb gegangen sind, wurde bereits abgeschlossen. Die Erschließung der Kernzone ist abgeschlossen, sodass die Vermarktung von Grundstücken im ersten Baufeld begonnen hat.

Modellvorhaben für den Klimaschutz

Die Stadt Kaiserslautern will klimaneutral werden und hat dafür im Jahr 2017 den „Masterplan Klimaschutz“ verabschiedet. Somit lag es nahe, das Pfaff-Quartier als Modellvorhaben klimaneutral zu entwickeln und dabei Erfahrungen für die Umsetzung der Energiewende in weiteren Quartieren zu sammeln. Um das notwendige Know-how bereitzustellen, wurde von der Stadt gemeinsam mit sieben Projektpartnern aus Wirtschaft und Wissenschaft das Projekt EnStadt:Pfaff ins Leben gerufen, das vom Bundeswirtschafts- und Bundesforschungsministerium als eines von sechs bundesweiten Leuchtturmprojekten im Bereich der Quartiersentwicklung ausgewählt und gefördert wurde. EnStadt:Pfaff startete im Oktober 2017 und endet im Dezember 2024.

Das Projekt untersuchte am Beispiel des Pfaff-Quartiers, wie zukunftsweisende klimaneutrale Areale erfolgreich geplant und umgesetzt werden können. Hierzu wurden Energie-, Mobilitäts- und Digitalisierungskonzepte erarbeitet und innovative Technologien erforscht, entwickelt, demonstriert und getestet. Untersuchungen zu Nutzerbedürfnissen und die Evaluation der Planungsprozesse ergänzten das Aufgabenfeld. Das Projekt war als Reallabor konzipiert, in dem Lösungen von den Wissenschaftlern gemeinsam mit den beteiligten Akteuren aus der Planung, Umsetzung, Verwaltung und Politik entwickelt wurden.

EnStadt:Pfaff wurde von der Stadt Kaiserslautern geleitet, die wissenschaftliche Projektleitung lag beim Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE. Zu den weiteren Beteiligten zählten der städtische Projektentwickler PEG, die Eigentümer von zwei Bestandsgebäuden, das FraunhoferInstitut für Experimentelles Software Engineering IESE, Hochschulen aus Kaiserslautern und Trier sowie die Universität Bayreuth.

1 | Die Energiezentrale umfasst die Heizzentrale zur Verteilung der Niedertemperatur-Nahwärme, Kühlmaschinen mit Abwärmenutzung, ein Elektrofahrzeug und Batterielabor sowie eine farbige PV-Fassade
ABBILDUNG: TRIOLOG/ENSTADT:PFAFF

2 | Altes Verwaltungsgebäude mit PV-Fassade, PV-Dachanlagen und fensterintegrierter Lüftung (Pendellüfter)
ABBILDUNG: TRIOLOG/ENSTADT:PFAFF

Zielsetzungen der Quartiersentwicklung

Als Planungsziele für das Pfaff-Quartier wurden im städtebaulichen Rahmenplan u. a. die Entwicklung eines urbanen, integrierten Quartiers, die nachhaltige Quartiersentwicklung in Bezug auf Energie und Mobilität sowie die Entwicklung eines verkehrsarmen Gebiets festgesetzt. Der Bebauungsplan konkretisierte, dass eine klimaneutrale Energieversorgung des Pfaff-Quartiers als Teil des Masterplans für eine klimaneutrale Stadt erreicht werden sollte. EnStadt:Pfaff verfolgte einen ganzheitlichen Ansatz. Jenseits von Energie und Mobilität wurden auch Interessen aus Städtebau, Architektur, Wirtschaft, Arbeit, Versorgung, Bildung, Gesundheit, Freizeit und Aufenthaltsqualität bei Bedarf mitbetrachtet. Oftmals ist dabei ein Ausgleich verschiedener, teilweise konkurrierender Interessen erforderlich. Deshalb wurde für das Pfaff-Quartier ein Leitbild erarbeitet, das Zielsetzungen in den Bereichen Arbeits- und Lebensraum, Gebäude, Energie, Mobilität, Digitalisierung und Beteiligung und Bildung formuliert hat. Die Ziele und Vorgaben in den Fachgebieten Städtebau und Architektur flossen in ein Gestaltungshandbuch ein. Beide Dokumente wurden vom Stadtrat mit dem Bebauungsplan beschlossen.

Quartiersweite Energiekonzepte und Sektorenkopplung

Um Klimaneutralität zu erreichen sind quartiersweite Energiekonzepte erforderlich. Denn einerseits kann eine zentrale Wärmeversorgung des Quartiers vorteilhaft oder notwendig sein und andererseits erfordert die Dezentralisierung der Stromerzeugung mittels Photovoltaikanlagen eine Anpassung und intelligente Steuerung der Verteilnetze. Vom Energiekonzept hängt es ab, ob ein Wärme- oder Gasnetz erforderlich ist. Das Stromnetz wird immer benötigt, doch die notwendigen Trafostationen müssen entsprechend ausgelegt werden. Zusätzlich lassen sich durch Batteriespeicher sowie durch eine intelligente Betriebsweise der Wärmepumpen und der E-Ladeinfrastruktur Last- und Erzeugungsspitzen im Stromnetz verschieben. So kann die notwendige Anschlussleistung reduziert und der Selbstversorgungsgrad mit Solarstrom erhöht werden.

Die Sektorenkopplung, d.h. vor allem die Elektrifizierung des Wärme- und Mobilitätssektors, bietet dabei wichtige Synergieeffekte. Mit einem steigenden Anteil der fluktuierenden Solar- und Windenergie müssen zunehmend Batteriespeicher installiert werden, um die Ungleichzeitigkeit von Stromerzeugung und -bedarf auszugleichen. Bislang werden aufgrund der regulativen Rahmenbedingungen die meisten Batteriespeicher von den Verbrauchern in Kombination mit PV-Anlagen in Gebäuden installiert. Die Sektorenkopplung bietet zusätzlich die Möglichkeit, Stromüberschüsse in Wärmespeichern oder den Batterien von Elektrofahrzeugen zu speichern. Durch die zeitliche Verschiebung der Beladung dieser Speicher können Lastspitzen vermieden werden, ohne zusätzliche Batteriespeicher bauen zu müssen. Unter bestimmten Bedingungen können Elektrofahrzeuge auch einen Teil ihres gespeicherten Stroms bei Bedarf wieder ins Stromnetz zurückspeisen. Das sog. bidirektionale Laden von Elektrofahrzeugen kann somit helfen, kurzfristige Lastspitzen zu kompensieren und die Stabilität des Stromnetzes zu sichern. Sektorenkopplung kann auch bedeuten, dass in Elektrolyseuren grüner Wasserstoff mit erneuerbarem Strom erzeugt wird, der dann für die Rückverstromung, die Mobilität oder Wärmerzeugung genutzt werden kann. Allerdings findet die Wasserstofferzeugung meist nicht auf Quartiersebene, sondern in größeren Einheiten statt.

Die Sektorenkopplung ist somit ein wichtiges Element klimaneutraler Quartiersenergiesysteme. Sie ermöglicht die Nutzung von erneuerbar erzeugtem Strom in allen Sektoren und durch die Flexibilisierung des Anlagenbetriebs eine Anpassung des Energiebedarfs an die Stromerzeugung, was die Kosten senkt und die Versorgungssicherheit erhöht.

Energiekonzept

Bei klimaneutralen Quartieren sollte die Erstellung von Energiekonzepten bereits parallel zur Erarbeitung des Bebauungsplans erfolgen. Denn je nach Energiekonzept werden hier möglicherweise Flächen für Solaranlagen, Geothermie-Bohrfelder, große Wärmespeicher, Energiezentralen, Trafostationen, Mobilitätsstationen etc. benötigt, die im Bebauungsplan verortet sein sollten.

EnStadt:Pfaff konnte das Energiekonzept parallel zum Bebauungsplan erstellen. Dazu wurde der erwartete Energiebedarf der 8 Bestands- und 32 Neubauten im Quartier abgeschätzt und eine detaillierte Untersuchung aller möglichen Energiequellen vorgenommen. Aufgrund der hohen Bebauungsdichte mit vornehmlich fünfstöckigen Gebäuden reichen die erneuerbaren Energien im Quartier nicht aus, den gesamten Energiebedarf zu decken. Dies ist in städtischen Quartieren mit Mehrfamilienhäusern oder Gewerbebauten meist der Fall. Deshalb bedeutet Klimaneutralität für urbane Quartiere, die vorhandenen Potenziale an erneuerbaren Energien im Quartier vollständig zu nutzen und den restlichen Energiebedarf aus klimaneutralen Quellen möglichst aus den umliegenden Gebieten oder der Region zu beziehen.

Eine biogasbasierte Strom- und Wärmeerzeugung wurde verworfen, um lokale Emissionen zu vermeiden. Zur Stromerzeugung können somit Solarmodule auf Dächern, an Fassaden und in begrenztem Umfang auch im öffentlichen Raum installiert werden, etwa über Pkw-Stellplätzen. Allerdings müssen alle Flachdächer als Gründächer zu Retentionszwecken ausgeführt werden, da das Abwassersystem der Stadt die künftig erwarteten Wassermengen bei Starkregen aus dem Pfaff-Quartier nicht mehr aufnehmen kann. Gleichzeitig ist eine Regenwasserversickerung im Gelände aufgrund der teilweise vorhandenen Schadstoffbelastung im Boden nicht erlaubt. Bei der Installation von Solarmodulen auf Gründächern ist die Belegungsdichte etwas reduziert, um die Pflege des Gründaches zu ermöglichen.

Im Zuge der Untersuchung möglicher klimaneutraler Wärmequellen wurde der Einsatz von Wärmepumpen aufgrund der Geräuschentwicklung und Erdbohrungen in den belasteten Untergrund verworfen. Solarwärmekollektoren könnten in ein Nahwärmenetz einspeisen, dabei aber nur einen Teil des Wärmebedarfs decken und die Installationsfläche für Photovoltaikmodule reduzieren. Die Nutzung der Abwärme aus dem parallel verlaufenden Abwasserkanal wurde untersucht, bot allerdings kein ausreichendes Potenzial. Auch die Nutzung der Abwärme einer 400 m entfernt gelegenen Gießerei wurde – zunächst als aussichtsreichste Variante favorisiert – aufgrund der zu geringen Abwärmemengen nicht mehr weiterverfolgt. Als Ergebnis aller Untersuchungen entschieden sich die Verantwortlichen für folgendes Energiekonzept: Auf allen neuen Gebäuden werden PV-Anlagen in Kombination mit Gründächern installiert, die etwa 40% des Gesamtstrombedarfs im Quartier decken. Daher wurde im Bebauungsplan eine Solargründachpflicht für alle Neubauten festgesetzt. Die Wärmeversorgung erfolgt über ein Niedertemperatur-Nahwärmenetz mit einem Vorlauf von ca. 65 °C, das aus dem Rücklauf der städtischen Fernwärme gespeist wird. Zusätzlich wird die Abwärme aus einer Kältemaschine mit 556 kW Kälteleistung in das Wärmenetz eingespeist. Sie kann etwa 15% des Wärmebedarfs decken und dient als Modell für eine mögliche weitere dezentrale Abwärmeeinspeisung im Quartier. Es wird davon ausgegangen, dass im Quartier langfristig nur E-Fahrzeuge vorhanden sind.

Im Energiekonzept wurde berücksichtigt, dass diese im Quartier geladen werden, wobei davon ausgegangen wird, dass dabei in Zukunft auch das bidirektionale Laden zur Stabilisierung der Stromversorgung zum Einsatz kommt. Um dies in der Praxis zu erproben, wurde eine Energiezentrale errichtet, die die Heizzentrale und ein E-Fahrzeug- und Batterielabor enthält (siehe Abbildung 1).

Innovative Komponenten in den Bereichen Energie und Gebäude

Im Rahmen von EnStadt:Pfaff kommen auch innovative Technologien in den Bestandsgebäuden zum Einsatz. Um den gestalterischen Anforderung des Bebauungsplans zu genügen sind beispielsweise im „Alten Verwaltungsgebäude“ sowie bei der Energiezentrale rote Photovoltaikmodule mit neuartiger Morphocolor®- Beschichtung in die Fassade integriert. Ebenso auf den Ziegeldächern des Verwaltungsgebäudes, um auf dem Gebäude mit dem weit sichtbaren Pfaff-Schriftzug zu zeigen, wie sich Photovoltaik gut in die Umgebung einfügen lässt.

Bei der Bestandssanierung ist die Gewährleistung einer ausreichenden Belüftung der Räume eine Herausforderung, da die Luftdichtigkeit durch neue Fenster deutlich erhöht wird, aber kontrollierte Lüftungsanlagen oftmals keinen Platz haben. Daher verfügt das „Alte Verwaltungsgebäude“ über fensterrahmenintegrierte Lüftungssysteme. Heizung, Kühlung, Belüftung und Beleuchtung der Räume werden durch Smart Home-Technologie intelligent gesteuert. Smart Home-Systeme erhöhen die Effizienz der Systeme und sind eine wichtige Schnittstelle zu den Nutzern. Das 1936 errichtete Gebäude wurde wärmegedämmt und erhielt effiziente Fenster, sodass es den KfW-Effizienzhausstandard 55 bzw. 40 erreicht. Eine Innendämmung ergänzt die außen liegende Wärmedämmung in den Bereichen mit Sandsteinfassade (siehe Abbildung 2).

Das 1958 erbaute neue Verwaltungsgebäude steht unter Denkmalschutz und wurde zum Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) umgebaut. Durch eine Innendämmung, neue effiziente Fenster und die Glasüberdachung des Atriums konnte für das Gebäude der KfW Effizienzhaus 70-Standard erreicht werden. Aufgrund des Denkmalschutzes wurden Fenster mit Vier-Scheiben-Verglasung mit Zwischenscheiben-Jalousien eingebaut (siehe Abbildung 3).

Das Gebäude wird gemeinsam mit dem nebenliegenden Parkhaus mit Bürokopfbau von einem eigenen Stromnetz versorgt, die als Kundenanlage nach § 3 Nr. 24a EnWG betrieben wird. Somit kann die PV-Anlage auf dem Parkhaus kostengünstig Solarstrom an das MVZ liefern. Das Stromnetz ist über einen regelbaren Ortsnetztrafo an das Mittelspannungsnetz angebunden, was zu einer höheren Stromnetzstabilität führt. Das Parkhaus und der vorgelagerte Bürokopfbau sind in Holzbauweise errichtet und haben somit nur eine geringe graue Energie gebunden. Auf dem Dach und vor den Fassaden sind PV-Module montiert. Im Parkhaus sind E-Ladesäulen installiert, die direkt vom PV-Strom versorgt werden können (siehe Abbildung 4).

3 | Medizinisches Versorgungszentrum im unter Denkmalschutz stehenden neuen Verwaltungsgebäude mit innovativen Komponenten.
ABBILDUNG: TRIOLOG/ENSTADT:PFAFF

4 | Das Parkhaus mit Bürokopfbau in Holzbauweise verfügt über PV-Anlagen auf dem Dach und in den Fassaden.
ABBILDUNG: TRIOLOG/ENSTADT:PFAFF

Mobilitätskonzept

Ein verminderter Individualverkehr soll u. a. durch einen reduzierten Pkw-Bestand im Quartier erreicht werden. Dies wird unterstützt durch Einkaufsmöglichkeiten in kurzer Distanz sowie die Bereitstellung einer guten Radwege-Infrastruktur und verbesserte Mobilitätsangebote wie ÖPNV oder Carsharing. Hierzu werden im Quartier acht Mobilitätsstationen in drei verschiedenen Größen eingerichtet (Abbildung 5). Mit dem Bebauungsplan wurde eine Stellplatzsatzung beschlossen, die aufgrund von Angeboten zu alternativen Mobilitätsformen die Zahl der herzustellenden Stellplätze in den Tiefgaragen reduziert. Einen Teil der so eingesparten Baukosten müssen Investoren als Stellplatz-Ablöse an die Stadt bezahlen, die diese für die Errichtung der Mobilitätsstationen verwendet.

Das Platzieren von Parkhäusern in Quartiersrandlage hat zwei Gründe: Einerseits soll das Verkehrsaufkommen im Quartier reduziert werden. Zum anderen kann aufgrund der Bodenstrukturen nur ein Teil der Neubauten mit Tiefgaragen unterkellert werden. Ein größerer Anteil des öffentlichen Raums wird zum Gehen, Radfahren und sonstigem Aufenthalt genutzt, indem nur eine geringe Zahl von Pkw-Parkplätzen entlang der Straßen bereitgestellt wird. Besucher des Quartiers haben die Möglichkeit, in den Parkhäusern zu parken. Im Zentrum des Quartiers ist eine Fußgängerzone vorgesehen. Ein Tempolimit von 20 km/h auf allen Straßen im Quartier ermöglicht das gefahrlose Miteinander von Pkws und Fußgängern sowie Fahrradfahrern.

Technologische Lösungen im Energie- und Mobilitätsbereich – Klimaneutrale Quartiere

5 | Mittlere Mobilitätsstation mit Carsharing und Leihfahrrädern
FOTO UND ABBILDUNG: TRIOLOG/ENSTADT:PFAFF

6 | Altes Verwaltungsgebäude mit roter PV-Fassade und PV-Dachanlagen neben dem Schornstein des Kesselhauses FOTO UND ABBILDUNG: TRIOLOG/ENSTADT:PFAFF

Zusammenfassung

Die Erfahrungen aus dem Pfaff-Quartier zeigen, dass die Entwicklung klimaneutraler Quartiere die Weiterentwicklung bestehender Planungsprozesse erfordert. So muss mit der Entwicklung nachhaltiger Energie- und Mobilitätskonzepte aufgrund ihrer möglichen Flächenwirksamkeit frühzeitig im Quartiersentwicklungsprozess begonnen werden. Eine Planung der Energieversorgung nach Abschluss der städtebaulichen Entwicklung ist nicht mehr zielführend. Dabei muss die Planung ganzheitlich und verzahnt zwischen den Fachbereichen Energie, Mobilität, Entwässerung, Städtebau, Architektur und Freiraum erfolgen. Daher ist im Planungsprozess ein Austausch zwischen den Fachplanern und eine entsprechende Koordination vorzusehen.

Es bedarf außerdem einer klaren Zielsetzung für die Quartiersentwicklung. Beispielsweise muss geklärt werden, ob Ziele infrage gestellt werden, wenn die Kosten höher liegen als erwartet. Quartiere müssen verschiedenste Bedarfe abdecken und Ziele erfüllen, die in gegenseitiger Konkurrenz stehen können. Es empfiehlt sich deshalb, in einem Leitbild die Zielsetzungen für die verschiedenen Aspekte des Quartiers festzuschreiben. Die Entwicklung erfordert eine Veränderungsbereitschaft und Offenheit für die Prüfung und Umsetzung von innovativen Lösungen. Es bedarf einer koordinierenden Stelle, die mit dem Fokus arbeitet, Klimaneutralität zu erreichen, und dabei eine Kultur der kooperativen spartenübergreifenden Zusammenarbeit aller Beteiligten sicherstellt. Auf dieser Basis können klimaneutrale Quartiere entwickelt werden, die zukunftsfähig sind und resilient gegenüber den künftigen Herausforderungen, die der fortschreitende Klimawandel mit sich bringt. Die Klimaneutralität dient dem Klimaschutz, bauliche Maßnahmen wie z.B. Gründächer der Klimawandelanpassung. Zukunftsfähigkeit bedeutet dabei auch, dass die Quartiere ansprechende Lösungen für Arbeit, Versorgung, Bildung und Freizeit umfassen, eine hohe Aufenthaltsqualität bieten und soziale Aspekte wie die Bezahlbarkeit berücksichtigen. Das Pfaff-Quartier liefert dazu wertvolle Erfahrungen, wie eine solche Entwicklung umgesetzt werden kann.

Der Autor


Gerhard Stryi-Hipp
leitet am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg die Gruppe Klimaneutrale Städte und Quartiere. Als wissenschaftlicher Leiter koordinierte er die innovativen Elemente im Leuchtturmprojekt EnStadt:Pfaff und trieb die klimaneutrale Ausrichtung des Quartiers voran. Hilfreich waren dabei seine umfangreichen Erfahrungen mit der interdisziplinären Zusammenarbeit der technischen Experteninnen und Experten wie auch von Wissenschaft, Kommune, Wirtschaft und Planenden.

Weitere Informationen zum Projekt:
http://pfaffquartier-klimaneutral.de

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