Sanierung und Erweiterung von Jugendwohnhaus in Köln: Energetisch modernisiert mit Grauwassernutzung

Sanierung und Erweiterung von Jugendwohnhaus in Köln: Energetisch modernisiert mit Grauwassernutzung

Realisierte Objekte

Sanierung und Erweiterung von Jugendwohnhaus in Köln: Energetisch modernisiert mit Grauwassernutzung

Text: Pannhausen + Lindener Architekten GmbH | Foto (Header): © THORSTEN KERN

Im Kölner Stadtteil Ehrenfeld haben Pannhausen + Lindener Architekten ein Wohnheim für junge Erwachsene barrierefrei zugänglich gemacht, erweitert und energetisch saniert. Alle Oberflächen wurden einer Kernsanierung unterzogen und die Außenbereiche neu gestaltet. Dank der vollständigen Erneuerung der Haustechnik kommen nun auch Sonnenenergie und Regenwasser im Haus zum Einsatz. Die CO²-Emissionen der Baumaßnahme konnten – im Vergleich zur Alternative „Abriss und Neubau“ – durch die Sanierung des Bestands um über 50 % reduziert werden.

Auszug aus:

Ehrenfeld im Westen Kölns ist sehr beliebt, besonders bei jungen Leuten. Seit 1950 bietet das „Kolpinghaus“ hier vor allem Auszubildenden eine zentral gelegene, günstige Wohnmöglichkeit. Um das traditionsreiche Haus in der Fröbelstraße auf einen zeitgemäßen Standard zu bringen und das Platzangebot zu optimieren, beauftragte der Bauherr „Kolping Jugendwohnen“ das Kölner Planungsbüro Pannhausen + Lindener Architekten mit der Generalplanung und Objektbetreuung für eine energetische Modernisierung. Von 2020 bis 2021 wurde das Umbauprojekt realisiert, die Baukosten betrugen gut 5 Mio. Euro netto. Aufgrund der Einhaltung des KfW-55-Standards konnten umfangreiche Fördermittel in Anspruch genommen werden.

Als „Wohnheim für Gesellen“ entstand der Massivbau aus Erdgeschoss und drei Obergeschossen in den 1950er-Jahren, das vierte Obergeschoss wurde 1966 ergänzt. Der rechteckige Baukörper (ca. 35 × 13 m) umfasst insgesamt 2.400 m² Bruttogeschossfläche. Um die Gebäudehülle inklusive der Fenster und des flach geneigten Walmdachs auf den erforderlichen energetischen Standard zu bringen, wurden alle Bauteile gedämmt bzw. ausgetauscht. Das neu erstellte Dach ist für die erhöhten Lasten aus Dämmung, Solarthermie- und Photovoltaik-Paneele ausgelegt.

1 | Der Massivbau aus den 1950er-Jahren vor der energetischen Sanierung durch Pannhausen + Lindener Architekten
FOTO: THORSTEN KERN

Fassadensanierung

Im Rahmen der Fassadensanierung erhielt der gesamte Baukörper eine neue Akzentuierung: Die Fensterbänder der ersten drei Obergeschosse wurden mit umlaufenden, strahlend weißen Rahmen versehen, die Putzflächen zwischen den Zimmerfenstern leuchten im Kolping-typischen Orange. Die übrigen, hellgrau gehaltenen Fassadenflächen und die Rahmen der anthrazitfarbenen Fenster und Türen geben dem Gebäude eine freundliche, positive Ausstrahlung. Im Sockelbereich sind an allen vier Fassadenseiten  ankhilfen für eine umlaufende Fassadenbegrünung installiert. Hinter dem Gebäude wurde die dort bisher vorhandene eingeschossige Bebauung abgebrochen, die Baugrube aufgeschüttet. Der Hofbereich konnte so von der Straße sowie vom Erdgeschoss des Hauses aus zugänglich gemacht und neu gestaltet werden. Hier ist nun Platz für Sitzbänke  unter Bäumen und der erforderliche Platz für Fahrradständer und Müllcontainer.

Einsparung der CO²-Emissionen

Welche Vorteile hat die Sanierung und Optimierung des Gebäudebestands im Vergleich zu Abriss und Neubau? Um dies zu untersuchen, erstellten Pannhausen + Lindener Architekten eine Ökobilanzierung mit dem Bilanzierungs-Tool eLCA. Dabei wurden die CO²-Emissionen von Neubau und Sanierung (bezogen auf den Rohbau) gegenübergestellt. Ergebnis: Für einen Neubau wären 5,93 kg/m² NGF*a angefallen (= 100 %). Durch die Sanierung des Bestandsgebäudes fallen hingegen nur 2,20 kg/m² NGF*a (= 45 % der CO²-Emissionen eines vergleichbaren Neubaus) an. Durch den Erhalt der „Grauen Energie“ des 1950er-Jahre-Baus konnten also 55 % der CO²-Emissionen eingespart werden.

2 | Die Putzflächen zwischen den Zimmerfenstern leuchten im Kolping-typischen Orange.
FOTO: THORSTEN KERN

Das Sanierungskonzept umfasste auch den vollständigen Austausch der Haustechnik. Die Gewerke Heizung, Sanitär und Elektro wurden dabei bewusst nachhaltig erneuert. Die Planung hierfür erfolgte von Anfang an in enger Abstimmung mit den Fachplanungsbüros für die Technische Gebäudesausstattung (TGA) und Bauphysik.

Solarthermie-Paneele auf der Süd-Ost-Seite des Daches unterstützen über einen Pufferspeicher die Heizung und die Warmwasserbereitung. Die auf der Süd-West-Dachseite installierte Photovoltaik-Anlage erzeugt Strom, der zu 75 % im Haus verwertet wird. Um Regenwasser zu sammeln, wurden im Hof Zisternen eingebaut. Das so gewonnene Grauwasser wird für die Toilettenspülung verwendet. Für Heizung und Warmwasserversorgung kommen keine fossilen Energieträger wie Gas, Kohle oder Erdöl mehr zum Einsatz, stattdessen versorgen zwei Pelletkessel im Untergeschoss das Gebäude mit Wärme, die über klassische Heizkörper in den Räumen verteilt wird.

3 | Dachaufsicht mit Solarthermie- und Photovoltaik-Paneelen, davor der neu gestaltete Hofbereich
FOTO: THORSTEN KERN

4 | Auf jeder Etage gibt es eine moderne Wohnküche als Treffpunkt und Gemeinschaftsraum.
FOTO: THORSTEN KERN

Planung und Realisierung aus einer Hand

Der Umbau des gesamten Gebäudes wurde von Pannhausen + Lindener Architekten aus einer Hand geplant und realisiert – von den Außenanlagen bis zur Innenarchitektur. Dabei modernisierten die Planer neben den Freizeit- und Gemeinschaftsflächen, Büros sowie dem Eingangsbereich und Treppenhäusern alle Zimmer inklusive der Bäder neu. Die Innenarchitektur ist geprägt durch ein harmonisches Miteinander von neuen Elementen und wertvollem Bestand. So hat man in den Treppenhäusern die ursprünglichen Werksteinbeläge und Handläufe bewusst erhalten. Um eine natürliche Belichtung des Haupttreppenhauses zu ermöglichen, wurde es vom Erdgeschoss bis zum 4. OG zur Hofseite hin verglast.

Durch die Sanierung konnte das Platzangebot des Wohnheims erheblich erweitert werden: Statt der bisher 50 Personen können jetzt 73 Bewohner im Haus wohnen. Die neu eingerichteten Einzel- und Doppelzimmer verfügen nun alle über eigene Bäder. Auf jeder Etage ist eine moderne Wohnküche untergebracht. Dank der Umbaumaßnahmen haben nun auch Menschen mit Behinderung weitestgehend barrierefreien Zugang zum Gebäude: Neben dem zentralen Treppenhaus dient jetzt ein an den Baukörper gestellter Außenaufzug sowie eine Rampe zum Hochparterre der Erschließung. Im ersten Obergeschoss wurden darüber hinaus zwei Einzelzimmer, die dazugehörigen Bäder und die  Gemeinschaftsküche rollstuhlgerecht gemäß DIN 18040 hergestellt.

Projektdetails


Planungsbeginn
02/2019
Fotograf
Thorsten Kern, Köln
Tragwerksplanung
bau|werk Ingenieurbüro, Köln
Prüfstatik
Krebs + Kiefer Ingenieure,
Darmstadt
Inbetriebnahme
07/2021
Architekten und Generalplaner
Pannhausen + Lindener
Architekten, Köln
Vermesser
Dipl.-Ingenieure Walter und
Martin Pilhatsch, Bonn
Betontechnologe
Finette + Schönborn
Ingenieurbüro für Betontechnologie
und Bauwerksuntersuchung, Köln
Fertigstellung
04/2022
Objektüberwachung
Büro Horn, Köln
Pannhausen + Lindener
Architekten, Köln
Brandschutzplanung
BELLCONCEPT, Köln
Beweissicherung
Dipl.-Ing. Horst Bauch, Bergisch
Gladbach
Bruttogeschossfläche (BGF)
2.542 m²
Heizung, Lüftung, Sanitär
energiebüro vom Stein, Köln
Freiraumplanung
Calles De Brabant Landschaftsarchitekten,
Pulheim
Blower-Door-Test
Ingenieurbüro Heinrichs, Köln
Nutzfläche (NF)
1.327 m²
Technische Gebäudeausstattung (TGA)
energiebüro vom Stein, Köln
Lichtplanung
Fischer Lichtgestaltung, Köln
Abdichtungsberatung
Grabow GmbH, Königswinter
Brutto-Rauminhalt (BRI)
7.598 m³
Schall- und Wärmeschutz
energiebüro vom Stein, Köln
Lichtplanung
Fischer Lichtgestaltung, Köln
Bauherr
Kolpingwerk Dienstleistungs
GmbH, Köln
SiGeKo
Burkhard Hugo, Köln
Betreiber
Kolping Jugendwohnen, Köln
Baugrundgutachter, Schadstoffgutachter
GEO Consult, Overath

Der Autor


Pannhausen + Lindener Architekten GmbH
Mit einem ca. 20-köpfige Team aus Architekten, Bauzeichnern und Ingenieuren arbeitet das Kölner Planungsbüro in allen Leistungsphasen der HOAI. Pannhausen + Lindener Architekten ist für Investoren, die öffentliche Hand und institutionelle Bauherren tätig – von der Machbarkeitsstudie bis zum Projektabschluss.

Neben Neubauprojekten plant und realisiert das von Claudia Pannhausen geführte Büro vor allem energetische Sanierungen, Erweiterungs‑, Umbau- und Umnutzungsprojekte im Bestand. Als Generalplaner bietet das Büro darüber hinaus Fachplanung aus einer Hand – Haustechnik, Bauphysik, Tragwerksplanung, Brandschutz. Die Referenzen umfassen Büro- und Geschäftshäuser, Sporthallen und Schulen, Hotel- und Wohnungsbauten.

www.pannhausenlindener.de

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