Realisierte Objekte
Quartiersgestaltung in Dresden: Nachhaltig und grün
Text: Peter Theissing | Foto (Header): © palladium.de / KS-ORIGINAL
Nach drei Jahren Bauzeit hat die EWG Dresden im Stadtteil Gorbitz ein Wohnquartier fertiggestellt, das den Charakter der angrenzenden Plattenbau-Siedlung aufnimmt und architektonisch gekonnt neu interpretiert. Die „Kräuterterrassen“ umfassen 184 Mietwohnungen, die mit unterschiedlichen Wohnkonzepten punkten und Familien, Singles, Paaren und Senioren qualitativ hochwertigen, gleichzeitig aber bezahlbaren Wohn- und Lebensraum bieten.
Auszug aus:
QUARTIER
Ausgabe 2.2021
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Nach der Wende kam für viele Dresdner das Wohnen in Gorbitz mit seinen bis zu elfgeschossigen Beton-Blöcken nicht mehr infrage, und so reduzierte sich die Einwohnerzahl von rund 35.000 auf unter 20.000. Doch inzwischen hat sich städtebaulich im Dresdner Westen viel getan: Zahlreiche Wohnblöcke, darunter auch der Plattenbautyp der Wohnbauserie (WBS) 70, wurden modernisiert oder rückgebaut. Der Stadtteil wächst wieder – und damit der Bedarf an neuem Wohnraum.
Bezahlbarer und zeitgemäßer Wohnraum
Bereits Anfang 2000 hat die EWG einen großen Teil zur Aufwertung des plattenbaugeprägten Stadtteils beigetragen und die herausfordernde, gleichzeitig aber potenzialreiche Lage erkannt: Der erste große Schritt wurde mit der Sanierung und Modernisierung der „Kräutersiedlung“ – einem alten WBS 70-Quartier – getan. Die oberen drei Geschosse wurden abgetragen und die Grundrisse an moderne Nutzungen angepasst. Für die umfangreiche Modernisierung wurde die EWG 2002 mit dem Deutschen Bauherrenpreis ausgezeichnet. Auf einem direkt angrenzenden, brachliegenden Grundstück, auf dem zuvor Plattenbauten standen, erweiterte die Wohnungsbaugenossenschaft die Kräutersiedlung. „Unser Ziel war es, den Charakter der bestehenden Siedlung aufzugreifen, diesen aber architektonisch vollkommen neu zu interpretieren“, berichtet Claudia Floßmann, die als Projektleiterin bei der EWG tätig ist. „Uns war bewusst, dass die Integration des neuen Quartiers in das bestehende Siedlungsgefüge eine Herausforderung werden würde. Zusätzlich galt es, besonders wirtschaftlich zu bauen, ohne Aspekte wie Ökologie und Werthaltigkeit aus dem Blick zu verlieren.“
Neues Quartier mit sozialer Durchmischung
Erweitert wurde die Siedlung in drei Bauabschnitten. Die neuen „Kräuterterrassen“ werden durch 15 großzügige, terrassenförmig am Hang errichtete Mehrfamilienhäuser gebildet. Die genossenschaftlichen Mietwohnungen in Größen von 56 bis zu über 120 m² bieten nun sowohl Familien als auch Senioren und Singles bezahlbaren Wohnraum. Für die Planung der zehn Gartenhäuser, die senkrecht zu den Straßen angeordnet sind, der drei großen Stadthäuser mit 66 Wohnungen und der zwei kleineren Gebäude in Punktform war die IGC Ingenieurgemeinschaft Cossebaude verantwortlich. Die Neubausiedlung überzeugt durch eine klare Raumbildung in der Zuweisung von öffentlich nutzbaren Flächen und Privatheit. „Der Quadratmeterpreis für die Wohnungen liegt unter 10 Euro Kaltmiete“, so Claudia Floßmann. „Damit liegen wir weit unter dem durchschnittlichen Netto-Mietpreis in Dresden.“
Viel Grün für eine lebendige Nachbarschaft
Besonderes Augenmerk lag neben dem Wohnungsmix für die angestrebte soziale Durchmischung auf der Gestaltung der Gemeinschafts- und Freiräume: Während die Wohnungen in den oberen Etagen über Balkone oder Dachterrassen verfügen, können sich die Mieter der Erdgeschosswohnungen in kleinen Mietergärten und auf Terrassen erholen. Innerhalb des Quartiers gibt es gemeinschaftliche Ruhe- und Kommunikationszonen in Form breiter Parkbänder. Kinderspielplätze und ein Outdoor-Fitnessbereich sorgen für willkommene Abwechslung.
Die Gebäude umschließen jeweils paarweise einen kleinen Kräuterhofgarten, in dem ein Kraut – Lavendel, Melisse, Salbei, Minze oder Rosmarin – Hauptbestandteil der Bepflanzung ist. Fassadenelemente und Hofbepflanzung wurden passend zum Konzept farblich aufeinander abgestimmt und geben den Höfen ihre Einzigartigkeit. „Wir konnten hier ein Quartier realisieren, das einladend und großzügig gestaltet ist und in dem sich unsere Mieter sehr wohlfühlen“, sagt Claudia Floßmann. „Es ist uns gelungen, Wohnräume zu schaffen, die Privatheit und Erholung bieten und gleichzeitig Gemeinschaft und Nachbarschaft fördern.“
Ökologisch und hochwertig mit Kalksandstein
Auch ökologische Gesichtspunkte spielten bei der Quartiersentwicklung eine entscheidende Rolle: So wurden beispielsweise die Dächer der Fahrradgaragen begrünt, für das Hauslicht wird Solarenergie genutzt. Und auch bei der Wahl der Baustoffe zur Realisierung der Mietwohnungen setzte die EWG auf Nachhaltigkeit. Damit das groß angelegte Neubauprojekt dabei wirtschaftlich errichtet werden konnte, fiel die Entscheidung auf die massive KS-Bauweise mit großformatigen Planelementen des Bausystems KS-PLUS. „Wir wollten keine Kompromisse in puncto Schall- und Brandschutz oder Wohnkomfort eingehen“, berichtet die Projektverantwortliche.
Gerade der Wohnkomfort ist ein Aspekt, der für die EWG von großer Bedeutung ist. „Durch seine hohe Rohdichte und Steindruckfestigkeit verfügt Kalksandstein über eine hohe Tragfähigkeit und ermöglicht schlanke Wandkonstruktionen. Unsere Wohnungen sollen modern, hell und lichtdurchflutet sein. Mit Kalksandstein haben wir auch bei 24er-Mauerwerksstärken die Möglichkeit, Lastabtragungen für große Fensterelemente zu gewährleisten und größere Spannweiten für Deckenkonstruktionen zu erzeugen“, weiß Floßmann. „Gleichzeitig sorgt seine hohe Wärmespeicherfähigkeit ganzjährig für behagliches Wohlfühlklima: Ausschlaggebend hierfür ist der ausgezeichnete sommerliche und winterliche Wärmeschutz.“
Massive Zeiteinsparungen durch solide KS-Bauweise
Auch eine weitere Herausforderung, die bereits zum Anfang des Bauvorhabens auftrat, konnte mithilfe der KS-Bauweise und durch den wirtschaftlichen Einsatz der großformatigen Kalksandstein-Planelemente gelöst werden: Der erst während des Projektbeginns im Baugrund entdeckte Lehmboden machte die Gründung komplizierter und dadurch langwieriger als geplant. „Aufgrund der Bodenbeschaffenheit haben wir duktile Gusspfähle als Gründungspfähle einsetzen müssen. Diese wurden mit einer hydraulischen Ramme eingestemmt, mit Beton verfüllt und danach mit einer Kopfplatte versehen, die im Beton verankert wurde“, erzählt Floßmann. „Durch die schnelle Verarbeitung der KS-Planelemente für die Innen- und Außenwände, die ‚just in sequence‘ auf die Baustelle geliefert und mithilfe der Verlegepläne einfach und schnell mit den Versetzgeräten erstellt wurden, konnte unser Generalunternehmer die verlorene Zeit problemlos wieder aufholen.“ So wurden die Kräuterterrassen schlussendlich sogar noch vor der geplanten Fertigstellung realisiert.
Der Autor
Peter Theissing
Geschäftsführer der KS-ORIGINAL GmbH
www.ks-original.de