Recht & Steuern
Lichtplanung nach DIN EN 17037 und DIN 5034: Tageslicht in Gebäuden
Text: Arne Hülsmann | Foto (Header): © Steffen Kögler – stock.adobe.com
Die Integration von Tageslicht spielt in der modernen Architektur eine zentrale Rolle. Die DIN 5034 gibt feste Schwellwerte für die Tageslichtversorgung, die Sichtverbindung nach außen, die minimale Fenstergröße und die Besonnung vor. Im Gegensatz dazu bietet die DIN EN 17037 die Möglichkeit, zwischen drei Niveaus zu wählen und Parameter wie die Tageslichtversorgung statisch oder dynamisch über Wetterdaten zu simulieren.
Auszug aus:
QUARTIER
Ausgabe 4.2024
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Die Bewertung der Tageslichtqualität erfolgt anhand verschiedener Kriterien, darunter die Menge des verfügbaren Tageslichts, die Verteilung des Lichts im Raum und die Vermeidung von Blendung. Ein zentrales Ziel der Tageslichtplanung ist es, eine gleichmäßige Lichtverteilung zu gewährleisten, um Schatten und Blendung zu minimieren. Dies kann z. B. durch den Einsatz von Oberlichtern, Lichtschächten und reflektierenden Oberflächen erreicht werden.
Die DIN EN 17037 bietet die Möglichkeit, die Tageslichtversorgung eines Gebäudes auf drei unterschiedlichen Niveaus zu bewerten: gering, mittel und hoch. Diese Niveaus beziehen sich auf den Tageslichtquotienten, der das Verhältnis der Innenbeleuchtungsstärke zur Außenbeleuchtungsstärke beschreibt. Die Möglichkeit, zwischen verschiedenen Niveaus zu wählen, gibt Planern die Flexibilität, die Tageslichtplanung an die spezifischen Bedürfnisse und Bedingungen des jeweiligen Projekts anzupassen. Die DIN EN 17037 bezieht sich hauptsächlich auf Wohngebäude, während der Bezug zu Arbeitswelten auf Normen wie DIN EN 12464 verlagert wird. Obwohl die Norm auf Quantitäten in der Tageslichtplanung fokussiert, ermöglicht sie die Schaffung von qualitativ hochwertigem Tageslicht, das jedoch stark von der präzisen Umsetzung abhängt. Diese Flexibilität eröffnet neue Möglichkeiten, stellt jedoch auch erhöhte Anforderungen an die Komplexität der Simulationsverfahren. Planer müssen den Erkenntnisgewinn für die Planung und die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens sorgfältig abwägen.
Ein weiteres Kriterium für die Bewertung der Tageslichtqualität ist die Farbtemperatur des Lichts. Natürliches Licht variiert in seiner Farbtemperatur je nach Tageszeit und Wetterbedingungen. Die richtige Farbtemperatur kann die Wahrnehmung des Raums und das Wohlbefinden der Nutzer erheblich beeinflussen. Ein gut durchdachtes Tageslichtkonzept berücksichtigt diese Variationen und passt die künstliche Beleuchtung entsprechend an.
Empfehlungen für die Tageslichtversorgung
Die DIN 5034 hat bis 2019 einen Tageslichtquotienten von 2 % in der Raummitte als Grundversorgung gefordert und einen mittleren Tageslichtquotienten von ≥ 0,9 % in halber Raumtiefe 1 m von der Wand entfernt als Mindestanforderung für die psychische Gesundheit empfohlen. Die DIN EN 17037 bietet hingegen komplexere Analysen und berücksichtigt Wetterdaten, um zu berechnen, welcher Tageslichtquotient erforderlich ist, um eine bestimmte Innenbeleuchtungsstärke (z. B. 300 lx) zu 50 % der Betriebszeit des Gebäudes zu erreichen. Diese Werte müssen für 50 % der zu bewertenden Fläche erreicht werden, was die Planung zusätzlich erschwert. Ein weiterer wichtiger Aspekt der Tageslichtversorgung ist die Berücksichtigung der geografischen Lage des Gebäudes.
In nördlichen Breitengraden, wo die Tageslichtverfügbarkeit im Winter begrenzt ist, müssen Planer besonders sorgfältig vorgehen, um sicherzustellen, dass ausreichend Licht in die Innenräume gelangt. Dies kann durch größere Fensterflächen, höhere Oberlichter und den Einsatz von Lichtleitern erreicht werden.
Zusätzlich zur Tageslichtversorgung sollten Planer auch die Belüftung berücksichtigen. Natürliches Licht und frische Luft gehen Hand in Hand, um ein gesundes und angenehmes Raumklima zu schaffen. Durch die Kombination von Oberlichtern und belüfteten Fenstern können Architekten sicherstellen, dass Räume nicht nur gut beleuchtet, sondern auch gut belüftet sind.
Die DIN EN 17037 legt besonderen Wert auf die direkte Besonnung, insbesondere für Wohngebäude. Der Nachweispunkt der Besonnung wurde von der Fenstermitte auf der Außenseite der Fassade auf die Innenseite der Außenwand verlegt, wodurch der Sonnenstrahl den Innenraum tatsächlich erreichen muss, um als ausreichend bewertet zu werden. Auch bei der Bewertung der Besonnung und Blendung bietet die Norm drei gestufte Niveaus. Die Blendung wird insbesondere für Arbeitsbereiche, wie ortsfeste Schreibtischtätigkeiten, berücksichtigt.
Blendung kann aber nicht nur unangenehm sein, sondern auch die Produktivität und das Wohlbefinden der Nutzer beeinträchtigen. Eine effektive Blendungsbewertung und -kontrolle ist entscheidend, um sicherzustellen, dass die Nutzenden von Gebäuden nicht durch direktes oder reflektiertes Sonnenlicht gestört werden. Dies kann durch den Einsatz von Jalousien, Vorhängen und speziellen Blendungsschutzvorrichtungen erreicht werden.
Die direkte Besonnung spielt auch eine wichtige Rolle bei der Erwärmung von Gebäuden. In den kälteren Monaten kann die Sonnenstrahlung zur Erwärmung der Innenräume beitragen, wodurch der Bedarf an zusätzlicher Heizung reduziert wird. In den wärmeren Monaten hingegen müssen
Strategien zur Vermeidung von Überhitzung, wie Sonnenschutzvorrichtungen und spezielle Verglasungen, in Betracht gezogen werden.
Ein bemerkenswertes Beispiel für die Umsetzung der Normen ist die neue Schaltwarte für die Energieversorgung in Deutschland, geplant von Kaspar Kraemer Architekten. Der Schaltraum wird zu einem Großteil der Betriebszeit über Tageslicht versorgt, was den Bedarf an künstlicher Beleuchtung erheblich reduziert und eine angenehme Arbeitsumgebung schafft.
Gemeinsam mit den zuständigen Architekten wurden drei von Grund auf verschiedene Tageslichtlösungen entwickelt und nach umfangreicher Berechnung und Analyse dem Bauherrn unter dem Kunstlichthimmel als Wahrnehmungsmodell präsentiert. Danach folgte die Auswahl der Oberlichtlösung, die Ausarbeitung der zugehörigen Details und die Entwicklung der dazu passenden Kunstlichtlösung, die das Tageslichtkonzept sowohl funktional-technisch als auch wahrnehmungsbezogen optimal ergänzt.
Da die Schalträume rund um die Uhr besetzt sind, war es entscheidend, dass das verfügbare Licht im Raum stark genug ist und den melanopsischen Rhythmus der Mitarbeiter unterstützt. Dafür sollte ein (Tageslicht-)Schwellenwert von etwa 1.000 Lux erreicht werden, der auch von November bis März für mindestens ein bis zwei Stunden am Tag gegeben sein musste.
Dies wurde durch zylindrische Tageslichtöffnungen, sog. „Tubes“, erreicht, die das Licht von oben durch die Decke ins Innere des Gebäudes leiten. Diffuse Oberflächen auf der Innenseite der Tubes und Schirme auf dem Dach verhindern direkte Sonneneinstrahlung und Blendeffekte. Mechanische Lösungen zum Sonnen- und Blendschutz oder zur Regulierung der Lichtmenge waren vom Auftraggeber nicht gewünscht. Oberlichter mit elektrochromen Gläsern ermöglichen eine zusätzliche Regulierung des Tageslichteintrags. In den Abend- und Nachtstunden sorgen stark abgeschirmte Downlights mit wechselnder weißer Lichtfarbe für die notwendige Beleuchtungsstärke und Lichtstimmung.
Dieses Projekt zeigt eindrucksvoll, wie eine sorgfältige Planung und die Integration moderner Lichttechnologien zu einer verbesserten Arbeitsatmosphäre beitragen können. Durch die Kombination von Tageslicht und künstlicher Beleuchtung kann eine Umgebung geschaffen werden, die sowohl funktional als auch ästhetisch ansprechend ist. Die richtige Lichtplanung trägt nicht nur zur Energieeffizienz bei, sondern auch zur Gesundheit und Produktivität der Mitarbeiter.
Oberlichter und die richtige Planung von Tageslicht sind integrale Bestandteile moderner und nachhaltiger Architektur. Die DIN EN 17037 und DIN 5034 bieten detaillierte Richtlinien zur Optimierung der Tageslichtqualität in Gebäuden. Durch die Berücksichtigung von Besonnung und Blendung können Architekten energieeffiziente, ästhetisch ansprechende und gesundheitsfördernde Räume schaffen.
Ein weiteres wichtiges Element der Tageslichtplanung ist die Integration von adaptiven Technologien. Moderne Oberlichtsysteme können mit sensorgesteuerten Jalousien und elektrochromen Gläsern ausgestattet werden, die sich automatisch an die Lichtverhältnisse anpassen. Diese Technologien bieten nicht nur Komfort, sondern auch erhebliche Energieeinsparungen. Die Integration von Tageslicht in die Gebäudestruktur sollte auch die Materialauswahl und Innenarchitektur berücksichtigen. Helle Farben und reflektierende Materialien können das natürliche Licht verstärken und gleichmäßig im Raum verteilen. Dies trägt dazu bei, eine helle und angenehme Umgebung zu schaffen. Die Planung und Implementierung von Tageslichtsystemen können mit verschiedenen Herausforderungen verbunden sein. Eine häufige Herausforderung ist die Balance zwischen ausreichender Beleuchtung und der Vermeidung von Blendung. Diese kann durch direkte Sonneneinstrahlung oder reflektierende Oberflächen verursacht werden und muss sorgfältig kontrolliert werden. Flexible Blendschutzlösungen wie verstellbare Jalousien oder Lamellen können hierbei sehr effektiv sein. Ein weiteres häufiges Problem ist die ungleichmäßige Verteilung des Lichts, besonders in großen oder tiefen Räumen. Lichtlenkungssysteme wie Lichtschächte oder Lichtleitrohre können helfen, das Tageslicht tiefer in das Gebäude zu bringen und eine gleichmäßige Verteilung zu gewährleisten. Diese Systeme nutzen reflektierende Oberflächen, um das Licht zu leiten und optimal im Raum zu verteilen.
Ein umfassender Tageslichtplanungsprozess beginnt mit einer gründlichen Analyse der spezifischen Anforderungen und Bedingungen des Projekts. Die erste Phase der Planung umfasst eine genaue Untersuchung der geografischen Lage, des Klimas und der Umgebung des Gebäudes. Diese Informationen sind entscheidend, um die besten Strategien zur Maximierung des natürlichen Lichts zu entwickeln.
Die Expertise von Lichtplanern ermöglicht es, innovative und maßgeschneiderte Lösungen zu entwickeln, die sowohl den technischen als auch den ästhetischen Ansprüchen gerecht werden. Ohne die präzise Planung und Simulation könnten viele der positiven Effekte von Tageslicht in Innenräumen nicht optimal genutzt werden. Experten auf diesem Gebiet sind auf dem Laufenden über neue Entwicklungen im Bereich der Lichtplanung und setzen innovative Lösungen ein, die allen Projekten zugutekommen können. Eine kontinuierliche Weiterbildung und der Austausch mit anderen Fachleuten sind ebenfalls wichtige Faktoren, um die besten Ergebnisse zu erzielen.
Die Zukunft der Tageslichtplanung sieht vielversprechend aus, da neue Technologien und innovative Ansätze entwickelt werden, um die Nutzung von natürlichem Licht in Gebäuden zu optimieren. Es gibt spannende Entwicklungen im Bereich der adaptiven Lichtsysteme und der Nutzung von smarten Materialien, die die Tageslichtnutzung revolutionieren könnten.
Eines der vielversprechendsten Felder ist die Integration von Tageslicht in Gebäudeautomationssysteme. Durch die Kombination von Tageslichtsystemen mit intelligenten Steuerungen und Sensoren können wir eine dynamische und anpassungsfähige Beleuchtung schaffen, die sich an die Bedürfnisse der Nutzenden und die sich ändernden Außenbedingungen anpasst. Dies verbessert nicht nur den Komfort und die Energieeffizienz, sondern auch die Nachhaltigkeit des Gebäudes.
Eine frühzeitige Einbeziehung der Lichtplanung in den Entwurfsprozess ist entscheidend. Durch die Zusammenarbeit mit Lichtplanungsbüros von Anfang an können Architekten sicherstellen, dass Tageslichtsysteme optimal in die Gebäudestruktur integriert werden. Dies bietet zahlreiche Vorteile, von der Verbesserung der Energieeffizienz bis hin zur Förderung des Wohlbefindens der Nutzenden. Durch eine sorgfältige Planung und die Nutzung moderner Technologien können Architekten und Planer Gebäude schaffen, die nicht nur funktional und ästhetisch ansprechend sind, sondern auch nachhaltig und gesund. Tageslicht ist ein wertvolles Gut und es liegt in unserer Verantwortung es optimal zu nutzen.
Der Autor
Arne Hülsmann
Arne Hülsmann ist beratender Ingenieur für Lichtplanung, m.a. (arch) HIK, und Partner bei Andres + Partner. Seit 2016 ist er im FNL 6 des DIN für die DIN 5034 als stellvertretender Obmann tätig.
www.andres-lichtplanung.de