Barrierefreie Zugänge: Türen in Wohngebäuden

Barrierefreie Zugänge: Türen in Wohngebäuden

Energie, Technik & Baustoffe

Barrierefreie Zugänge: Türen in Wohngebäuden

Text: Uwe Gutjahr | Foto (Header): © AH_FOTOBOX – stock.adobe.com

Barrierefreie Wohnungen müssen für alle Menschen erreichbar sein. Dies ist vor allem im Geschosswohnungsbau eine anspruchsvolle Aufgabe – insbesondere im Bereich von Türkonstruktionen. Es kann in der Regel nur mit zusätzlicher technischer Ausstattung erreicht werden.

Auszug aus:

Im Übergang zwischen innerer und äußerer Erschließung liegen die Gebäudeeingänge, die grundsätzlich barrierefrei gestaltet werden müssen. Sie unterliegen noch weiteren technischen Anforderungen, die mit den Ansprüchen des Barrierefreien Bauens gestalterisch und technisch in Einklang zu bringen sind (siehe Tabelle unten). In der Regel muss an dieser Stelle, neben dem Einbruchschutz und dem Schallschutz, auch der Feuchteschutz mit der gesamten Türkonstruktion erfüllt werden. Bei unmittelbar anschließenden Aufenthaltsbereichen ist Klimakomfort, wie z. B. die Vermeidung von Zugerscheinungen, das Planungsziel. Im unmittelbaren Anschluss an die Gebäudeeingänge schließen sich im Geschosswohnungsbau die vertikalen Erschließungskerne mit den Fluchttreppenhäusern an. Als erster Rettungsweg unterliegen diese den Anforderungen des Brandschutzes. Neben den Treppenkonstruktionen, die in Abhängigkeit von den Gebäudeklassen mit feuerfesten Materialien und Konstruktion ausgeführt werden müssen, bieten die Treppenräume einen temporären Schutzraum für die flüchtenden Bewohner. Angrenzende Räume werden brandschutztechnisch bewertet. Die Wohnungszugangstüren müssen für eine Mindestdauer einen Übertritt von Rauch und Feuer in den Treppenraum verhindern. Die abgeschlossene Wohnung wird mit einem Schallschutz gegen benachbarte Wohnungen und den Treppenraum geschützt. Diese Anforderungen bedingen neben einer vollwandigen und schweren Ausführung des Türblatts auch deren dauerhafte, mit den Dichtungsprofilen der Zarge gemeinsam dicht schließenden Funktion. Schleusentüren zu Tiefgaragen und Nebenräumen wie Müll- und Abstellräume grenzen an die Rettungswege und Treppenräume an und müssen in Abhängigkeit von deren Brandlast mindestens feuerhemmend ausgeführt werden. Diese Forderung bedingt die Ausstattung mit einem Türschließer. Barrierefreie Anforderungen erfordern für diese Türen eine zeitweise Aufhebung dieser Funktionen für die Dauer der Türöffnung.

Schutzziele für barrierefreie Türkonstruktionen

Barrierefreie Wohnungen müssen leicht auffindbar und sicher zu passieren sein. Untere Türanschläge sind nicht zulässig. Niveaugleiche Übergänge im Innenbereich sind ohne Kompromisse und ohne Höhenversprung auszuführen. Für technisch bedingte Höhenversätze sind maximal 2 cm zugelassen. Die Bauindustrie liefert bereits baurechtlich zugelassene Konstruktionen, für die keine Schwellen erforderlich sind.

Der barrierefreie Türdrücker FSB 1119 besitzt einen tropfenförmigen Querschnitt, der mit leichtem Schwung zum Türblatt zurückgeführt wird.
Foto: Franz Schneider Brakel GmbH + CO. KG

Der Türdrücker FSB 1155 in V-Form kann durch die ergonomisch gestaltete Winkelform auch mit dem Ellbogen betätigt werden.
Foto: Franz Schneider Brakel GmbH + CO. KG

Anforderungen an barrierefreie Türkonstruktionen

Die DIN 18040 nennt als Richtwert zum Öffnen von Schiebe- und Drehflügeltüren einen Wert von 25 N. Falls dieser Wert überschritten wird, müssen kraftunterstützende Türen nach DIN 18650-1 und 18650-2 eingesetzt werden. Türöffnungsfunktionen müssen eine leichte Bedienbarkeit aufweisen. Wenn die Bedienkräfte von Türschließern die Klasse 3 überschreiten, müssen verfügbare Systemlösungen für kraftunterstützende Türsysteme berücksichtigt werden.

Haptik von Drückergarnituren

Türdrücker sollen griffgünstig ausgeführt werden, wie z. B. bogen- oder u-förmige Griffe oder senkrechte Griffe bei manuellen Schiebetüren. Ungeeignet sind Drehgriffe, wie z. B. Knäufe, oder eingelassene Griffe.

Diesen barrierefreien Beschlag zeichnet aus, dass der Türdrücker von Rollstuhlfahrern leichter erreicht werden kann. Hinzu kommt, dass der Schlüssel leichter eingefädelt werden kann, weil der Zylinder – einfacher zugänglich und besser sichtbar – oberhalb des Türdrückers sitzt.
Foto: Franz Schneider Brakel GmbH + CO. KG

Orientierungshilfen an Türen

Die uneingeschränkte Nutzbarkeit von Türen bedingt eine eindeutige Erkennbarkeit auch für Menschen mit Seheinschränkungen oder für blinde Menschen. Taktile Hinweise können durch eine profilierte Gestaltung von Türblatt, Zarge oder Türdrücker gestaltet werden. Kontrastreiche Gestaltungen von Türzargen gegenüber einer Wandfläche oder dem Türblatt sind preisgünstige Lösungen für eine eindeutige Auffindbarkeit der Türen.

Die Tür sollte im Gesamtkontext zum Bauwerk eindeutig auffindbar sein. An Eingangstüren kann dies durch kontrastierende Bodenbeläge, z. B. mit Sauberlaufzonen (innen) und Fassadenroste (außen) gewährleistet werden. Materialwechsel könnten so als taktile und bodengleiche Schwellen diese Funktion übernehmen. Glastüren sind besondere Gefahrenstellen für die Barrierefreiheit, daher werden hier Sicherheitsmarkierungen über die gesamte Tür bzw. Glasbreite gefordert.

Türfunktionen für Wohngebäude nach DIN 18040-2/DIN 18040-2R


Bereich Schallschutz Wärmeschutz Wetterschutz Brandschutz Türschließer Öffnungshilfe¹ Barrierefreiheit
Hauseingang x x x x x
Wohnungszugang x x x x x x
Sicherheitsschleusen zu Tiefgarage x x x x
Müllräume x x x x
Fahrradräume x x x x
Flure zu Abstellräumen x x x x

¹ Bedienkräfte max. Klasse 3 nach DIN EN 12217
² Bei Laubengang-Erschließung
³ Bei Doppelfunktion mit Rollstuhlübergaberaum

Geometrische Anforderungen an Türen nach DIN 18040-2; gültig für Gebäudezugangstüren und Wohnungseingangstüren


Komponente Geometrie Maße in cm
Alle Türen
Durchgang Lichte Breite ≥ 90
Lichte Höhe OFF ≥ 205
Laibung Tiefe 26
Drücker Griff Abstand zu Bau- und Ausstattungselementen ≥ 50
Zugeordnete Beschilderung Höhe über OFF 120 – 140
Manuell bedienbare Türen
Drücker Höhe Drehachse 85 (≤ 105)
Griff waagrecht Höhe Achse über OFF 85 (≤ 105)
Griff senkrecht Greifhöhe 85 (≤ 105)
Automatische Türsysteme¹
Taster Höhe (Tastermitte) 85
Taster Drehflügeltür/Schiebetür bei seitlicher Anfahrt Abstand zu Hauptschließkanten ≥ 50
Taster Drehflügeltüren bei frontaler Anfahrt Abstand zur Öffnungsrichtung ≥ 250
Abstand zur Schließrichtung ≥ 150
Taster Schiebetür bei frontaler Anfahrt Abstand beidseitig ≥ 150
Ist in Wohnungszugangstüren ein Spion vorgesehen, muss dieser auch für sitzende Personen nutzbar sein, z. B. durch Anordnung in einer Höhe von 120 cm über OFF.

¹ In begründeten Einzelfällen sind Maße zwischen 85 und 105 cm vertretbar.

Der Autor


Dipl.-Ing. (FH) Uwe Gutjahr
Architekt Uwe Gutjahr führt in München ein Büro, das sich seit 1999 schwerpunktmäßig mit Bauten des Gesundheitswesens, Sanierungen von Wohngebäuden und Anpassungen im Bestand beschäftigt. Beratungen und Gutachten zum barrierefreien Bauen ergänzen das Profil. Darüber hinaus arbeitet er als freier Berater in der Beratungsstelle Barrierefreies Bauen der Bayerischen Architektenkammer.

www.gutjahr-architekten.de

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