Webbasierte Berechnung von Bestandsinvestitionen in Mietwohngebäuden: RentalCal 2.0

Webbasierte Berechnung von Bestandsinvestitionen in Mietwohngebäuden: RentalCal 2.0

Kosten & Finanzierung

Webbasierte Berechnung von Bestandsinvestitionen in Mietwohngebäuden: RentalCal 2.0

Text: Dr. Andreas Enseling | Foto (Header): © K8/UNSPLASH (HTTPS://UNSPLASH.COM/PHOTOS/OVVFMRM4JA4)

Die meisten Mietwohnungen in Deutschland finden sich in Mehrfamilienhäuser, und ein Großteil davon muss zur Umsetzung der Energiewende in den nächsten Jahren energetisch modernisiert werden. Hier setzt das Forschungsprojekt RentalCal 2.0 an, das mit seinem Online-Tool Rentabilitätsberechnungen für energetische Sanierungen durchführen kann.

Auszug aus:

Der gesamte deutsche Wohnungsbestand besteht aus ca. 40,5 Mio. Wohneinheiten, von welchen wiederum 55 % oder ungefähr 22 Mio. Mietwohnungen sind. Mehr als zwei Drittel der Mietwohnungen oder 14,5 Mio. Einheiten werden von privaten Eigentümerinnen und Eigentümern gehalten. Abbildung 1 verdeutlicht die besondere Bedeutung des Mietwohnungsmarktes sowie die wichtige Rolle von Mehrfamilienhäusern (MFH). Die überwiegende Mehrzahl der Mietwohnungen (79 %) befindet sich in kleinen und großen Mehrfamilienhäusern. In den Baualtersklassen D, E, F und G (Baujahre 1949 bis 1983) finden sich 53 % aller Mietwohnungen in Deutschland. Hier sind neben den Vorkriegsbauten (25 % aller Mietwohnungen) auch die größten Verbesserungspotenziale hinsichtlich der Energieeffizienz zu erwarten.

Aufgrund seiner Bedeutung für die Wohnungsversorgung sollte der Mietwohnungsmarkt auch hinsichtlich der energetischen Modernisierung eine zentrale Rolle in der nationalen Energieeffizienzpolitik spielen. Investitionshemmnisse und Marktbarrieren wie z. B. die mangelnde Transparenz über die Wirtschaftlichkeit der Maßnahmen wirken sich hier besonders negativ aus.

Zur Umsetzung der im Klimaschutzplan der Bundesregierung für 2050 genannten Ziele und insbesondere zur Einhaltung des für den Gebäudebestand für 2030 vorgesehenen Budgets an Treibhausgasemissionen bedarf es weiterer Anstrengungen zur Verringerung des Energieaufwands für das Betreiben von Gebäuden sowie zur Steigerung des Anteils an erneuerbarer Energie. Zur Einhaltung der Klimaschutzziele muss auch in vermieteten Beständen die energetische Modernisierungsrate erhöht und die Qualität der Maßnahmen gesteigert werden.

Institutionelle und private Eigentümer sehen sich dabei erheblichen Zielkonflikten gegenüber. Einerseits wird von ihnen erwartet, einen signifikanten Beitrag zur Nachhaltigkeit, zur Ressourcenschonung und zum Klimaschutz zu leisten, andererseits soll das klimagerechte und zukunftsfähige Bauen und Wohnen auch für die Mieter bezahlbar bleiben.

Im Mietwohnungsbestand sind es jedoch oftmals komplexe Problemlagen aus rechtlichen Regelungen, mangelnden Kenntnissen über die möglichen Vorteile einer energetischen Modernisierung (u. a. Rentabilität, Senkung der Betriebskosten, Komfortgewinne) und Finanzierungsproblemen, die mögliche Marktanreize für energetische Modernisierungen reduzieren.

Projekt „RentalCal“ und das RentalCal-Online-Tool

Das Projekt „RentalCal“ (Laufzeit 2015 bis 2018) [1] war ein Gemeinschaftsprojekt von elf Partnerorganisationen aus acht europäischen Ländern.

Auf Grundlage der länderübergreifenden Analysen wurde in „RentalCal“ ein Online-Tool zur Rentabilitätsberechnung entwickelt, das Investoren – vom Privatvermieter über institutionelle Anbieter bis hin zu genossenschaftlichen Vermietern – bei der Investitionsentscheidung unterstützt. Es kann auch für die Energieberatung genutzt werden. Das RentalCal-Online-Tool versucht, mehr Transparenz bei Entscheidungen über energetische Modernisierungen zu schaffen. Dazu werden sowohl Informationen zur Wirtschaftlichkeit der energetischen Modernisierung aus Sicht von Vermietern als auch Informationen aus Sicht der Mieter und Informationen zur Energie- und CO2-Einsparung bereitgestellt.

Im frei verfügbaren RentalCal-Online-Tool können externe Daten aus Kostenschätzungen und Energiekonzepten in das Tool eingetragen und im Rechenkern für Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen (dem sog. „Vollständigen Finanzplan“) weiterverarbeitet werden.

Im Unterschied zu vielen sonstigen Wirtschaftlichkeitsrechnern sind die Finanzierungskonditionen für die Maßnahmen im Tool frei wählbar. Es kann u. a. berücksichtigt werden, dass die Energieeffizienzmaßnahmen zusammen mit ohnehin geplanten Instandhaltungsarbeiten kombiniert werden. Ebenso werden in jeder Periode Zins- und Tilgungszahlungen für die Finanzierung der Energieeffizienzmaßnahmen sowie durch diese verursachte Änderungen der Wartungs- und Instandhaltungskosten berücksichtigt. Gleichzeitig wird eine erwartete Steigerung der Einnahmen einberechnet, z. B. durch Mieterhöhungen, reduzierte Leerstände oder Fördermittel.

1 | Gebäudetypologie Deutschland (nur vermieteter Bestand)
(QUELLE: ENSELING, ANDREAS; CALISTI, JENS, 2022: RENTALCAL-TOOL 2.0: WEITERENTWICKLUNG EINES WEBBASIERTEN BERECHNUNGSMODELLS FÜR BESTANDS-INVESTITIONEN IN MIETWOHNGEBÄUDEN. BBSR-ONLINE-PUBLIKATION 30/2022, BONN.)

Ziele des Projekts „RentalCal 2.0“

Ziel des aktuellen Forschungsvorhabens „RentalCal 2.0“ war es, das RentalCal-Online-Tool bei der allgemeinen Dateneingabe und bei der Ergebnisdarstellung weiterzuentwickeln. Mit der Überarbeitung ist eine neue Version des Tools entstanden, bei der erstmalig Vorgabewerte auf der Basis einer Gebäudetypologie für den Energieverbrauch des Gebäudes im Ausgangszustand abrufbar sind. Das Projekt „RentalCal 2.0“ wurde von 4/2021 bis 9/2022 vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Auftrag des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) aus Mitteln des Innovationsprogramms „Zukunft Bau“ gefördert. [2]

Das überarbeitete Tool fragt im Formular „Objektbeschreibung“ zunächst nach dem Objekttyp (Einfamilienhaus, Reihenhaus, kleines Mehrfamilienhaus, großes Mehrfamilienhaus) und nach der Baualtersklasse des Gebäudes (z. B. 1969-1978) (Abb. 2). Wenn die gewählte Kombination aus Gebäudetyp und Baualtersklasse in der Datenbank des Tools enthalten ist, werden ein Beispielfoto und ausgewählte Gebäudedaten auf dem Bildschirm angezeigt. Die vermietbare Wohnfläche des Beispielgebäudes wird als Standardwert verwendet. Sie kann überschrieben werden, um sie an ein bestimmtes Gebäude und die individuellen Gegebenheiten anzupassen. Darüber hinaus fragt das Tool nach dem Wärmeversorgungssystem (Heizungssystem) des Gebäudes. Für jeden Gebäudetyp bietet das Tool eine Reihe von beispielhaften Wärmeversorgungssystemen an.

Im Anschluss an die Darstellung des Energieverbrauchs vor der Modernisierung und der resultierenden Energiekosten kann zwischen zwei Modernisierungspaketen („Standard“ und „Zukunftsorientiert“) gewählt werden. Für das gewählte Paket werden überschreibbare Vorgabewerte für die investiven Kosten (für Gebäudehülle, Haustechnik, Planung) und den zu erwartenden Energieverbrauch nach Modernisierung eingespielt. Nutzer, die nicht über Kostenschätzungen und Energiekonzepte für ihr Gebäude verfügen, können sich dadurch einen ersten Eindruck über Kosten und Einsparpotenziale verschaffen. Darüber hinaus werden in drei Submodulen detaillierte Dateneingaben für Energiepreise (Grund- und Arbeitspreise), Umrechnungsfaktoren (für CO2 und Primärenergie) und Wertsteigerungen (bei einem etwaigen Verkauf am Ende des Betrachtungszeitraums) ermöglicht, um die individuellen Rahmenbedingungen der Nutzer besser zu erfassen. Im Ausgabebereich des Tools werden zusätzlich Sensitivitätsanalysen für Änderungen der wesentlichen Eingabeparameter zur Verfügung gestellt. So können z. B. Auswirkungen von Kostensteigerungen auf die Rentabilität der energetischen Modernisierung dargestellt werden.

Alle Erweiterungen wurden im sog. unterstützten Eingabemodus („Assisted Mode“) in das Tool integriert. Unter www.rentalcal.eu steht sowohl die neue Version des Tools (als „Assisted Mode“, aktuell nur für Deutschland verfügbar) als auch die alte Version des Tools (als „Freehand-Mode“) zur Verfügung. In beiden Versionen kann jeweils zwischen einer deutschen und englischen Sprachversion gewählt werden.

In Abbildung 3 wird der Aufbau des erweiteren Tools dargestellt. Von den vorgenommenen Erweiterungen in RentalCal 2.0 sind sowohl der Informationsbereich als auch der Eingabebereich (Input) und der Ergebnisbereich (Output) des Tools betroffen. Darüber hinaus verdeutlicht die Abbildung die Unterschiede zwischen dem unterstützten Modus und dem Freihand-Modus.

2 | Formular „Objektbeschreibung“ im RentalCal-Tool (RentalCal 2.0)
(QUELLE: ENSELING, ANDREAS; CALISTI, JENS, 2022: RENTALCAL-TOOL 2.0: WEITERENTWICKLUNG EINES WEBBASIERTEN BERECHNUNGSMODELLS FÜR BESTANDS-INVESTITIONEN IN MIETWOHNGEBÄUDEN. BBSR-ONLINE-PUBLIKATION 30/2022, BONN.)

3 | Aufbau des RentalCal-Tools 2.0
(QUELLE: ENSELING, ANDREAS; CALISTI, JENS, 2022: RENTALCAL-TOOL 2.0: WEITERENTWICKLUNG EINES WEBBASIERTEN BERECHNUNGSMODELLS FÜR BESTANDS-INVESTITIONEN IN MIETWOHNGEBÄUDEN. BBSR-ONLINE-PUBLIKATION 30/2022, BONN.)

Zusammenfassung

Durch die dargestellten Erweiterungen im Projekt „RentalCal 2.0“ wird das webbasierte RentalCal-Tool für deutlich mehr Anwenderkreise nutzbar und die Ergebnisanalyse transparenter. Insbesondere Akteure aus dem Bereich der privaten Vermietung können von der Bereitstellung von Vorgabewerten für Energieeinsparung und Kosten profitieren und das Tool dadurch besser nutzen.

Gleichzeitig zeigen sich auch nach der Erweiterung noch Anwendungsgrenzen des Tools, da aus Gründen der Komplexitätsreduktion eine Beschränkung hinsichtlich der auswählbaren Gebäudetypen, Wärmeversorgungssysteme und Maßnahmenpakete erfolgen musste.

Aktuelle Veränderungen in den politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen wie z. B die Aufteilung der CO2-Bepreisung zwischen den Akteuren der Vermietung oder der zukünftig zu erwartende verstärkte Einbau von Wärmepumpen im Bestand eröffnen für das Tool vielfältige Weiterentwicklungspotenziale. Entsprechende Anpassungen sollen in möglichen Folgeprojekten in das Tool integriert werden.

Quellen/Verweise


[1] European Rental Housing Framework for the Profitability Calculation of Energetic Retrofitting Investments. Ein Projekt aus dem Programm Horizon 2020, gefördert von EASME im Zeitraum 3/2015-2/2018

[2] Weitere Informationen zum Projekt finden sich unter www.zukunftbau.de/projekte/forschungsfoerderung/1008187-2030

Der Autor


Dr. Andreas Enseling
Dr. Andreas Enseling, Jahrgang 1966, studierte Volkswirtschaftslehre an der der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg mit den Schwerpunkten Umweltökonomie und Wirtschaftsgeschichte. Anschließend war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre I am Alfred Weber-Institut der Universität Heidelberg. Seit Oktober 2000 ist Andreas Enseling wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut Wohnen und Umwelt in Darmstadt. Sein Arbeitsschwerpunkt sind Wirtschaftlichkeitsberechnungen für Energiesparmaßnahmen im Gebäudebereich.

www.iwu.de

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