Planung von Radverkehrsnebenanlagen: Fahrradparken

Planung von Radverkehrsnebenanlagen: Fahrradparken

Städtebau & Quartiersentwicklung

Planung von Radverkehrsnebenanlagen: Fahrradparken

Text: Uwe Petry | Foto (Header): © STANISLAV SAMOYLIK – stock.adobe.com

Das Parken von Fahrrädern ist ein wichtiger Faktor zur signifikanten Steigerung des Radverkehrsanteils am Modal Split und muss deshalb fachgerecht geplant und organisatorisch in vielen Bereichen der Infrastrukturgestaltung berücksichtigt werden. Erst wenn Gewissheit besteht, dass an allen Start- und Zielpunkten ausreichend viele und diebstahlsichere Fahrradabstellanlagen vorhanden sind, entscheiden sich Menschen für das Fahrrad als Verkehrsmittel im Alltag und in der Freizeit.

Auszug aus:

Hochwertige Fahrradabstellanlagen können mit ihrem – im Vergleich zum Kfz-Parken geringeren – Flächenverbrauch besonders in Ballungsräumen zu einer erheblichen Entlastung beitragen. In den folgenden Regelwerken wird derzeit der aktuelle Stand zum Fahrradparken behandelt:
— FGSV: Hinweise zum Fahrradparken
— DIN: Stationäre Fahrradparksysteme:
— ADFC: Empfehlenswerte Fahrradabstellanlagen

Darüber hinaus gibt es in den Bundesländern unterschiedliche Regelungen und Hinweise zum Fahrradparken, z. B.:
— Baden-Württemberg: Landesbauordnung (Feststellung der notwendigen Stellplätze)
— Bayern: Radlhandbuch Bayern
— Berlin: Leitfaden Fahrradparken
— Brandenburg: Fahrradabstellplätze bei Wohngebäuden
— Bremen: Stellplatzortsgesetz
— Hamburg: Leitfaden Fahrradparken im Quartier
— Hessen: Leitfaden zum Fahrradparken
— Niedersachsen: Radverkehr neu denken (B + R)
— Nordrhein-Westphalen: Hinweise für Architekten und Bauherren zum Abstellen von Fahrrädern

Entscheidend sind jedoch die Städte und Gemeinden, die für ihren Zuständigkeitsbereich eigene Fahrradstellplatzsatzungen beschließen können und sollten. Durch eine Umwandlung von Kfz-Stellplätzen in Radstellplätze können Flächen gewonnen und die Lebensqualität erheblich gesteigert werden.

1 | Prinzip zur Verortung von Radabstelllangen – Entfernung abhängig von Funktion, Zeit und Ausstattungsmerkmalen
ABBILDUNG: THE DANISH CYCLISTS FEDERATION

4 | Fahrradsammelanlage mit Verkehrsfläche
ABBILDUNG: VAR + NACH FGSV

Abmessungen [cm] Breite / Länge / Höhe
Fahrrad* 65 / 200 / 125
Tandem* 65 / 260 / 125
Liegerad* 60 / 235 / 85
Dreirad
100 / 220 / 125
Lastenrad 2-spurig 110 / 270 / k. A.
Lastenrad 1-spurig 70 / 260 / k. A.

* Maßangaben derzeit in Überarbeitung

2 | Regelmaße nach den „Hinweisen zum Fahrrad parken “; für Lastenräder entsprechend den Angaben des FGSV AK Pedelectaugliche Infrastruktur
QUELLE: FGSV

Anforderungen

Die Fahrradabstellanlage sollte sich stets nah am Ziel befinden. Es bietet sich an, neben einer zentralen auch mehrere dezentrale Fahrradabstellanlagen zu schaffen. Die Art und Ausstattung der Fahrradabstellanlage sollte sich an Parkdauer und zu erwartenden Nutzergruppen orientieren. Hierfür wird unterschieden in kurzzeitiges, mittelfristiges und langfristiges bzw. dauerhaftes Parken. Personen, die hochwertige Fahrräder und E‐Bikes diebstahlsicher in Fahrradboxen, Fahrradkleingaragen oder ähnlichen Elementen einschließen können, nehmen auch längere Wege in Kauf.
Zur Vorüberlegung für größere Anlagen sind bei der Einrichtung von Fahrradabstellanlagen verschiedene grundlegende Kriterien zu beachten:
— Zugänglichkeit: vom Radweg bzw. der Straße direkt erreichbar, Kfz- Falschparker sind zu vermeiden.
— Erreichbarkeit: ohne Treppen und hohe Borde
— Diebstahlschutz: Rahmenanschluss, Boxen und/ oder Kameraüberwachung
— Witterungsschutz: Überdachung oder Einhausung

3 | Grundflächen bedarf Fahrrad Leitfaden Fahrrad abstellanlagen
ABBILDUNG: ARBEITSGEMEINSCHAFT NAHMOBILITÄT IN HESSEN AGNH

5 | Verkehrszeichen Fahrradparken in Anlehnung an VZ 314
ABBILDUNG: STVO

Flächenbedarf

Das Fahrrad benötigt zum Parken eine Grundfläche von 1,6 m ². Laut aktuellem FGSV-Regelwerk werden derzeit die in Abbindung 2 dargestellten Maße angegeben. Aufgrund der gestiegenen Ansprüche sollten die Maße als Mindestmaße angesehen und künftig erhöht werden, damit eine Beschädigung durch benachbarte Fahrräder möglichst ausgeschlossen werden kann. Bei Reihenanlagen für Einzel- bzw. Doppelanordnung sollte das Abstandsmaß von 1,5 m zwischen den Bügeln eingehalten sein, wodurch ein seitliches Herantreten möglich ist. Als Mindestmaß wird 1,0 m benötigt.

Die Erschließung der Stellplätze muss insbesondere bei Sammel- oder Großparkplätzen gewährleistet sein. Für die erforderlichen Fahr- und Rangierflächen sind 2,5 m ² Verkehrsfläche pro Fahrradstellplatz die Regel. Zusätzlich sind weitere Flächen z. B. für Lastenräder zu berücksichtigen. Insbesondere in Innenstädten mit hohem Parkdruck empfiehlt es sich, entsprechend der Flächeneffizienz Fahrradstellplätze auszubauen, um ein Höchstmaß an Mobilität für alle zu gewährleisten. Ein Kfz-Stellplatz bietet je nach Anordnung der Stellplätze Platz für bis zu zehn Fahrräder und vier Lastenräder.

6 | Beispiel zur Erkennbarkeit einer Fahrradabstellanlage
FOTO: VAR +

7 | Markierte Lastenradstellplätze
FOTO: VAR +

Orientierung

Zum Auffinden von Fahrrad abstellanlagen im öffentlichen Verkehrsraum sollten diese beschildert werden. Für Betriebe mit mehreren Standorten kann auch ein Parkleitsystem für den Radverkehr sehr behilflich sein. Neben der Beschilderung kann auch Formsprache gewählt und eine entsprechend der Zweckbildung gestaltete Fahrradabstellanlage geschaffen werden. Für Kunden, die nur kurz vor dem Geschäft parken, kann eine zeitliche Begrenzung der Parkdauer (z. B. auf 15 Minuten mit entsprechendem Zusatzschild) bei beschränkter Flächenverfügbarkeit helfen, um eine Behinderung durch „wild “bzw. „frei “geparkte Fahrräder zu verringern. Aufkleber können eine gute Ergänzung zur Erkennbarkeit eines Fahrradparkplatzes und dessen Zweckbindung darstellen.

Beispiel Lastenrad

Lastenräder benötigen aufgrund des Wendekreises eine größere Rangierfläche. Wie auf dem Bild zu sehen, ist zusätzlich eine Anschlussmöglichkeit in Form eines im Boden verankerten und klappbaren Bügels sinnvoll.

Typen von Fahrradabstellanlagen

Am Markt haben sich verschiedene, qualitativ hochwertige Typen von Anlehnbügeln und Rahmenhaltern durchgesetzt.

ANLEHNBÜGEL STANDARD
Rahmenhalter mit Querholm zum Anschließen von Kinderfahrrädern und Unterlaufschutz zur Barrierefreiheit (Abb. 8a)

ANLEHNBÜGEL VERKÜRZT
Rahmenhalter mit geringem Flächenbedarf, beidseitig nutzbar (Abb. 8b)

ANLEHNBÜGEL SINGLE
Ein Singel-Anlehnbügel dient zum Einstellen eines einzelnen Fahrrads (Abb. 8c).

WEITERE RAHMENHALTER
Rahmenhalter gibt es in vielfältigen Formen und Farben. Eine Hoch-/ Tief- Aufstellung ermöglicht es, die Abstände zwischen den Fahrrädern zu verringern, führt jedoch zu Qualitätseinbußen.

VORDERRADHALTER
Der Vorderradhalter ist in den verschiedensten Varianten im Einsatz, wird jedoch oft auch als Vorradklemmer – als sog. Felgenkiller – bezeichnet. In Kombination mit einer Anlehn- und Rahmenanschlussmöglichkeit können sie jedoch auch zum Einsatz kommen.

8c | Anlehnbügel Single
ABBILDUNG: FGSV

Fahrradboxen

Fahrradboxen bieten großen Schutz und haben Platz für ein bis zwei Fahrräder. Der Verwaltungsaufwand für die Vermietung ist zu beachten. Es können jährliche Mietpreise von bis zu 150 Euro erwirtschaftet werden. Fahrradboxen an Bahnhöfen sollten zur Kontaktaufnahme für Interessenten mit einem zusätzlichen Infoschild ausgestattet werden.

9 | Hinweisschild zur Nutzung der Fahrradmietboxen
ABBILDUNG: VAR +

10 | Fahrradparkhaus der Stadt Oranienburg am Bahnhof Oranienburg.
FOTO: ACHIM WAGNER – STOCK. ADOBE. COM

Überdachungen und Einhausungen

Überdachungen sind sinnvoll, wenn ein Fahrrad über mehrere Stunden am Arbeitsplatz oder an ÖPNV-Haltepunkten abgestellt wird. Fahrrad-Einhausungen bieten sich für spezielle Nutzerkreise wie z. B. Schulen an. Kombiniert mit einem Schließsystem und einer Kameraerkennung auf Bedarf kann somit ungewollten Nutzern und Vandalismus vorgebeugt werden.

Fahrradparkhäuser

An größeren Bahnhöfen können Fahrradparkhäuser bereits ab 1.000 Radstellplätzen betrieben und mit weiteren Serviceeinrichtungen, wie z. B. Werkstatt oder Café, gekoppelt werden. Unter Umständen ist dies ohne Bezuschussung möglich. Bei Fahrradparkhäusern kommen in der Regel die verschiedenen Typen von Fahrradabstellanlagen zur Anwendung. Vollautomatische Fahrradparksysteme haben sich ebenso am Markt etabliert, stellen eine platzsparende Lösung dar und können auch mit Bike-Sharing-Angeboten gekoppelt werden.

Der Autor


Uwe Petry
Uwe Petry leitet seit 2000 das Radverkehrsfachplanungsbüro VAR (seit 2018 VAR +). Seit über 20 Jahren arbeitet er in der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) in den Arbeitskreisen 2.5.1 Radverkehr, 2.6.3 Fahrradparken, 2.6.5 Park + Ride und Bike + Ride mit und im Arbeitskreis 2.5.5 Pedelectaugliche Infrastruktur federführend als Arbeitskreisleiter. www.varplus.de

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