Planung, Bau und Betrieb von Trinkwasser-Installationen: Hygienische Wasserversorgung

Planung, Bau und Betrieb von Trinkwasser-Installationen: Hygienische Wasserversorgung

Energie, Technik & Baustoffe

Planung, Bau und Betrieb von Trinkwasser-Installationen: Hygienische Wasserversorgung

Text: Dr. Peter Arens | Foto (Header): © SCHELL

Damit das Wasser in Wohnungen vollumfänglich der Trinkwasserverordnung entspricht, bedarf es der richtigen planerischen Maßnahmen. Doch auch der Nutzer muss durch einen korrekten Betrieb dazu beitragen, indem er seiner Pflicht zum regelmäßigen und vollständigen Wasserwechsel nachkommt.

Auszug aus:

Die Trinkwasserverordnung (TrinkwV) fordert im § 17: „[…] Anlagen für die […] Verteilung von Trinkwasser […] sind mindestens nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik zu planen, zu bauen und zu betreiben“. Planer und Fachhandwerker kennen das zugehörige Regelwerk mit seinen zahlreichen Richtlinien zum Erhalt der Trinkwassergüte in Gebäuden und berücksichtigen diese selbstverständlich. Dort finden sich aber auch wichtige Hinweise zum fachgerechten Betrieb von Trinkwasser-Installationen, sodass hygienische Risiken für die Nutzer gar nicht erst entstehen können. Dieses Wissen dringt jedoch nur langsam zum Gebäudeeigentümer vor – und noch langsamer bis zum Nutzer. Dadurch können mikrobielle Kontaminationen im Trinkwasser von Nutzungseinheiten und Wohnungen entstehen, die allein auf einen unzureichenden Wasserwechsel zurückzuführen sind.

Was ist eine Betriebsunterbrechung?

Schon nach max. 3 Tagen liegt gemäß VDI/DVGW 6023 eine Betriebsunterbrechung vor, der mit Gegenmaßnahmen begegnet werden muss. Allerdings kann dieser Zeitraum auch auf die max. 7 Tage der DIN EN 806-5 ausgedehnt werden, wenn die Sicherheit dieser Fristverlängerung durch hygienische Untersuchungen belegt werden kann – wobei solche hinsichtlich ihrer Kosten-Nutzen-Relation kaum sinnvoll sein können.

Bakterienwachstum planerisch beeinflussen

Krankheitserreger wachsen in aller Regel optimal bei Körpertemperatur, also bei etwa 37 °C. Daher muss gemäß Regelwerk ein Kaltwasser von dauerhaft nicht über 25 °C und ein Warmwasser von mindestens 55 °C angestrebt werden.

Für eine übermäßige Vermehrung benötigen Bakterien Zeit – die man nur durch einen regelmäßigen und vollständigen Wasserwechsel auf eine unbedenkliche Zeitspanne minimieren kann. Dann ist die „Verdünnungsrate“ höher als die Vermehrungsrate, und die Bakterienzahlen bleiben im unkritischen Bereich.

Da das vom Versorger gelieferte Trinkwasser wenige Nährstoffe enthält, kommt in dieser Hinsicht den Bauteilen und Komponenten der Trinkwasser-Installation eine besondere Bedeutung zu. Daher sind im deutschen Regelwerk Anforderungen an die chemische und hygienische Qualität der verwendeten Werkstoffe festgelegt (vgl. auch TrinkwV § 17). Insbesondere sind hier die Anforderungen an organische Werkstoffe gemäß KTW (zulassungsfähige organische Komponenten, Geruchsschwellenwert etc.) und DVGW W 270 (Prüfung auf einen maximal erlaubten mikrobiologischen Bewuchs) zu nennen. Werden nur Bauteile mit diesen entsprechenden „Hygiene-Nachweisen“ verwendet, darf man von einer ausreichenden Minimierung der Nährstofffracht und damit von einem minimierten Bakterienwachstum durch Werkstoffbestandteile ausgehen.

Hinzu kommt im Gründruck der VDI 6023-1 die Anforderung, dass nur Produkte mit einwandfreien mikrobiologischen Oberflächen verwendet werden. Dies ist bei trocken geprüften Armaturen der Fall (z. B. Fa. Schell).

Hygienisch akzeptable Stagnationszeiten und daraus abzuleitende Maßnahmen gemäß Regelwerk.
QUELLE: TH. KISTEMANN ET. AL. 2014, ABBILDUNG: TH. KISTEMANN

Untersuchungsbefunde an drei verschiedenen Entnahmestellen in einem Gebäude. Die Probenahmen fanden alle zwei Stunden zwischen 10 Uhr und 20 Uhr statt. Es ist zu erkennen, wie stark die Legionellenzahlen an zwei der drei Armaturen über den Tag variierten und wie wenig repräsentativ eine Probenahme in einem Gebäude sein kann.
QUELLE: TH. KISTEMANN ET. AL. 2014, ABBILDUNG: TH. KISTEMANN

Mieter ist für Wasserbeschaffenheit verantwortlich

Im Rahmen des BMBF Forschungsprojektes „Biofilm-Management“ (2010 bis 2014) wurden u. a. Großgebäude auf das Auftreten von Legionellen untersucht. Verantwortlich war ein Forschungsteam unter der Leitung von Prof. Dr. med. Kistemann, Direktor des Kollaborationszentrums der Weltgesundheitsorganisation und stellvertretender Direktor des Instituts für Hygiene und Öffentliche Gesundheit in Bonn. Die Untersuchungen ergaben, dass das Auftreten von Legionellen einer hohen zeitlichen Varianz unterliegt: An ein und derselben Entnahmestelle wurden über den Tag hinweg sehr unterschiedliche Legionellenzahlen ermittelt. Diese lagen teilweise deutlich unter dem technischen Maßnahmenwert von 100 Legionellen/100 ml, zu einem anderen Zeitpunkt aber deutlich über 10.000 Legionellen/100 ml, sodass in dem einen Fall keine und in dem anderen Fall sogar Sofortmaßnahmen zum Schutz der Nutzer notwendig waren, wie z. B. ein Duschverbot.

Die Befunde zeigen, dass trotz einer regelwerkskonformen Auswahl der Probenahmestellen gemäß DVGW W 551 eine Kontamination mit Legionellen in einem Gebäude nicht sicher erkannt werden kann. Im Vor- und Rücklauf der Warmwasserzirkulation und am Ende des längsten Fließwegs lagen keine Auffälligkeiten vor. Weitete man dann jedoch die Auswahl von Probenahmestellen über die im Regelwerk geforderten Stellen unter dem Gesichtspunkt von seltenen oder geringen Wasserentnahmen aus, wurden überhöhte Legionellenzahlen festgestellt. Für die Wohnungswirtschaft bedeutet dies, dass der „Sparwunsch“ vieler Mieter beim Wasserverbrauch hygienische Probleme verursachen kann, auf die der Vermieter keinen Einfluss hat. Durch die Einführung von Wasserzählern im Wohnungsbau – bislang sind diese fast ausschließlich für den Neubau über die Landesbauordnungen vorgeschrieben – wird sich diese Problematik zukünftig weiter verschärfen. Vermieter können dieser Situation kaum entgegentreten, außer den Mieter bereits im Mietvertrag auf seine Pflicht zum regelmäßigen Wasserwechsel und die möglichen hygienischen Risiken allgemeinverständlich hinzuweisen.

Abweichend von den Auswahlkriterien des Regelwerks wurden weitere Probenahmestellen unter dem Gesichtspunkt einer seltenen und/oder geringen Nutzung ausgewählt. Diese Ergebnisse sind gelb hinterlegt und zeigen Werte deutlich über dem technischen Maßnahmenwert der TrinkwV.
QUELLE: TH. KISTEMANN ET. AL. 2014, ABBILDUNG: TH. KISTEMANN

WC und Handwaschbecken – eventuell mit einer Kopfbrause für die ältere Generation – gehören an das Ende einer Reihenleitung. Die unregelmäßig und seltener genutzte Badewanne und Dusche gehören in diese Leitung eingeschleift.
ABBILDUNG: SCHELL

Planerische Maßnahmen zur Optimierung des Wasseraustauschs

Die Grundlage für planerische Maßnahmen für den in der VDI 6023 und der DIN EN 806-5 geforderten regelmäßigen Wasserwechsel bilden die fachgerechte Dimensionierung der Trinkwasser-Installation und Minimierung der Anzahl von Entnahmestellen sowie deren maximale Entfernung von einer Hauptleitung. Schlanke Installationen (druckverlustarme Systeme) und eine optimale Anordnung der Entnahmestellen fördern den Wasserwechsel bereits im späteren Betrieb – und das ohne besondere Spülstationen am Ende der Leitungen.

Nur in Ausnahmefällen werden spezielle Spüleinrichtungen benötigt. So z. B. bei besonderen hygienischen Anforderungen, bei zu groß dimensionierten Altinstallationen (bis zur Sanierung), bei überhöhten Wärmeübergängen in warm- und kaltgehenden Leitungen in Schächten von Altbauten (bis zur Sanierung), beim Wunsch nach einer flexiblen Umnutzungsmöglichkeit in gewissen Gebäudebereichen oder bei vorhersehbar längeren Nutzungsunterbrechungen. In der Wohnungswirtschaft entstehen unerwünschte Nutzungsunterbrechungen vorrangig durch Leerstände, z. B. bei Vermietung von wenig attraktivem Wohnraum oder bei regionalem Wohnungsüberangebot.

Auch die maximale Länge von Fließwegen zu Entnahmestellen bzw. ohne Warmwasserzirkulation ist im Regelwerk festgelegt. So dürfen Stichleitungen nicht nur im Warmwasserbereich, sondern auch im Kaltwasserbereich maximal 3 l aufweisen (DIN 1988-200, Kap. 8.1). Gerade im Geschosswohnungsbau kann diese „max. 3 Liter-Regel“ auf der Warmwasserseite kaum ausgeschöpft werden. Um einen komfortablen Betrieb sicherzustellen, sollte die Anforderungsstufe nach VDI 6003 Kat. II umgesetzt werden. Sie setzt die schnelle Bereitstellung von 42-grädigem Duschwasser (9 l/min) innerhalb von 10 Sekunden voraus. Um diese Werte technisch realisieren zu können, darf das nichtzirkulierende Volumen in der Stichleitung nach eigenen Berechnungen nur noch rund 1,2 l betragen. Ein anderes „Hygiene- und Komfortkriterium“ findet sich in der DIN 1988-200, Kap. 3.6. Es besagt, dass nach 30 Sekunden das Kaltwasser höchstens 25 °C und Warmwasser mindestens 55 °C betragen muss. Für das Warmwasser sind diese Anforderungen sicherlich kaum ein Problem, aber für das Kaltwasser ist dies eine planerische Herausforderung bei der Leitungsführung. Der Grund: Nach etwa 30 Sekunden stammt das an der Entnahmearmatur austretende Wasser zumeist aus dem Installationsschacht, in dem die Trinkwasserleitung „kalt“ aufgrund benachbarter warmgehender Leitungen und trotz regelwerksgerechter Dämmung bei längeren Stagnationszeiten oftmals deutlich mehr als 25 °C aufweist. Unter diesen Bedingungen trägt also nur ein regelmäßiger Wasserwechsel zum Erhalt der Trinkwassergüte bei. Dieser kann über die Entnahmestellen in den Wohnungen, unter Umständen aber auch über separate Spülventile am Ende der Steigleitung des Schachtes gewährleistet werden. Getrennte Schächte für warm- und kaltgehende Leitungen sind sicherlich der Königsweg, der aber viel zu häufig an einer nicht hygienegerechten Größe und Platzierung der Schächte im Gebäude scheitert.

Es ist wichtig, die baulichen Vorgaben der Architekten mit einer hygienisch sinnvollen Anordnung der Entnahmestellen in den Bädern in Einklang zu bringen. Zwar fordert die DIN EN 806-2 im Kapitel 8.1, dass Entnahmearmaturen mit geringer oder seltener Entnahme nicht am Ende einer langen Stichleitung (max. 3 l) platziert werden dürfen. Was im Umkehrschluss heißt, dass am Ende besser die am häufigsten genutzten Entnahmestellen angeordnet sein sollten: das WC und das Handwaschbecken. Leider ist vielfach an dieser Stelle kein verfügbarer Schacht für die Abwasserleitung des WCs vorgesehen, sodass diese hygienisch sinnvolle Anordnung des WCs dort nicht möglich ist. Dann hilft nur noch, mittels Rohrführung die Toilette endständig einzubinden, selbst wenn sie räumlich am Anfang der Leitung platziert sein sollte.

Überschrift Abschnitt 2

Der Erhalt der Wassergüte in der Trinkwasser-Installation von Wohngebäuden ist kein unbeherrschbares Hexenwerk, solange man sich bei Planung, Bau und Betrieb an die allgemein anerkannten Regeln der Technik hält. Während jedoch TGA-Planer und Fachhandwerker diese Regeln der Technik kennen und anwenden, sind oftmals Architekten über die hygienisch sinnvolle Anordnung von Versorgungsschächten sowie die meisten Nutzer einer Trinkwasser-Installation über die möglichen hygienischen Folgen einer unzureichenden Nutzung nur mangelhaft informiert. Dabei kann die hohe Wassergüte des Versorgers noch auf dem letzten Meter in der Wohnung verloren gehen, obwohl der Vermieter alles getan hat, um die einwandfreie Trinkwasserqualität bis dahin sicherzustellen. Hiergegen hilft nur eine Sensibilisierung der Mieter für die Problematik und eine entsprechende Verpflichtung zum regelmäßigen Wasseraustausch im Mietvertrag.

Literatur


[1] Trinkwasserverordnung (TrinkwV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. März 2016 (BGBl. I S. 459), die durch Artikel 4 Absatz 21 des Gesetzes vom 18. Juli 2016 (BGBl. I S. 1666) geändert worden ist.

[2] Ergebnisse von Untersuchungen durch ein Team um Prof. Dr. med. Kistemann, Direktor des Kollaborationszentrums der Weltgesundheitsorganisation (WHO CC for Health Promoting Water Management and Risk Communication) und stellvertretender Direktor des Instituts für Hygiene und Öffentliche Gesundheit, Bonn 2010 bis 2014.

Der Autor


Dr. Peter Arens
Hygienespezialist und Leiter Produktmanagement bei der Schell GmbH & Co. KG Armaturentechnologie, Olpe

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