Energie, Technik & Baustoffe
Nachhaltige Fassadensanierung: Bewahrung architektonischer Werte
Foto (Header): © PETER JØRGENSEN FÜR SOLARLUX GMBH
Im schwedischen Malmö wurde ein architektonisches Wahrzeichen aus den 1960er-Jahren zu neuem Leben erweckt: das Hochhaus Kronprinsen. Einst inspiriert vom Pirelli-Hochhaus in Mailand, einer Ikone der Nachkriegsmoderne, konnte der einzigartige Charakter des Wohngebäudes mit seiner blauen Keramikmosaikfassade bewahrt werden.
Auszug aus:
QUARTIER
Ausgabe 1.2025
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Das Hochhaus Kronprinsen war das erste Projekt, das im Rahmen der Sanierung des gesamten Kronprinsen-Viertels in der Küstenstadt Malmö fit für die Zukunft gemacht wurde. Mit 27 Stockwerken und einer Höhe von 81 m war es bei seiner Fertigstellung 1964 das erste Hochhaus Schwedens und jahrzehntelang das höchste Gebäude Malmös. Nicht nur wegen seiner Höhe, sondern auch aufgrund seiner außergewöhnlichen Fassade ist es ein weithin sichtbares Wahrzeichen der Stadt: Rund 1,9 Mio. blaue Fliesen fügen sich zu einem einzigartigen Mosaik zusammen und lassen die Gebäudehülle in der Sonne sanft schimmern.
In den oberen Etagen befinden sich heute 270 Mietwohnungen verschiedener Größen. Mietwohnungen sind in Schweden rar gesät, setzen die meisten Bewohner doch auf Eigentum. Ein Einkaufszentrum im Erdgeschoss mit rund 40 Geschäften und Dienstleistungen sichert die Nahversorgung, der große Innenhof wurde im Zuge der Sanierung als generationenübergreifender Aufenthaltsbereich aufgewertet.
Projektspezifisches Montagesystem
Aufgabenstellung des damaligen Eigentümers an das schwedische Architekturbüro FOJAB war, den außergewöhnlichen Charakter des Gebäudes zu erhalten und das Muster der 1,9 Mio. Mosaikfliesen zu optimieren. Hinzu kam, die Mieter während der Bauarbeiten so wenig wie möglich zu beeinträchtigen. Als Lösung entwickelten die Planer gemeinsam mit dem Joint Venture Unternehmen NCC und dem Hersteller der Fassadenelemente ein Montagesystem, bei dem eine komplett neue Fassade einschließlich aller Fenster auf die alte aufgesetzt wurde. Erst als die neue Fassade stand, wurden die alten Fenster demontiert. Zusätzlich stellte die Umnutzung der oberen Stockwerke zu Wohnzwecken die Architekten vor eine architektonische Herausforderung – dieser begegneten sie mit zwei horizontalen Fensterbändern, die den oberen Gebäudeabschluss markieren.
Neues Mosaik mit stufenlosem Farbverlauf
Besonderes Augenmerk galt der Optimierung des Mosaiks, da die Originalfassade einige sichtbare Fugen im Muster aufwies. Der ursprüngliche schwedische Hersteller IFÖ unterstützte die Planer mit archivierten Originalrezepturen für Farben, Glasuren und Verarbeitung. Das überarbeitete Muster und die Zusammensetzung der Fliesen wurden mithilfe eines speziell geschriebenen Algorithmus von FOJAB CoDe, einer Innovationsplattform für computergestütztes Design des Architekturbüros, entworfen. Dabei wurde die computergenerierte „Perfektion“ bewusst um ca. 6 % reduziert, um eine natürliche Anmutung zu erreichen. Projektarchitekt Andreas Jentsch über die Idee dahinter: „Die natürliche Harmonie entsteht wie in einem Wald, wo die Abweichungen einzelner Bäume das Auge ruhen lassen.“
Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Mit einem nahtlosen Farbverlauf wird die außergewöhnliche Keramikmosaikfassade in leuchtenden Blautönen nach oben immer heller. Um störende Schattenwürfe auf der Fassade zu vermeiden, sind alle Schwellen, Fensterbänke und Fassadengesimse aus stranggepressten Aluminiumprofilen so gestaltet, dass sie möglichst unsichtbar sind.
Loggien: Erhaltung der visuellen Tiefe
Eine weitere Herausforderung war die Einbindung der Loggien in das gestalterische Gesamtkonzept: Sie sollten zum einen die Wohnungen räumlich erweitern, zum anderen sollten die Mieter auf ihren Freisitzen vor Wind und Wetter gut geschützt sein. In den unteren Wohngeschossen kam die Reduzierung des Straßenlärms vor den Schlafräumen hinzu. Erfüllt wurden die Anforderungen mit Ganzglas-Schiebe-Dreh-Elementen von Solarlux. Sie wurden auf die bestehenden Brüstungen aufgesetzt und können flexibel vollständig geöffnet werden. Bei der Produktwahl spielten nicht nur funktionale, sondern auch gestalterische Aspekte eine Rolle. Projektarchitekt Andreas Jentsch: „Durch die Loggien hat die Fassade eine visuelle Tiefe, die bewahrt bleiben sollte. Daher war es in diesem Projekt wichtig, vertikale Strukturen zwischen den einzelnen Scheiben zu vermeiden.“ Dies brachte das System SL 25 mit sich: Jedes Glaselement läuft oben und unten in einer Laufschiene und kann zur Seite geschoben, eingedreht und an der Wand geparkt werden. Die senkrechten Glasränder sind rahmenlos. Ein nur 3 mm breiter Lüftungsspalt sichert den notwendigen Luftwechsel. Und auch die Ansichtsbreiten der Profile, die die Verglasungen oben und unten halten, sind äußerst filigran.
Der Erhalt von Gebäuden aus der Mitte des 20. Jahrhunderts ist für das renommierte schwedische Architekturbüro FOJAB eine der wichtigsten Nachhaltigkeitsaufgaben der Gegenwart. In einer schnell wachsenden Stadt wie Malmö, in der die Hälfte der Bevölkerung unter 35 ist, sind sie der Ansicht, dass es weder wirtschaftlich noch sozial oder klimatisch nachhaltig ist, ausschließlich auf Neubauten zu setzen. Andreas Jentsch über die Sanierung des in die Jahre gekommenen Wohnhauses Kronprinsen: „Mit dem Projekt zeigen wir beispielhaft auf, dass es möglich ist, unsere alten Gebäude fit für die Zukunft zu machen, auch wenn sie stark abgenutzt und die Herausforderungen komplex sind.“