Kostenplanung: Die neue DIN 276 Kosten im Bauwesen

Kostenplanung: Die neue DIN 276 Kosten im Bauwesen

Kosten & Finanzierung

Kostenplanung: Die neue DIN 276 Kosten im Bauwesen

Text: Friedhelm Doell | Foto (Header): © POWELL83 – stock.adobe.com

Die Neuausgabe der DIN 276:2018-12 verspricht eine Struktur für alle Planungsbereiche des Bauwesens. Neben Hochbauten sollen auch die Kosten von Infrastrukturanlagen wie Ingenieurbauwerken, Verkehrsanlagen und Freianlagen in einem einheitlichen Kostensystem erfasst werden.

Auszug aus:

Die DIN 276 „Kosten im Bauwesen – Teil 1 Kosten im Hochbau“ dient seit 2008 als etablierte Vorgabe für die Kostenermittlungen im Hochbau. Öffentliche und private Auftraggeber arbeiten mit ihr, Objektplaner im Hochbau und den zugehörigen Planungsgewerken wie die Technische Ausrüstung und weitere sind vertraut im Umgang mit ihrer Struktur und ihren Kostenermittlungsarten. Sie wurde 2009 durch Teil 4 „Ingenieurbau“ ergänzt, der jedoch am Markt kaum zur Anwendung gelangte – zu gering waren die Untergliederungsmöglichkeiten für das weite Feld von Ingenieurbauwerken und Verkehrsanlagen.

Auf die DIN 276-1 in der Fassung von 2008 wird auch seit 2009 in der Honorarordnung für Architekten- und Ingenieurleistungen (HOAI) Bezug gekommen: Kostenermittlungen für die Objektplanung von Gebäuden, Innenräumen und Freianlagen sowie für die dazugehörigen Fachplanungen der Tragwerke und Technischen Ausrüstungen sind in den Grundleistungen der HOAI enthalten.

Die Neufassung

Der Arbeitsausschuss NA 005-01-05 AA „Kosten im Bauwesen“ im DIN-Normenausschuss Bauwesen (NABau) befasste sich mit der Zusammenfassung der DIN 276-1 und der DIN 276-4 zu einem einheitlichen Kostenplanungssystem, weil dies von weiten Teilen der Anwender gewünscht wurde. Ein Entwurf der neuen DIN 276 wurde im Juli 2017 als Gelbdruck der Öffentlichkeit vorgestellt; einige Einwände befassten sich damit, vorgeschlagene Änderungen wieder zurückzunehmen, was teilweise in der Endfassung vom Dezember 2018 dann auch so umgesetzt wurde.

Die wesentlichen Änderungen

Die hauptsächlichen Änderungen befassen sich mit deutlich tiefer gegliederten Kostenermittlungen als bislang, der Einführung einer neuen Kostengruppe 800 für Finanzierungskosten und der Vorgabe, dass etliche Kostenermittlungen nicht nur einmal, sondern mehrfach im Projekt erforderlich sein können.

Bereits bei einem Kostenrahmen, der vor Planungsbeginn aufgestellt wird, müssen die Bedarfsangaben aufgrund einer Bedarfsplanung, z. B. nach DIN 18925, mit erläuternden Angaben zur organisatorischen und terminlichen Abwicklung des Bauprojekts schriftlich dargestellt werden. Die Gesamtkosten müssen nicht mehr nur als Summe der eigentlichen Bauwerkskosten (KG 300 und 400), sondern unter Angabe aller Kosten je Kostengruppe in der ersten Ebene der Kostengliederung angegeben werden (also explizit auch Summen der KG 100, 500, 600, 700 und 800).

Kostenschätzung

In der Kostenschätzung (am Ende einer Vorplanung nach der HOAI) sollen alle Kosten in der zweiten Ebene der Kostengliederung ermittelt werden. Bislang galt dies nur für die Kosten der Technientschen Ausrüstung (Kostengruppen 410–490), damit die verschiedenen Anlagengruppen dort unterschieden werden konnten. Nach der DIN 276:2018 gilt das auch für die Kostengruppen

  • 1 10–130 Grundstückskosten,
  • 210–250 Vorbereitende Maßnahmen,
  • 310–390 Baukonstruktion,
  • 510–590 Außenanlagen,
  •  610–690 Ausstattung und Kunstwerke,
  •  710–790 Baunebenkosten und
  • 810–890 Finanzierungskosten.

Die Berechnung der Bezugseinheiten soll dabei ebenfalls nach festen Vorgaben erfolgen:

  • Kosten der 100 und 200 nach m² Grundstücksfläche (GF)
  • Kosten der KG 500 mit m² Außenanlagenfläche (AF)
  • alle übrigen Kosten unter Ansatz der m² Brutto-Grundfläche (BGF)

Für KG 400 werden in Tabelle 4 ebenfalls Bezugseinheiten empfohlen, wobei bis zu sechs Untergliederungen je KG mit unterschiedlichen Bezugsgrößen und Mengeneinheiten definiert werden.

Kostenberechnung

Die umfangreichsten Änderungen erfolgen bei der Kostenberechnung, die nach HOAI am Ende der Entwurfsplanung erstellt wird. Ihre Kosten sollen bereits in der dritten Ebene der Kostengliederung vorliegen, was bislang nach der DIN 276-1 von 2008 erst im Kostenanschlag, also bei der Zusammenstellung der Unternehmerangebote erfolgte. Dies vergrößert den Aufwand gegenüber der bisherigen Fassung der DIN 276 zum Ende der Entwurfsplanung immens.

Bei Einführung einer solchen Gliederungstiefe in einer Kostenberechnung ist klar, dass dazu die Entwurfsplanung entsprechend detailliert ausgearbeitet sein muss und die Festlegung solch detaillierter Angaben erst in der Ausführungsplanung so nicht mehr möglich sein wird.

Neu ist auch, dass in der Kostenberechnung Zusammenstellungen der zum Zeitpunkt der Kostenberechnung bereits entstandenen Kosten, z. B. für Grundstück, Erschließung, Baunebenkosten usw., enthalten sein müssen.

Mit der neuen DIN 276 werden Dachbegrünungen nun den Kosten der Bauwerkskonstruktion zugeordnet.
FOTO: PHILK – STOCK.ADOBE.COM

Neu: Kostenvoranschlag

Zwischen der Kostenberechnung des Entwurfs und dem Kostenanschlag, der vor der Vergabe von Aufträgen erfolgt, wird nach der neuen DIN 276 ein neuer Zwischenschritt eingeführt: der Kostenvoranschlag, der ggf. mehrfach aufzustellen ist. Zu ihm heißt es in der DIN wörtlich:

„Der Kostenvoranschlag dient den Entscheidungen über die Ausführungsplanung und die Vorbereitung der Vergabe. Der Kostenvoranschlag kann entsprechend dem für das Bauprojekt gewählten Projektablauf einmalig oder in mehreren Schritten aufgestellt werden. […] Unabhängig von der Art der Ermittlung bzw. dem jeweils gewählten Kostenermittlungsverfahren müssen die ermittelten Kosten auch nach den für das Bauprojekt vorgesehenen Vergabeeinheiten geordnet werden, damit die Angebote, Aufträge und Abrechnungen (einschließlich der Nachträge) aktuell zusammengestellt, kontrolliert und verglichen werden können.“[1]

Der Kostenvoranschlag dient also der Kostenzusammenstellung nach den vorgesehenen gewerkeweisen Vergaben. Damit entspricht er der in der HOAI 2013 für alle Objektplanungen und die Technische Ausrüstung eingeführten Grundleistung „Ermitteln der Kosten auf der Grundlage vom Planer bepreister Leistungsverzeichnisse“.

In den Kostenvoranschlag sind auch die bereits vorliegenden Angebote, Aufträge und entstandene Kosten explizit aufzunehmen.

Kostenanschlag

Der Kostenanschlag war bislang bekannt als Zusammenstellung der Unternehmerangebote in der zur Beauftragung vorgesehenen Höhe. Neu ist nun, dass, soweit Vertragsunterlagen und eventuell durch ausführende Firmen vorgelegte technische Berechnungen vorliegen oder bereits gebaut wurde, die

  • aktuell zur Beauftragung vorgesehenen Leistungen und Kosten (Angebote),
  • neben bereits berechneten Leistungen auch die Mengenermittlungen von Teilleistungen, also die bereits gebauten, aber noch nicht abgerechneten Leistungen (auf Basis von Aufmaßen und Abrechnungszeichnungen), faktisch also Kostenprognosen, zugrunde zu legen
  • sowie bereits entstandene Kosten zusammenzustellen sind.

Der Kostenanschlag wird damit von der statischen, nur einen Zeitpunkt beleuchtenden Leistung, zu einer mehrfach wiederkehrenden Leistung der Kostenprognose mit deutlich höherer Genauigkeit als bislang.

Kostenfeststellung

Hier ist inhaltlich keine zusätzliche Leistung gegenüber der bisherigen DIN 276-1 zu erbringen.

Neue Kostenstrukturen

Die wesentlichen Änderungen in der Kostengruppierung umfassen:

Zur KG 300 „Bauwerk – Baukonstruktionen“ gehören Bauleistungen und Lieferungen zur Herstellung des Bauwerks von Hochbauten, Ingenieurbauten und Infrastrukturanlagen sowie die mit dem Bauwerk fest verbundenen Einbauten, die der jeweiligen Zweckbestimmung dienen, und Dach‑, Fassaden- und Innenraumbegrünungen, jedoch ohne technische Anlagen (KG 400) und ohne Außenanlagen außerhalb des Bauwerks und gestaltete Freiflächen (KG 500).

Die Kosten der neuen KG 370 „Infrastrukturanlagen“ umfassen mit den Inhalten Straßen‑, Gleis- und Flugverkehrsanlagen (KG 371, 372 und 373) die bisherigen „Linienbauteile“ der DIN 276-4. Zur Differenzierung der auch in KG 500 „Außenanlagen“ enthaltenen Verkehrsanlagen wird erläutert, dass KG 500 nur die Außenanlagen von Bauwerken sowie selbstständige Freiflächen beinhaltet, d. h., dass Kosten von Verkehrsanlagen dort nur dann erfasst werden, wenn es ein zentrales Bauwerk gibt, das in KG 300 dargestellt wird. Werden jedoch solche Verkehrsanlagen unabhängig von Gebäuden oder Ingenieurbauwerken geplant, ergibt der Begriff „Außenanlagen“ (ohne „innen“) keinen Sinn mehr, und diese Verkehrsanlagen sind konsequenterweise selbst als Baukonstruktionen, hier als solche der Infrastrukturanlagen, anzusehen.

Es bleibt jedoch bei den „Infrastrukturanlagen“ die Crux, dass sämtliche Einzelpositionen einer solchen Anlage in KG 370 nur unter einer einzigen Kostengruppe einsortiert werden und eine Differenzierung nach Bauteilen ähnlich wie bei Gebäuden oder gebäudeähnlichen Ingenieurbauwerken oder gemäß den verwaltungsspezifischen Kostengliederungen z. B. bei Verkehrsanlagen so schlecht möglich ist.

Neu in der Systematik ist, dass einige planerisch (und honorartechnisch) den Freianlagen zuzuordnende Anlagenteile nun den Kosten der Bauwerkskonstruktion zugeordnet werden. Die DIN nennt sie „die mit dem Bauwerk verbundenen Fassaden‑, Wand‑, Dach- und Innenraumbegrünungen sowie landschaftsgestalterische Einbauten“.

Bei den Außenanlagen der KG 500 handelt es sich dagegen inhaltlich nun um „Bauleistungen und Lieferungen zur Herstellung von Außenanlagen von Bauwerken sowie von Freiflächen (selbstständig, unabhängig von Bauwerken) mit den dazugehörigen baulichen Anlagen, Baukonstruktionen oder technischen Anlagen“.

Auch bei den Baunebenkosten erfolgt eine konsequente Anpassung an Begriffe der HOAI. Die KG 760 „Finanzierungskosten“ wurde aus den Baunebenkosten herausgenommen und komplett in eine eigene Hauptgruppe 800 verlegt.

Konsequenz

Die Kostengliederungen nach der DIN 276-1:2008 und nach der DIN 276:2018 können mit diesen Änderungen nicht direkt miteinander verglichen werden.

Wesentlich für die Akzeptanz der DIN 276:2018 dürfte u. a. sein, ob und wie der HOAI-Verordnungsgeber auf die DIN reagiert. Denn: Eine reine Umstrukturierung von Kosten bei neuen Projekten, die mit einmaligem Aufwand zur Umstellung der Gliederung verbunden ist, ist eine Sache. Die in der DIN geforderte deutlich tiefer als bislang gegliederte Kostenschätzung und -berechnung und die teilweise mehrfache Kostenermittlung, z. B. des Kostenanschlags, ist jedoch eine andere, nämlich eine in jedem Projekt erheblichen Mehraufwand verursachende Leistung, deren Vergütung geklärt werden muss.

Bislang jedenfalls beinhaltet die HOAI als Grundleistung explizit Kostenermittlungen nur zu gewissen Zeitpunkten, und v. a. regelt sie die Vergütung – da, wo sie es tut – nur für Kostenermittlungen nach der DIN 276-1 von 2008.

Fazit

Die neue DIN 276:2018-12 ist ein großer Wurf. Ob er ein Treffer wird, muss man abwarten. Alles in allem ist es von dem Regelungsvorschlag eines privaten Herausgebers (des DIN e. V.) bis zu einer in der gesamten Fachwelt allgemein anerkannten Regel der Technik bekanntlich ein weiter Weg.

Die wesentlichen Änderungen der „neuen DIN“ ergeben sich aus ihrem Anspruch, für alle Bereiche des Bauwesens gültig zu sein und eine gewisse Vergleichbarkeit von Kostenermittlungen durch die Vorgabe von Bezugseinheiten zu schaffen. Ob die neue Struktur jedoch in der Praxis für alle Bereiche des Bauwesens angenommen wird, v. a. bei Ingenieurbauwerken und Verkehrsanlagen, ob ihr Nutzen für die Beteiligten mit der Zeit sichtbar wird und auch, ob für die Vergütung der mit der DIN 276:2018 verbundenen, über die Grundleistungen der HOAI hinausgehenden Tätigkeiten einvernehmliche Honorierungsregelungen gefunden werden, wird sich zeigen müssen.

Quellen


[1] DIN 276:2018-12 Nr. 4.3.5

Der Autor


Dipl.-Ing. (FH) Friedhelm Doell
Friedhelm Doell ist Beratender Ingenieur BYIK, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für die Honorare der Ingenieurbauwerke, Verkehrsanlagen, Tragwerksplanung und Technischen Ausrüstung nach der Honorarordnung für Architekten- und Ingenieurleistungen (HOAI) und Moderator auf hoai.de.

www.doellconsult.de

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