Im Gespräch mit Wolfgang Jehl: Weniger Bauschäden durch Montagezargen

Im Gespräch mit Wolfgang Jehl: Weniger Bauschäden durch Montagezargen

Im Gespräch mit Wolfgang Jehl

Weniger Bauschäden durch Montagezargen

Text: Julia Ciriacy-Wantrup | Foto (Header): © Imagecreator – stock.adobe.com

FOTO: IFT ROSENHEIM

Montagezargen sind auf dem Vormarsch. Sie vereinfachen den Einbau, verringern Reklamationen und ermöglichen den schnellen Austausch von Bauelementen bei Schäden oder einer Modernisierung. Das ift Rosenheim hat dazu eine kostenlose Fachinformation herausgegeben. Wolfgang Jehl, Produktmanager im ift Rosenheim, gibt uns Tipps zur Planung, Ausschreibung und Anwendung.

Auszug aus:

Herr Jehl, wie definieren Sie eine Vorab-Montagezarge?

Eine „Vorab-Montagezarge“ kann als umlaufender Hilfsrahmen definiert werden, der eine Montage in zwei zeitversetzten Schritten ermöglicht, sodass hochwertige Bauelemente wie Fenster und Türen erst in der „trockenen“ Bauphase montiert werden können und nicht den hohen Belastungen während der „nassen“ Bauphase ausgesetzt sind. Die Montagezarge mit allen statischen und bauphysikalischen Anforderungen erlaubt die Fertigstellung aller angrenzenden Gewerke während der „nassen“ Rohbau- und Ausbauphase. Vorab-Montagezargen können innerhalb oder außerhalb der tragenden Wand liegen oder teilweise wandersetzend sein. Wichtig ist die Kenntnis und der richtige Einsatz der verschiedenen Zargensysteme, wie Modul‑, Profil- oder Universalzargen.

Welche Vorteile bietet diese Art des Fenstereinbaus?

Vorab-Montagezargen machen einen undefinierten Baukörperanschluss zur definierten Schnittstelle. Durch die zweistufige Fenstermontage können Verschmutzungen und Bauschäden an Fenstern und Türen, die in der „nassen“ Rohbauphase entstehen, verhindert werden. Montagezargen erhöhen den Vorfertigungsgrad, vereinfachen die Montage- und Anschlussarbeiten anderer Gewerke, wie z. B. Bauwerksabdichtung, Außenputz, Elektrik etc., und helfen damit auch beim Fachkräftemangel.

Zusätzlich wird der Baufortschritt beschleunigt, weil Montagezargen schnell verfügbar sind und unabhängig von Lieferengpässen machen. Damit sind Montagezargen eine wertvolle Investition in Nachhaltigkeit und Werterhaltung, weil spätestens mit dem Fenstertausch, der mindestens zweimal in einem üblichen Gebäudeleben anfällt, der Kosten- und Zeitaufwand deutlich niedriger ist.

Welche Materialien können eingesetzt werden?

Auch die Vorab-Montagezargen müssen über die Nutzungserwartung des Gebäudes dauerhaft sein, aber es müssen keine optischen Anforderungen an das Material erfüllt werden, da die Zarge durch den Fenster- oder Türeneinbau verdeckt wird. Es können „typische“ Rahmenmaterialien wie Kunststoffe, Aluminium und Holz oder auch hochverdichtete, tragfähige Konstruktionsdämmstoffe verwendet werden. Bei Holz muss ein ausreichender Holzschutz bzw. es müssen geeignete Holzarten verwendet werden. Hinweise dazu bietet die VOB/C und ATV DIN 18355 „Tischlerarbeiten“. Für die notwendige Abdichtung der Montagezarge zum Baukörper und dem später montierten Fenster können bewährte Abdichtungssysteme eingesetzt werden, also Fugendichtstoffe, Dichtbänder, Dichtprofile oder Dichtfolien.

Beispiele von Vorab-Montagezargen für verschiedene Einbausituationen und Außenwandkonstruktionen
ABBILDUNG: MONTAGELEITFADEN, IFT ROSENHEIM/RAL GÜTEGEMEINSCHAFT FENSTER, FASSADEN UND HAUSTÜREN E.V.

Wie schlägt sich die zweistufige Montage in der Gesamtkostenrechnung nieder?

Natürlich verursacht die Montagezarge erstmal einen zusätzlichen Aufwand, aber diese Mehrkosten werden bei einer ehrlichen Gesamtkostenrechnung schnell kompensiert. Der sonst übliche Aufwand für Abkleben, Schutz und Endreinigung der Fensterelemente sowie Reklamationsbearbeitung und Bauverzögerungen kann erheblich verringert werden. Eine Kosten-Nutzen-Studie der TH Rosenheim zwischen der Montage mit bzw. ohne Montagezarge zeigte, dass die Mehrkosten bei Montagen mit Termindruck, im Herbst, Frühjahr oder Winter und höherwertigen Fenstern nur noch zwischen 0,2 und 7,2 % liegen. Wenn dann noch ein Fenstertausch wegen Modernisierung oder Schäden einkalkuliert wird, ergeben sich sogar Einsparungen von 7,1 bzw. 9,1 %. Deshalb bieten Qualitätshersteller die Montage zunehmend mit Montagezarge an.

Was ist beim Baurecht und bei der Vertragsgestaltung zu beachten?

Die zweistufige Montage ist in Deutschland keine Standardmontage, anders als beispielsweise in Italien. Der Montagebetrieb muss den Auftraggeber deshalb auf den Einbau der Fensterelemente in zwei getrennten Arbeitsschritten hinweisen, wenn dies nicht ausgeschrieben ist. Insbesondere ist zu klären, ob ein temporärer Verschluss erforderlich ist und welche Funktionen dieser erfüllen muss, wie z. B. zum Schutz vor Witterung oder Zutritt. Deshalb ist es sinnvoll, wenn die Vorab-Montagezargen als Alternative zusätzlich angeboten werden. Der Bieter kann dem Zusatzangebot Nachdruck verleihen, indem bei der ausschreibenden Stelle Bedenken nach § 4 Abs. 3 VOB/B für die klassische Fenstermontage angemeldet werden, weil diese in vielen Fällen zu Schäden an den Fenstern und damit zu Rechtsnachteilen für den Unternehmer führt.

Fenster werden immer noch häufig in der nassen Bauphase eingebaut. Woran liegt das Ihrer Meinung nach und wie könnten die Beteiligten dazu animiert werden, sich für den zweistufigen Einbau zu entscheiden? Die Vorteile dieser Montageart sind in Deutschland noch zu wenig bekannt, und viele Planer und Bauherren betrachten oft nur die reinen Erstellungs- und nicht die Folgekosten. Ebenso werden die Risiken und Folgekosten von Bauschäden und Bauverzögerungen heruntergespielt, weil diese oft zulasten des Montagebetriebs gehen, der erstmal in der Nachweispflicht ist. Hier sollten Montagebetriebe selbstbewusster auftreten und die Vorteile der zweistufigen Montage vorstellen, aber auch eine ehrliche Gesamtkostenrechnung machen, bei der die Kosten für Abkleben, Schutz und Endreinigung der Fensterelemente sowie die Reklamationsbearbeitung ermittelt werden. Die aktuelle Situation mit Lieferengpässen und Fachkräftemangel bietet hierfür die besten Voraussetzungen.

Das Gespräch führte Julia Ciriacy-Wantrup.

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