Fenstermontage in Ziegelmauerwerk: Gut geplant, ausgeschrieben und ausgeführt

Fenstermontage in Ziegelmauerwerk: Gut geplant, ausgeschrieben und ausgeführt

Energie, Technik & Baustoffe

Fenstermontage in Ziegelmauerwerk: Gut geplant, ausgeschrieben und ausgeführt

Text: Wolfgang Jehl & Jürgen Benitz-Wildenburg | Foto (Header): © ANSELM BAUMGART – stock.adobe.com

Um mit monolithischem Ziegelmauerwerk die Anforderungen der EnEV erfüllen zu können, wurden die Steine in den letzten Jahren wärmetechnisch optimiert, indem die Stege dünner und der Lochanteil größer wurde. Dies führte aber zur Reduzierung der mechanischen Festigkeit. Dadurch wird die Befestigung von Fenstern mit herkömmlichen Methoden immer schwieriger. In einem Forschungsprojekt des ift Rosenheim wurden Empfehlungen für die Befestigung und Bemessungsverfahren entwickelt, validiert und in den kostenlosen ift-Montageplaner integriert.

Auszug aus:

Die gestiegenen und weiter steigenden Anforderungen an den baulichen Wärmeschutz haben zu einer Reduzierung der Wärmeleitfähigkeit von Ziegelmauerwerk geführt. Durch die Erhöhung der Lochanteile, Reduzierung der Stegdicken, geringere Rohdichte der Ziegelmaterialien sowie mit Dämmstoff gefüllte Ziegel können Wärmeleitfähigkeiten von unter 0,10 W/(m K) erreicht werden. Mit der Verbesserung der wärmetechnischen Eigenschaften geht jedoch eine Reduzierung der mechanischen Festigkeiten einher, insbesondere der Dübeltragfähigkeit im Leibungsbereich.

Gleichzeitig nimmt auch das Gewicht von transparenten Bauelementen durch den Einsatz von Dreifachglas, größeren Glasflächen sowie durch höhere Anforderungen an den Komfort (Schallschutz) und an die Sicherheit (Einbruchhemmung) erheblich zu.

Beispielsweise ist eine P4 A Scheibe für ein Fenster mit der Einbruchklasse RC2 um 50 % schwerer (45 kg anstatt 30 kg/m²). All dies führt dazu, dass die allgemeinen handwerklichen Empfehlungen, wie z. B. Abstände, für eine ausreichende Befestigung bei hochwärmedämmendem Ziegelmauerwerk nicht mehr ausreichen. Daher hat das ift Rosenheim das Forschungsvorhaben „Fenstermontage in hochwärmedämmendem Ziegelmauerwerk“ durchgeführt. Das Projekt wurde finanziell gefördert durch die Forschungsinitiative Zukunft Bau, AZ: SWD-10.08.18.7-13.27, die Arbeitsgemeinschaft Mauerziegel e. V. und AdolfWürth GmbH & Co. KG als Projektpartner sowie
durch kostenlos zur Verfügung gestellte Prüfelemente der Firmen Kneer-Südfenster, Heroal und VEKA.

Beispielhafte Darstellung von Leibungssteinen mit einseitig verstärkten Wänden bei hochwärmedämmendem Ziegelmauerwerk (links: Großkammerziegel gefüllt, rechts: filigraner Ziegel ungefüllt)
FOTO: IFT ROSENHEIM

Lasten am Fenster (links: Eigengewicht, Mitte: Lasten durch geöffneten Flügel, rechts: Lasten durch Wind)
ABBILDUNGEN: IFT ROSENHEIM

Lastverhältnisse und Verformungsverhalten

Im Forschungsprojekt wurden wichtige Grundlagen für die auftretenden Lasten und Lasteinleitungen erarbeitet, da diese eine direkte Auswirkung auf die Tragfähigkeit des Gesamtsystems, die Befestigungsmittel und die Ziegelwand haben. Diese Lasten können durch das Eigengewicht und durch äußere Einwirkungen, wie Belastung durch Personen und Wind, hervorgerufen werden. Wichtig ist dabei, die Wirkungsrichtung der einwirkenden Kräfte und der resultierenden Auflagerkräfte in oder rechtwinklig zur Fensterebene zu beachten.

Um die Analyse der auf das Fenster bzw. die Befestigungspunkte einwirkenden Lasten zu vereinfachen, wurden ein typisches Fenster und folgende baupraktische Annahmen definiert:

  • Standard Isolierglas (Dreifach-Verglasung 4/SZR/4/SZR/4) 30 kg/m²
  • Profilgewicht 5,5 kg/lfm
  • vertikale Nutzlast mit 0 und 600 N (Klasse 3 nach EN 13115)
  • Windlast B3 (nach EN 12210) ≥ 1,11 kN/m²
  • keine absturzsichernde Funktion
  • Position und Abstand der Befestigungsmittel entsprechend den Empfehlungen des RAL-Leitfadens zur Montage

Eine Analyse der an den Befestigungspunkten auftretenden Lasten zeigte einen erheblichen Einfluss der Belastungsart und des Fensterformats (siehe Abb. oben). Daneben wurde die Tragfähigkeit ausgewählter Befestigungsmittel in unterschiedlichen Steinen ermittelt. Dabei wurden auch Untersuchungen an Leibungssteinen von „Großkammerziegeln“ (Hohlräume mit Dämmstoff gefüllt) sowie von „filigranen Ziegelsteinen“ (mit/ohne Füllung) durchgeführt. Dies erfolgte für Querzug (Belastung bei Montage mit Maueranker) und Biegebelastung des Befestigungsmittels (Belastung bei Montage mit Rahmendübel). Darauf aufbauend wurden an kompletten Bauteilen, bestehend aus gemauertem Ziegelverband mit eingebautem Fenster, Untersuchungen zum Verformungsverhalten und zur Dauerhaftigkeit durchgeführt.

Die durchgeführten Bauteilversuche zeigten, dass eine dauerhafte Befestigung grundsätzlich möglich ist, insbesondere in Leibungssteinen mit dickerer Wandstärke. Hierbei wurden auch neue Befestigungskonzepte für örtliche Lastkonzentrationen berücksichtigt. Bei Neuentwicklungen von leichten Ziegelwänden und Leichtbauwänden sollte die Tragfähigkeit (Kleinteilversuch) und die Beurteilung der Dauerhaftigkeit (Bauteilversuch) berücksichtigt werden.

Einfluss des statischen Systems und des Fensterformats auf die Belastung
ABBILDUNG: IFT ROSENHEIM

ABBILDUNG: IFT ROSENHEIM

Ergebnisse und Empfehlungen

Die Analyse der an den Befestigungspunkten auftretenden Lasten führte zu folgenden Erkenntnissen (gültig für die zuvor beschriebenen Annahmen).

WINDLAST
Für ein typisches Fenster (Abmessung ca. 1,2 × 1,4 m) bzw. eine Fenstertür (Abmessung ca. 1,3 × 2,2 m) ergeben sich aus Windeinwirkungen Lasten von 0,4 kN bzw. 0,5 kN bei umlaufender Befestigung sowie 0,6 kN bzw. 0,7 kN bei nur 2-seitiger Befestigung (ca. 50 % Erhöhung), die durch das Befestigungselement abzutragen sind. Prinzipiell kann die durch das Befestigungsmittel abzutragende Last der Windeinwirkung durch die Verwendung von mehreren Befestigungspunkten
reduziert werden.

Versuche zur Ermittlung der Tragfähigkeit und Dauerhaftigkeit der Befestigung bei hochwärmedämmendem Ziegelmauerwerk (links: reiner Querzugversuch, Mitte: Zugversuch mit Biegung des Befestigungsmittels, rechts: Bauteilversuch zur Messung der Verformung bei unterschiedlichen Lasteinwirkungen).
FOTO: IFT ROSENHEIM

FOTO: IFT ROSENHEIM

FOTO: IFT ROSENHEIM

EIGENGEWICHT
Die örtlich auftretenden, horizontalen Lasten aus dem Eigengewicht des geöffneten Flügels nehmen mit der Elementbreite überproportional zu und sind bei liegenden Formaten (B:H = 2:1) um fast 300 % höher (siehe Abb. links).

VERTIKALE NUTZLAST P
Bei einer zusätzlich am geöffneten Flügel zu berücksichtigenden vertikalen Nutzlast P von 600 N liegt für alle Abmessungen die durch das Eigenwicht und die Nutzlast versachte horizontale Last signifikant höher als die Last durch Windeinwirkung. Dies gilt für eine umlaufende und für eine 2-seitige Befestigung. Bemessungskonzept: Für die Bemessung der Befestigung müssen neben der sich flächig verteilenden Windlast auch örtliche Lastkonzentrationen an den Eck- und Scherenlagern zu öffnender Elemente berücksichtigt und ggf. durch spezielle Anordnung der Befestigungsmittel kompensiert werden.

Gruppenbefestigungen zur Lastverteilung bei örtlichen Lastkonzentrationen, wenn ein Befestigungspunkt überfordert ist (links: symmetrische „Über-Eck-Befestigung“ mit Lastverteilung 50/50, rechts: „Doppelbefestigung“, z. B. am Scherenlager, wenn die Variante „Über-Eck-Befestigung“ aufgrund eines Rollkastens nicht möglich ist, mit Lastverteilung 70/30).
ABBILDUNG: IFT ROSENHEIM

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BEFESTIGUNG BEI ÖRTLICHEN LASTKONZENTRATIONEN
Die Last, die durch einen 90° geöffneten Flügel auf die Befestigungspunkte in Nähe des Eck- und Scherenlagers wirkt, ist häufig die maßgebliche Last für die Bemessung dieser Befestigungspunkte. Dies gilt besonders, wenn eine vertikale Nutzlast zu berücksichtigen ist. Dann werden die auftretenden Kräfte bereits für typische Fensterformate so groß, dass die Last nicht mehr von einem einzigen Befestigungspunkt aufgenommen werden kann.

Die Untersuchungen zeigten, dass durch eine „Gruppenbefestigung“ diese Last auf mehrere Befestigungspunkte aufgeteilt werden kann. Eine  symmetrisch aufgeteilte „Über-Eck Befestigung“ ermöglicht eine nahezu gleichmäßige Lastaufteilung (50/50). Eine Lastverteilung kann auch durch eine „Doppelbefestigung“ erfolgen, bei der ein zweiter Befestigungspunkt in einem Abstand von ca. 100 mm zum „Standardbefestigungspunkt“ gesetzt wird. Der zweite Befestigungspunkt reduziert dann die Last auf den „Standardbefestigungspunkt“ auf ca. 70 % (Aufteilung 70/30).

Verformung und Gebrauchstauglichkeit: Bei der Bemessung der Befestigung sind neben der Lastabtragung auch die Grenzzustände der Tragfähigkeit und der Gebrauchstauglichkeit zu berücksichtigen. Nach der ift-Richtlinie MO-02/1 wird eine maximale Verformung von 3 mm am Befestigungspunkt unter Last gefordert, um die Dauerhaftigkeit des Anschlusses sicherzustellen (innere/äußere Abdichtung zwischen Fenster und Mauerwerk). Bei größeren Verformungen ist die Funktion des Abdichtungssystems nicht mehr gewährleistet.

Ist die empfohlene Tragfähigkeit für das Versagen eines Befestigungsmittels im Befestigungsgrund größer als die Kraft für die zulässige Verformung von 3 mm, so erfolgt die Bemessung anhand der Verformung (Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit).

Die Verformung hängt wesentlich von der freien Länge des Befestigungsmittels ab, d. h. von der Breite der Einbaufuge. Es ist daher wichtig, bei der Planung und Bemessung auch die Breite der Einbaufuge zu berücksichtigen und möglichst gering zu halten – natürlich unter Beachtung erforderlicher Mindestfugenbreiten für die Abdichtung.

Zusammenhang zwischen freier Hebelarmlänge und Last für eine Verformung von 3 mm. Neben den Mittelwerten der Messung (ausgefüllte Marker) sind jeweils auch die Einzelwerte eingetragen (nicht ausgefüllte Datenpunkte). Zusätzlich sind Ausgleichskurven unter Annahme eines potenziellen Zusammenhangs eingezeichnet.
ABBILDUNG: IFT ROSENHEIM

Der ift-Montageplaner führt die notwendigen Berechnungen für die Kräfte am Befestigungspunkt durch (statische Bemessung) und ist kostenlos verfügbar (www.ift-montageplaner.de).
ABBILDUNG: IFT ROSENHEIM

Einfache Berechnung mit ift-Montageplanertool

Um die Berechnung der Lasten und die daraus folgenden Vorgaben für die Befestigungsmittel für Planer und Ausführende zu erleichtern, wurden die Berechnungsverfahren in den ift-Montageplaner integriert. Dieser kann kostenlos unter www.ift-montageplaner.de genutzt werden. Damit kann der Architekt bereits in der Planung einfach überprüfen, ob bei der Montage und Befestigung erhöhte Anforderungen und Aufwendungen für die Ausschreibung zu berücksichtigen sind. Die Befestigung in hochwärmedämmendem Ziegelmauerwerk ist gemäß dem Montageleitfaden dem Sonderfall 1 zugeordnet, für den der Montagebetrieb eine statische Bemessung durchführen muss.

Die erforderlichen Daten können einfach über eine Eingabemaske abgefragt werden, u. a. Außenabmessung Fenster, Rahmenwerkstoff, Fensteraufteilung, Gesamtglasdicke, geplante Aufteilung der Befestigungspunkte, Bemessungswindlast und vertikale Nutzlast P. Nach Eingabe der Daten werden die Auflagerkräfte berechnet und in einer Ergebnisübersicht dargestellt, die zu Dokumentationszwecken auch heruntergeladen werden kann. Als Ergebnis werden die maßgeblichen Kräfte je Befestigungspunkt angegeben. Bei Montageplanern, die das ift Rosenheim für diverse Hersteller (Adolf Würth, BTI Befestigungstechnik, Deflex Dichtsysteme, ISO-Chemie, Nüßing, SFS intec) fachlich betreut, werden direkt geeignete Befestigungsmittel vorgeschlagen.

Fazit

Die fachgerechte Befestigung von Bauelementen muss schon bei der Planung und Ausschreibung ernst genommen werden, damit nicht bereits durch die Planung Mehrkosten oder Mängel induziert werden. Die bislang bekannten allgemeinen Regeln der Technik mit standardisierten Befestigungsabständen reichen für die Befestigung in hochwärmedämmendem Ziegelmauerwerk nicht mehr aus, um eine fachgerechte und dauerhafte Befestigung zu gewährleisten. Deshalb sollte der Planer bereits in der Ausschreibung auf den Einsatz spezieller Leibungssteine und erhöhte Anforderungen an die Befestigung hinweisen. Der kostenlose ift-Montageplaner gibt hierbei Unterstützung und ermöglicht eine einfache Ermittlung der Kräfte als Grundlage zur Auswahl der Befestigungsmittel und -abstände. Bei zusätzlichen Anforderungen, wie z. B. Einbruchhemmung oder Absturzsicherung, sollte bereits in der Planungs- und Angebotsphase die grundsätzliche Machbarkeit mit dem Fenster-Systemgeber und dem Hersteller von Befestigungsmitteln geklärt werden.

Über das ift Rosenheim
Das ift Rosenheim ist eine europaweit notifizierte Prüf‑, Überwachungs- und Zertifizierungsstelle und international nach DIN EN ISO/IEC 17025 akkreditiert. Im Mittelpunkt steht die praxisnahe, ganzheitliche und schnelle Prüfung und Bewertung aller Eigenschaften von Fenstern, Fassaden, Türen, Toren, Glas und Baustoffen. Ziel ist die nachhaltige Verbesserung von Produktqualität, Konstruktion und Technik sowie Normungsarbeit und Forschung. Die Zertifizierung durch das ift Rosenheim sichert eine europaweite Akzeptanz. Das ift ist der Wissensvermittlung verpflichtet und genießt als neutrale Institution deshalb bei den Medien einen besonderen Status – die Publikationen dokumentieren den aktuellen Stand der Technik.

www.ift-rosenheim.de/wissen

Die Autoren


Dipl.-Ing. (FH) Wolfgang Jehl
Wolfgang Jehl ist im ift Rosenheim als Produktmanager für den Bereich innere und äußere Abschlüsse, geklebte Verglasungen, Montage und Materialien für den Baukörperanschluss tätig. Als Hauptverfasser des Montageleitfadens und diverser Richtlinien sowie als langjähriger Gutachter gilt er als führender Experte auf diesem Gebiet. Als Referent und Autor sowie in verschiedenen Normungsgremien gibt er seine Erfahrung an die Branche weiter.

Dipl.-Ing. (FH) Jürgen Benitz-Wildenburg
Jürgen Benitz-Wildenburg leitet im ift Rosenheim den Bereich PR & Kommunikation. Als Schreiner, Holzbauingenieur und Marketingexperte ist er seit über 30 Jahren in der Holz- und Fensterbranche in verschiedenen Funktionen tätig. Als Lehrbeauftragter, Referent und Autor gibt er seine Erfahrung weiter.

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