Energie, Technik & Baustoffe
Fassadengestaltung mit Klinkersteinen: Wohnkomplex in Eindhoven
Text: Hagemeister GmbH & Co. KG | Foto (Header): © ANDREAS SECCI
„Die Basis entscheidet mit“ – so lautete das Motto, nach dem die Wohnanlage Space-S in Eindhoven gebaut worden ist. Sieben Gebäude, ausnahmslos mit Sozialwohnungen, gruppieren sich um Grünflächen und bieten den Bewohnern alle Annehmlichkeiten des modernen Wohnens. Die Klinkerfassaden fügen sich dabei perfekt in die bestehende industrielle Backsteinarchitektur ein.
Auszug aus:
QUARTIER
Ausgabe 3.2019
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Geschichtlich gesehen ist Eindhoven eine relativ junge Stadt. 1232 wurden ihr die Stadt- und Marktrechte verliehen. Erst die industrielle Revolution und das Zusammenwachsen der vielen kleinen Dörfer sorgten für ihre heutige Form. Die Ansiedlung der Glühlampenfabrik Philips zog schließlich immer mehr Arbeitnehmer und deren Familien an. Das Philips-Werk steht heute an anderer Stelle in der Stadt. Auf dem ehemaligen Werksgelände „Strijp-S“ entstand in den vergangenen Jahren ein neuer Stadtteil. Hier haben die Architekten des örtlichen Architekturbüros Inbo einen Wohnkomplex errichtet, der nach dem Bottom-up“-Prinzip realisiert wurde: Nicht allein der Bauherr oder der Architekt entscheidet, wie das Endprodukt aussieht – die späteren Bewohner hatten vielmehr vielfältige Vorschlags- und Mitspracherechte, unter anderem über Facebook und bei Design-Workshops.
Auf diese Weise wurde unter anderem entschieden, dass die verschiedenen Bewohnertypen, wie z. B. Senioren, Studenten oder Menschen mit Behinderung, nicht nach Gebäuden separiert werden sollten. Jedes Gebäude bietet unterschiedliche Wohnungsarten, von einfachen Studentenwohnungen über Appartements bis hin zu großzügigen Lofts, in denen bunt gemischt verschiedene Alters- und Sozialgruppen wohnen. Insgesamt wurden so 402 Sozialwohnungen realisiert, deren Bewohner sich verschiedene Gemeinschaftsräume teilen. Die einzelnen Wohngebäude gruppieren sich dabei um begrünte Höfe. Zudem können die Bewohner auf zwei Terrassen zurückgreifen, die sich auf den Dächern der Parkgaragen befinden. Es gibt eine aktive Bewohnerschaft, und die gemeinschaftlichen Einrichtungen werden intensiv genutzt.
Klinker passt zur DNA des Orts
Die Gebäudeteile an der Torenallee, die eine der Hauptachsen der Siedlung bildet, sind höher gehalten. Großzügige Eingänge prägen die Fassade und greifen den Charakter der übrigen Bebauung der Straße auf. Auf der Südseite sind die Bauten niedriger – hier wird die Verbindung zum Wohngebiet, das sich auf der anderen Straßenseite anschließt, deutlich. Die Entscheidung der Bewohner, bei fast allen Wohnhäusern Klinker als Fassadenmaterial zu wählen, war im Zuge der gemeinsamen Konzeptentwicklung gefallen: „Sie haben intensiv über die gewünschte Ausstrahlung der Gebäude nachgedacht. Sie sollte v. a. zur bestehenden DNA des Orts – die industrielle Backsteinarchitektur von Strijp-S – passen“, so Projektarchitekt Aron Bogers von Inbo. Die einzelnen Baukörper durften sich unterscheiden, allerdings sollten sie auch als Ensemble erkennbar sein. „Das bedeutet, dass an den Fassaden kein wilder Klinkermix verwendet wird, sondern pro Gebäude eine Sortierung eines Produzenten, die sichtbar eine Steinfamilie formen“, erklärt Bogers.
Kohlebrandakzente bilden roten Faden
Alle Sortierungen haben den Kohlebrand gemein, der sowohl dem einzelnen Stein als auch der Fassade als Ganzes eine raue und ursprüngliche Optik verleiht. Ruhrerde z. B. besticht mit seinen warmen Brauntönen und den Kohlebrand-Aufschmauchungen, die beinahe anthrazitfarben schimmern. Durch die zusätzliche Verarbeitung mit der Fußseite ergeben sich auch bei der Oberfläche feine Changierungen. Die Sortierung Farsund hingegen lockert den Komplex mit hellen Grau- und Weißtönen auf, die einen nordisch-rauen Charme einbringen und deren Oberfläche unregelmäßige Kanten aufweist, die an den Manufakturcharakter traditioneller Handstrichziegel erinnern. Die verschiedenen Sortierungen ergeben laut Bogers eine Farbkomposition mit deutlichem Bezug der Gebäude zur Umgebung: „Erst von Nahem betrachtet, offenbaren sich die Unterschiede“, erläutert Bogers, „Bei einem Block haben wir den Klinker mit der Fußseite verarbeitet, um die Fassade gelber erscheinen zu lassen, bei einem anderen nutzten wir einen helleren und längeren Klinker ohne Stoßfugen, sodass wir eine Fassadenansicht mit betonten Läuferfugen haben“.
Die Arbeit von Bewohnern, Bauherren und Architekten hat sich gelohnt. Das Gebäudeensemble ist mit dem „Dirk-Roosenburg-Prijs 2017“ ausgezeichnet worden; zudem hat es den niederländischen Architektenpreis „BNA Bestes Gebäude 2018“ in der Kategorie „Lebensqualität und sozialer Zusammenhalt“ gewonnen und wurde dort auch mit dem Publikumspreis geehrt. Die Klinkersortierungen von Hagemeister wurden gekonnt eingesetzt und verleihen dem Komplex einen einheitlichen und gleichzeitig individuellen Look.
Projektdetails
Architekt Inbo Architecten, Eindhoven |
Formate NF (240 × 115 × 71 mm), BNF SF (240 × 70 × 71 mm), WF (210 × 100 × 52 mm), ModF (290 × 90 × 52 mm) |
Auftraggeber Wohnungsbaugesellschaft Woonbedrijf |
Verklinkerte Fassadenfläche ca. 12.000 m² |
Klinker Lübeck GT NF, Liverpool GT BNF SF, Rostock FU WF, Weimar HS ModF, Farsund HS WF, Ruhrerde GT+FU NF, Gent FU WF der Firma Hagemeister |
Hagemeister GmbH & Co. KG
Seit über 100 Jahren produziert das Nottulner Klinkerwerk Hagemeister Fassadenklinker und Pflasterklinker. Das Sortiment umfasst mehr als 300 Farben, Formate und Strukturen zur Gestaltung mit Fassadenklinker sowie ein facettenreiches Sortiment an Pflasterklinker. Etwa 100 Millionen Klinkereinheiten pro Jahr liefert das Unternehmen mit über 180 Mitarbeitern zu Bauwerken in alle Ländern der Erde.
www.hagemeister.de