Kosten & Finanzierung
Einspar-Contracting als Finanzierungslösung: Das Potenzial von Contracting
Text: Arthur Dornburg | Foto (Header): © BOYKOWIT – STOCK.ADOBE.COM
Das GEG stellt die Immobilienwirtschaft vor große Herausforderungen. Aber auch Investitionsstau und die zunehmende Komplexität von technischen Lösungen stellen Hemmnisse der Energiewende dar. Einspar-Contracting kann dabei helfen, diese Herausforderungen zu meistern.
Auszug aus:
QUARTIER
Ausgabe 1.2025
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Zur Dekarbonisierung der Immobilienwirtschaft ergeben sich klare Vorgaben aus dem GEG. Zunächst beherrschten Verwirrung und Ablehnung die Berichterstattung. Bei nüchterner Betrachtung stellen sich jedoch zahlreiche Optionen an technischen Lösungsansätzen dar. Dazu kommen zusätzliche Vereinfachungen durch Fristverlängerungen, Förderungen und die Verknüpfung mit der Kommunalen Wärmeplanung. Öffentliche Diskussion offenbart oft eine ideologische Betrachtungsweise einzelner Technologien und Vorlieben. Darüber hinaus werden Ängste geschürt über zu erwartende Mehrkosten. Auch hier halten die Ausführungen einer sachlichen Betrachtung meist nicht stand. Ebenso werden Anforderungen aus dem GEG mit dem leider oft vorhandenen Investitionsstau in einen Topf geschmissen. Dabei können die reinen GEG-Anforderungen bei cleverer Projektgestaltung im Idealfall ohne Mehrkosten realisiert werden. Die Finanzierungskosten samt Abschreibung können also durch Einsparungen aufgefangen werden. Selbst bei einer 100 %-Finanzierung wäre die Tilgungsrate dann kleiner als die Einsparung.
Abbau von Investitionsstaus im Gebäudesektor
Wenn die Anforderungen und Vorgaben dennoch gescheut oder verzögert werden, bietet sich als Alternative die Umsetzung mit einem Partner im Rahmen eines Einspar-Contractings an. Schon in der Vergangenheit dienten Contracting-Verträge als Instrument der Projektfinanzierung. Die Refinanzierung beim Einspar-Contracting erfolgt mithilfe der durch Effizienzmaßnahmen reduzierten Energiekosten.
Bei den o. g. GEG-Maßnahmen handelt es sich um eine Kombination aus Energielieferung (Anlagen-Contracting) und Einspar- Contracting. Dies folgt der Logik, dass die beste Energie immer noch die nicht verbrauchte Energie ist. Einspar-Contracting ist somit ein sehr nachhaltiges Geschäftsmodell, welches nicht nur von der verkauften Energie (Anlagen-Contracting), sondern auch von der eingesparten Energie (Einspar-Contracting) lebt. Im Einspar-Contracting muss sich eine Effizienzmaßnahme in vergleichsweise kurzer Zeit amortisieren. Es wird eine Vertragslaufzeit von max. fünf bis sieben Jahren angestrebt. Größere Investitionen, wie komplette Heizungsanlagen, gleichen schon eher dem Anlagen-Contracting. Beim Anlagen-Contracting beträgt der Vertragszeitraum i. d. R. 15 Jahre, liegt also unter der Lebensdauer der neuen Anlagen, ermöglicht jedoch mehr Gesamteinsparung auf die Laufzeit. Somit können ebenfalls größere Neuanschaffungen oder Ersatzinvestitionen bei entsprechender Effizienz komplett über das Contracting refinanziert werden. Bei der Kombination von Anlagen- und Einspar-Contracting empfiehlt sich ebenfalls eine Vertragslaufzeit von 15 Jahren.
Geschäftsmodelle rund um das Energie-Contracting hatten zunehmend das Problem eines schlechten Rufs. Dies führte teils zu einem starken Rückgang des Geschäftsfelds. Ursache waren Praxisbeispiele mit Einsparzielen, die nicht eingehalten oder nachgewiesen werden konnten, oder Energielieferverträge zu hohen Konditionen. Diese Kosten wurden dann auf Mieter umgelegt. Insbesondere Ankermieter der Immobilienwirtschaft reagierten hier in ihren Mietverträgen mit Ausschlussklauseln in Sachen Contracting. Um dies zu vermeiden, muss glaubhaft nachgewiesen werden das solche Vertragsmodelle nicht zulasten der Mieter umgesetzt werden. Grundlage sind hier effiziente und wirtschaftliche Lösungen.
Brücke widersprüchlicher Interessen
Mieter können nicht oder nur sehr eingeschränkt in Effizienzmaßnahmen investieren. Der Handlungsspielraum beschränkt sich auf die Anschaffung effizienter Geräte, Leuchtmittel und neuerdings in sog. „Balkon-PV-Anlagen“. Darüber hinaus können Mieter nur im Rahmen des Nutzerverhaltens Einsparungen realisieren.
Im Gegenzug ergeben Effizienzmaßnahmen für den Vermieter nur dann Sinn, wenn er nicht gänzlich auf den Investitionen sitzen bleibt. Dies wäre der Fall, wenn ausschließlich der Mieter von den Einsparungen profitiert. Wenn der Vermieter eine aufwendige Sanierung durchführt und finanziert, erhöht er zwar den (Buch-)Wert seiner Immobilie, kann die Investitionen aber nur sehr begrenzt an die Mieter weitergeben. Ein Großteil des riesigen Sanierungsstaus in der Immobilienwirtschaft dürfte hier seine Ursache haben und wird somit zum Hemmnis einer erfolgreichen Energiewende.
Das Einspar-Contracting ist eine Möglichkeit, diesen Interessenkonflikt inkl. Sanierungsstau aufzulösen. Notwendige Effizienzmaßnahmen können durch das Einbinden eines Contractors realisiert und die anfallenden Investitionskosten werden ganz oder teilweise in den (Nutzenergie-) Rechnungen enthalten sein. Der Eigentümer bleibt also nicht ungewollt auf seinen Investitionen sitzen. Dies ist dann vergleichbar mit einer Fern- oder Nahwärme-Rechnung. Hier sind im Leistungspreis Kosten der Energieerzeugung anteilig enthalten. Einziger Unterschied ist, dass bei der Fern- oder Nahwärme das Heizkraftwerk extern ist und bei der o. g. Sanierungsmaßnahme es sich um die Heizung im eigenen Keller handelt. Schnittstellen und Übergabepunkte sind technisch und vertraglich vergleichbar.
Um die o. g. Missstände zu vermeiden, sollte eine „goldene Regel“ eingehalten werden. Es ist zu beachten, dass Mieter nicht benachteiligt werden und sich die Nebenkosten inkl. investiver Kostenbestandteile nicht über den bisherigen Kosten bzw. Marktpreisen liegen.
Um dies sicherzustellen, ist eine Baseline, die von Mieter und Vermieter gleichermaßen verstanden und akzeptiert wird, unabdingbar. Bei Immobilien im Bestand ist dies einfach umzusetzen. Auf Grundlage der bisherigen Jahreskosten, ggf. inkl. indizierter Preisanpassung, können die Energielieferpreise ermittelt und verglichen werden. Bei Neubauprojekten gibt es diese gemeinsamen Erfahrungswerte nicht. Hier muss dann über Kennzahlen und Benchmarks eine Baseline ermittelt werden. Für ein erfolgreiches Contracting ist die Qualität und Erfahrung der Projektanten und Projektentwickler unabdingbar. Ein Win-win-Ergebnis kann es nur geben, wenn ausreichend Einsparungen zu angemessenen Kosten realisiert werden. Nur auf Grundlage solcher realen und großen Einsparungen gibt es etwas zu verteilen. Ohne diese nachgewiesenen Einsparungen bleibt Contracting ein „Schwarzer Peter“-Spiel. Schlecht umgesetzte Effizienzmaßnahmen, bei denen Investitionsbestandteile im Contracting aufgenommen wurden, deren Einspareffekt ausbleibt, führen zu Mehrkosten. Das Ergebnis sind Mietkürzungen und Ärger in der Nebenkostenabrechnung. Darüber hinaus beschädigt das erneut dem Ruf des Contractings.
Komplexe Technologien und Lösungen
„Intelligente Energiekonzepte“ steigern häufig den Komplexitätsgrad einer Anlage. Gerade in Bestandsgebäuden stoßen Lösungen, die ausschließlich auf Wärmepumpen (WP) setzen, schnell an ihre Grenzen bzw. werden unwirtschaftlich. Neben hohen Investitionskosten, die z. T. an überdimensionierten Anlagen liegen, kommen hohe Betriebskosten hinzu. Der zusätzliche Strombedarf der WP sollte daher durch eigene PV gedeckt werden. Oft ist dies nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich. Selbst wenn ein relevanter Anteil durch eigenen PV-Strom in der Jahresbilanz ausgewiesen werden kann, bleibt die saisonale Verwerfung. Im Winter fehlt der Eigenstrom für die WP und im Sommer müssen Überschüsse ins Netz gespeist werden. Kombilösungen aus WP und BHKW bzw. KWKK können hier Abhilfe schaffen. Sie kombinieren die Vorteile zweier Technologien und erhöhen die Versorgungssicherheit.
Ein weiterer Aspekt ist die Auslegung und Vorhaltung der Spitzenlast. Wärmepumpen sind in der Anschaffung sehr teuer. Es ist somit zu prüfen, ob diese dann zwingend auf die Spitzenlast ausgelegt werden müssen. Eine Leistungsreduktion der WP durch eine Kombination mit Gaskesseln zur Spitzenlastabdeckung ist nicht zu empfehlen und schon gar nicht nachhaltig und zukunftssicher.
Viel intelligenter und wirtschaftlicher ist die Kombination einer reduzierten WP-Leistung mit Power to Heat (P2H) und einem großen (Schicht-)Wärmespeicher. Der Wärmespeicher vermeidet das Takten der WP und erhöht somit im Betrieb den Wirkungsgrad und vermeidet Instandhaltungskosten. Durch die Einbindung des P2H in den Flexibilitätsmarkt (Regelenergie) kann dieser netzdienlich betrieben werden und „verdient sein Geld“ im Idealfall von allein. Die Realisierung und der Betrieb solcher markt- und netzdienlichen Konzepte setzt jedoch ausreichend Erfahrung im Umgang mit den energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen voraus. Die Auswahl o. g. Lösungen stellen leider oftmals die herkömmlichen Projektpartner vor große Herausforderungen. Dies betrifft sämtliche Projektphasen, von der Planung über den Bau bis hin zum Betrieb. Schnell können diese von den bekannten Projektpartnern und Kollegen nicht mehr bewältigt werden. Aus diesem Grund kann das frühzeitige Einbinden eines mit der gewünschten Technologie erfahrenen Energiedienstleisters (Contractors) möglicherweise sinnvoll sein. Somit kann das Einspar-Contracting dabei helfen, die Anforderungen und Vorgaben aus dem GEG zeitnah umzusetzen. Es ist dann sogar ein großer Faktor für eine schnelle, bezahlbare und erfolgreiche Energiewende in der Immobilienwirtschaft.
Angebotseinholung und Vergabe von Contracting-Maßnahmen
Zunehmend erkennen Auftraggeber, dass es auf Anfragen für Contracting-Angebote fast keine Rückmeldungen gibt. Ursache sind oft fehlende Ausschreibungsunterlagen und Vorgaben. Ungeachtet der Anzahl von Angeboten würde das eine Auswertung und einen qualifizierten Angebotsvergleich unmöglich machen. Im Gegenzug nutzen einige Contractoren diese Situation für „Exklusivangebote“. Oft lassen sie sich die Angebotserstellung hier noch bezahlen. Ob dies für den Auftraggeber zu den gewünschten Vergabeergebnissen führt, ist mehr als fraglich. Dies bedeutet, dass ein Auftraggeber nicht um die Erstellung einer Ausschreibungsunterlage mit klaren Vorgaben und Leitplanken kommt. Es muss keine im Detail fertige Planung sein, wie sie klassische TGA-Büros erstellen. Im Gegenteil, auf Grundlage eines Vorentwurfs und relevanten Leitplanken können vergleichbare Preise eingeholt, aber gleichzeitig den Bietern Freiheitsgrade für Alternativen gelassen werden. Nur so kann ein Optimum an Ergebnis vom Markt abgefragt werden. Zur Erstellung der Ausschreibungsunterlagen erfordert es neben der Kompetenz zur Projektentwicklung komplexer Lösungen und den Erfahrungen mit dem Geschäftsmodell Contracting auch eine gute Marktkenntnis, verbunden mit der erforderlichen Neutralität. Über solch ein Know-how verfügen nur wenige Ingenieurgesellschaften.
Ein weiterer Lösungsansatz in der Immobilienwirtschaft ist die Abwicklung des Contractings über interne „Energy GmbHs“. Dies ist ein Resultat bereits genannter Fehlentwicklungen und ermöglicht die Realisierung der anstehenden Herausforderungen bei gleichzeitiger Option, Investitionen für Effizienzmaßnahmen umlegen zu können.
Effizientes Contracting, das klimafreundliche Investitionen ermöglicht, kann offensichtlich weiterhin als Wachstumsmarkt die Energiewende unterstützen. Hier spielt es dann auch keine Rolle ob für das Contracting ein externer Energiedienstleister beauftragt wird, eine „Inhouse-Lösung“ bei den Immobilieneigentümern selbst den Anlagenbau umsetzt oder eine Kombination von beiden Modellen bevorzugt wird.
Der Autor
Arthur Dornburg
ist Geschäftsführer der Bluemove Consulting GmbH & Bluemove Mobility GmbH. Der leidenschaftliche Pionier im Bereich erneuerbarer Energien verfügt über langjährige Erfahrung im Bereich Biogas und Solartechnik, Energie-Contracting, Blockheizkraftwerke, Energiezentralen und Fernwärmenetze. Er war als geschäftsführender Gesellschafter bei der M+P Gruppe für den Aufbau der E-Mobility-Sparte des Unternehmens verantwortlich.