Städtebau & Quartiersentwicklung
Werkswohnungsbau bei den Stadtwerken München: Mitarbeiterwohnen
Text: Elisabeth Schropp | Foto (Header): © engel.ac – stock.adobe.com
Dort wohnen, wo man auch arbeitet: Das spart täglich lange Wege, Nerven und Lebenszeit. In einer hochpreisigen Stadt wie München ist das jedoch häufig eine Frage des Geldbeutels. Die Stadtwerke München setzen mit ihrem Werkswohnungsangebot darauf, dass Beschäftigte aller Lohngruppen sich das Leben in der bayerischen Landeshauptstadt leisten können. Sie setzen die „neue Wohnung zum neuen Job“ auch als gutes Argument auf dem Bewerbermarkt ein.
Auszug aus:
QUARTIER
Ausgabe 3.2021
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Die Stadtwerke München (SWM) beschäftigen als eines der größten kommunalen Versorgungsunternehmen in Deutschland knapp 10.000 Mitarbeiter überwiegend in München und der Region. Die Leistungen der SWM berühren nahezu alle Lebensbereiche in der bayerischen Landeshauptstadt. Entsprechend vielfältig sind damit auch die Aufgabenfelder der Beschäftigten: Sie arbeiten in der Energie- und Trinkwasserversorgung, in den 18 Hallen- und Freibädern sowie bei U-Bahn, Bus und Tram der Mobilitätstochter MVG. Die Telekommunikationstochter M-net vernetzt die Stadt auch digital. Neben den klassischen Elementen der Daseinsvorsorge sind die SWM auch in neuen Geschäftsfeldern unterwegs, etwa mit öffentlicher und privater Ladeinfrastruktur für E-Mobilität, dem Mietradsystem MVG Rad oder mit digitalen Entwicklungen wie dem M‑Login, einer Plattform für münchenweite Dienstleistungen.
München wächst seit Jahrzehnten. Damit wachsen auch die Bedürfnisse und Ansprüche ihrer Einwohner. Auch aus diesem Grund suchen die SWM weitere Mitarbeiter. Bei vielen Qualifikationen sind sie allerdings nicht allein auf der Suche: IT-Experten, Ingenieure oder Planer sind gefragte Fachleute – auch andere große Unternehmen in der bayerischen Landeshauptstadt werben um sie.
Ein Plus, mit denen die Stadtwerke auf dem Bewerbermarkt punkten, sind ihre Werkswohnungen. In der hochpreisigen Stadt München trägt der günstige und gleichzeitig hochwertige Wohnraum für SWM Beschäftigte dazu bei, Druck aus dem überhitzten Mietwohnungsmarkt zu nehmen.
Werner Albrecht, SWM Geschäftsführer Personal, Immobilien und Bäder, erläutert: „Wir sind ein Arbeitgeber mit einer riesigen Bandbreite an Beschäftigungsfeldern und konkurrieren mit den hier ansässigen DAX-Konzernen um Mitarbeiter. Wir sehen daher unser Werkswohnungsangebot als eine wesentliche Entscheidungshilfe dafür, sich als Bewerber für uns und unser Gesamtpaket als attraktiven Arbeitgeber zu entscheiden.“ Rund 550 Bestandswohnungen haben die SWM, anders als andere Unternehmen, nie verkauft und gut in Schuss gehalten – ergänzt durch ein umfangreiches Angebot an werkgeförderten bzw. Wohnungen im Eigentum Dritter, die die SWM für ihre Mitarbeiter zur Verfügung stellen.
Seit 2012 bauen sie ihr Wohnungsangebot zudem massiv aus: Aktuell und in den kommenden Jahren entstehen viele Neubauprojekte fürs Mitarbeiterwohnen, verantwortet vom SWM Immobilienbereich. Dessen Leiter Dr. Bernhard Boeck berichtet: „Dafür haben wir den SWM Grundstücksbestand nach Bebauungsmöglichkeiten mit Werkswohnungen abgeklopft.“ Mit Erfolg: 3.000 Mitarbeiterwohnungen sollen es 2030 sein. Dann kann fast jeder dritte Beschäftigte eine Werkswohnung beziehen – je nach Vorliebe im Süden, Norden, Osten und Westen Münchens, im Zentrum oder am Stadtrand.
Für ihr Engagement beim Mitarbeiterwohnen ernten die SWM bundesweit Aufmerksamkeit. Nachdem es in Deutschland jahrzehntelang vernachlässigt worden ist und viele Unternehmen ihren Wohnungsbestand veräußert hatten, erlebt das Thema Werkswohnungen auch angesichts des Fachkräftemangels und des angespannten Immobilienmarkts in Großstädten eine Renaissance.
Die Mieten der SWM Werkswohnungen liegen am unteren Ende des örtlichen Mietpreisspiegels. Zudem sind bei den Neubauten anteilig Wohnungen an soziale Kriterien gebunden und damit noch günstiger vermietbar. Rund 1.000 Wohnungen vermieten die SWM aktuell für die Dauer des Arbeitsverhältnisses. Die Vergabe erfolgt nach einer hausinternen Bewerbung der Interessenten, ausschlaggebend sind soziale Kriterien und die Dringlichkeit. Wer eine Werkswohnung bezieht, darf dort wohnen bleiben, solange er Mitarbeiter der SWM ist – und auch, wenn er bei den Stadtwerken München in den Ruhestand geht.
Dantestraße in Gern: Temporäres Wohnen
Eine Ausnahme vom unbefristeten Wohnen stellt das farbenfrohe Haus in der Dantestraße 4 dar: Nur eine U‑Bahnstation von der SWM Zentrale entfernt, steht im historisch geprägten Stadtteil Gern im Norden eine Wohnanlage mit 56 Einheiten, die 2019 erstbezogen wurde. Sie sticht in der Umgebung heraus, ebenso im Werkswohnungsportfolio der SWM: Das Apartmenthaus mit kleinen, möblierten Wohneinheiten richtet sich als erste „Andockstation“ speziell an neue Mitarbeiter, die für ihren Job aus anderen Regionen herziehen. Zudem können Auszubildende dort günstige WG-Zimmer mieten – was mit einem Azubi-Gehalt in München ansonsten schwer möglich wäre. Längstens ein Jahr laufen die Mietverträge in der Dantestraße. Die Azubis bekommen die Zimmer für die Zeit ihrer Ausbildung. Von hier aus können sie sich in Ruhe nach einer dauerhaften Wohnung auf dem freien Mietmarkt umsehen oder für eine der regulären Werkswohnungen bewerben.
Auf einem 2.000 m² großen Gelände, das direkt ans Freigelände des Dantebads angrenzt, entwarfen Maisch Wolf Architekten das vierstöckige Gebäude. Die Umsetzung erfolgte in einer Arbeitsgemeinschaft mit Planlust Architekten, gesteuert vom SWM Immobilienbereich. Zuvor befanden sich dort neben Fahrradstellplätzen Lagerschuppen fürs Dantebad. Da der direkt darunter verlaufende U-Bahntunnel hier einen Tiefbau verhinderte, wurde das Gebäude aufgeständert und bietet so einen überdachten, frei zugänglichen Abstellplatz für Fahrräder der Bewohner sowie der Freibadgäste. Die immense Zahl von 350 Radstellplätzen wird vor allem an den heißen Tagen im Jahr ausgeschöpft – dann befindet sich direkt neben dem Gebäude der Sommereingang des beliebten Freibads. Zudem befinden sich im Erdgeschoss 14 Pkw-Stellplätze, zwei davon sind fürs E-Laden vorbereitet. Dadurch, dass das Gebäude als Wohnheim klassifiziert ist, entfällt hier der ansonsten bindende Stellplatzschlüssel.
Die Wohnungen in der Dantestraße 4 sind hochwertig möbliert und mit einer Kochnische oder Küche, Parkettboden und Fußbodenheizung ausgestattet. Im Haus gibt es mehrere Gemeinschaftsräume sowie zwei Dachterrassen. Mieter können eigene Loggias nutzen, die sich auf der vom Freibad abgewandten Hausseite befinden. Lediglich die Laubengänge mit Erschließungswegen, die Badezimmerfenster und die Wohnungseingänge zeigen Richtung Freibad.
Mit der Farbgestaltung der Loggias an der Dantestraße in Blau, Gelb, Orange und Grün sowie Farbbändern an den Laubengängen wird an die Farben der Olympischen Spiele von 1972 in München erinnert – das Dantebad war ein Trainings- und Austragungsort neben dem nahegelegenen Olympiapark. Die Photovoltaik-Anlage deckt Bedarfe des Gebäudes und speist Ökostrom ins Münchner Netz ein.
Mit seinen 56 Wohneinheiten liegt der Bau in der Dantestraße im mittleren Größensegment. Es gibt auch kleinere und – vor allem bei den anstehenden Fertigstellungen – deutlich größere Werkswohnungsanlagen. Die Wohnungsgrößen in den Gebäuden variieren, von einem Zimmer für Singles bis zu familiengerechtem Wohnraum mit vier oder fünf Zimmern. Am meisten nachgefragt sind jedoch die Zwei- und Drei-Zimmer-Angebote.
Eine Besonderheit unter den „neuen“ Werkswohnungsbauten stellt auch ein Gebäude in der Isoldenstraße dar, das in unmittelbarer Nachbarschaft zum Schwabinger Krankenhaus liegt. Die acht dort entstandenen Werkswohnungen, die im Jahr 2015 an die Mieter übergeben wurden, liegen in einem historischen ehemaligen Betriebsgebäude der SWM.
Die technisch umfassende Generalsanierung musste aufgrund des Denkmalschutzes gestalterisch sehr behutsam umgesetzt werden. Neben der Generalsanierung der Bausubstanz wurde zusätzlich das Dachgeschoss ausgebaut, Dachterrassen eingefügt sowie für jede Wohneinheit Balkone realisiert.
Die Neubauten der SWM sind der jeweiligen Bebauungsfläche und Umgebung angepasst. Wo es möglich und sinnvoll ist, werden zudem Anlagen zur Wärmeerzeugung mit erneuerbaren Energien oder Mobilitätskonzepte zur stadtfreundlichen Fortbewegung direkt integriert. So geschehen auch in der Netzerstraße 71 in München-Moosach, einem Stadtteil im Nordwesten Münchens. Nur drei Trambahnstationen entfernt liegt die SWM Zentrale. Auf dem nördlichen Bereich des Grundstücks steht ein Umspannwerk der SWM. Auf dem südlichen, rund 1.500 m² großen Teil entstand ein Gebäude mit 20 Wohneinheiten und Tiefgarage. Das Haus wurde von Maisch Wolf Architekten geplant und von einem Generalunternehmer realisiert. Schlüsselübergabe an die Erstmieter war im Jahr 2016.
Das modern umgesetzte Laubenganggebäude umfasst vier Geschosse. Die Wohneinheiten gliedern sich in zwölf Ein-Zimmer-Wohnungen, eine Zwei- und sechs Drei-Zimmer-Wohnungen sowie eine Vier-Zimmer-Wohnung, jeweils mit Loggia oder Dachterrasse ausgestattet. Alle Geschosse sind mit einem Lift schwellenlos zugänglich. Ein Drittel der Wohnungen ist barrierefrei ausgestaltet.
Heizung und Warmwasserbereitung werden durch eine thermische Solarkollektoranlage auf dem Dach unterstützt. Kombiniert mit einem Gas-Brennwertkessel senkt das den konventionellen Energieverbrauch.
In der Netzerstraße wurde auch ein Mobilitätskonzept umgesetzt, das eine Alternative zum eigenen Pkw bietet. Es besteht aus einer MVGRadstation, einer entleihbaren Isar-Card für den ÖPNV und einer Leihautostation des Münchner Carsharing-Betreibers „Stattauto“.
Mitten in der Stadt mit bester ÖPNV-Anbindung liegen die in zwei Bauphasen errichteten Werkswohnungen in der Kuglerstraße (siehe Titelbild). Die zusammen 36 Wohneinheiten auf fünf Geschossen befinden sich in München-Haidhausen, unweit des Max-Weber-Platzes. Das Areal wurde zuvor vor allem als Lagerfläche eines Steinmetzbetriebs genutzt. SWM Immobilien- Geschäftsführer Werner Albrecht betont: „Besonders erfreulich ist, dass wir hier weitere geförderte Wohnungen im ‚München Modell Miete‘ bereitstellen können. Auch Mitarbeiter aus niedrigen Einkommensgruppen haben hier also die Möglichkeit, zentral und günstig zu wohnen.“
2016 wurde die Hausnummer 7 bezogen, 2018 folgte die Nr. 5. Die Wohneinheiten sind zwischen 54 und 140 m² groß, alle Geschosse und Wohnungen sind barrierefrei zugänglich. Auch hier verfügen sämtliche Wohnungen über eine Loggia oder Dachterrasse. Im geschützten Innenhof ist ein Kinderspielplatz angelegt. Zum Haus gehören Tiefgaragen- und Fahrradabstellplätze. Beide Gebäude sind von Maisch Wolf Architekten geplant. Die Besonderheit hier: Das Erdgeschoss prägt eine Laden- und Büroeinheit.
Ausbauziel: 3.000 Mitarbeiterwohnungen
Aktuell und absehbar wird das Portfolio der SWM um große Werkswohnungsbauten ergänzt – wichtige Meilensteine, um dem Ausbauziel mit 3.000 Wohnungen einen großen Schritt näher zu kommen: 114 Wohnungen und eine Kindertagesstätte sind auf einem ehemaligen Tennisplatz in der Postillonstraße im Stadtteil Neuhausen-Nymphenburg entstanden. Ebenfalls noch 2021 können 20 Wohnungen in der Kathi-Kobus-Straße in München Schwabing bezogen werden. 2022 folgen in der Hanauer Straße 118 Werkswohnungen, an den neuen Busbetriebshof angrenzend und ebenso wie die Postillonstraße in Laufweite zur Unternehmenszentrale. Im Herzen der Stadt, unweit des Königsplatzes, steht dann 2023 der Bezug von 85 Neubauwohnungen auf dem Gelände eines ehemaligen Heizkraftwerks an. Auch hier wird eine große Kindertagestätte integriert, die von der Landeshauptstadt München betrieben wird.
Eine Krippe eigens für SWM Mitarbeiterkinder gibt es übrigens auch. Die moderne Tagesstätte befindet sich in einem denkmalgeschützten Gebäude – einer ehemaligen „Direktoren-Villa“ des früher hier beheimateten Gaswerks – auf dem Gelände der SWM Zentrale: die „SWM Kindervilla“.
Die Autorin
Elisabeth Schropp
Elisabeth Schropp, seit elf Jahren bei der SWM, ist als Architektin und Stadtplanerin im Immobilienbereich für die Werkwohnungsoffensive verantwortlich.