Kosten & Finanzierung
Kosten-Nutzen-optimierte Wohnungstrenndecken für den Holzbau: Schallschutz
Text: Prof. Dr.-Ing. Andreas Rabold, Adrian Blödt | Foto (Header): © ARTO – stock.adobe.com
Rasant steigende Baupreise führen derzeit in vielen Fällen zur Rückstellung von Bauvorhaben und zu einem starken Rückgang der Baukonjunktur. Gleichzeitig wird dringend bezahlbarer Wohnraum benötigt und politisch gefordert. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, das Einsparpotenzial in allen Bereichen des Bauwesens auszuschöpfen. Der folgende Beitrag zeigt Möglichkeiten der Kostenreduktion für Trenndecken in Holzbauweise auf. Zusätzlich werden die wirtschaftlichen Vorteile einer genaueren Prognose thematisiert und bauseitige Einflussgrößen diskutiert.
Auszug aus:
QUARTIER
Ausgabe 4.2024
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Die steigenden Baupreise haben schon seit geraumer Zeit Auswirkungen auf die Ausnutzung des Baugrunds durch raumoptimierte Doppel-, Reihen- und Mehrfamilienhäuser sowie auf die Nachverdichtung in Form von Aufstockungen und Parkplatzüberbauungen. Die momentane Entwicklung lässt aber auch die Notwendigkeit der nachzuweisenden Eigenschaften eines Gebäudes überdenken. Während die Anforderungen an das Tragwerk und den Brandschutz nur wenig Spielraum erlauben und auch der Wärmeschutz in Zeiten des Klimawandels kaum Kompromisse zulässt, kann im Bereich der Bauakustik auf den ersten Blick ohne Gefahr für Leib, Leben und Umwelt über drastischere Maßnahmen nachgedacht werden.
Werden bestimmte Grenzen überschritten, so sind jedoch auch beim Schallschutz unmittelbare gesundheitliche Folgen für den Bewohner zu beobachten. In einer zusammenfassenden Studie des Umweltbundesamtes wird dargelegt, dass chronischer Lärm nicht nur die Lebensqualität und das subjektive Wohlbefinden auf vielen Ebenen negativ beeinflusst, sondern auch das Herz-Kreislauf-System beeinträchtigt und den Schlaf stört [1]. So bewirkt ein Anstieg des Straßenverkehrslärms um 10 dB eine Risikoerhöhung von Herzinfarkten bzw. Schlaganfällen um 6 bis 15 %. Erste vegetative Reaktionen werden bereits ab einem A-bewerteten Maximalschallpegel im Innenraum LAF,max = 32 dB festgestellt. Die Grenze für Schlafstadienwechsel, verfrühtes Erwachen am Morgen, Bluthochdruck und Herzinfarkt beginnt bei LAF,max = 35 dB bis 50 dB [2]. Die Symptome des Schlafstadienwechsels und Aufwachens treten bekannterweise auch bei Nachbarschaftslärm durch Luft- und Trittschallübertragungen der Trennwand oder -decke auf.
Vor diesem Hintergrund erscheinen die in DIN 4109-1 angegebenen Mindestanforderungen an den Schallschutz, die den Bewohner lt. Präambel vor unzumutbaren Belästigungen schützen sollen, in einem anderen Licht. Weiterführende Zielwerte, die im Bereich des Komfortschallschutzes liegen und frei zu vereinbaren sind, können im Rahmen eines Kosten-Nutzen-optimierten Bauens jedoch durchaus hinterfragt und angepasst werden, soweit dies dem Bauherrn und Bewohner nachvollziehbar vermittelt wird. Besonders hervorzuheben ist dabei eine sinnvolle Vereinbarung zum Schutz gegenüber tieffrequenten Gehgeräuschen.
Zielwerte für kostenoptimierte Trenndecken
Eine solide bauakustische Planung sollte immer mit der Festlegung sinnvoller Zielwerte für den Schallschutz beginnen. Die festgelegten Zielwerte sollen den Schutz der Bewohner vor unzumutbaren Belästigungen aus fremden Wohn- und Arbeitsbereichen gewährleisten. Um dies auch für den Trittschallschutz von Trenndecken zu erreichen, hat es sich in der bauakustischen Planung für den Holzbau als sinnvoll erwiesen, neben den normativen Anforderungen an den zulässigen Norm-Trittschallpegel in der Bausituation (zul. L’n,w) einen weiteren Zielwert festzulegen. Dieser bewertet die direkte Übertragung der Decke inklusive Spektrumanpassungswert (Ln,w + CI,50-2500). Durch die Berücksichtigung des Spektrumanpassungswerts CI,50-2500 ab 50 Hz kann für die vorwiegend tieffrequente Trittschallanregung gehender Personen eine verbesserte Korrelation zwischen dem gewählten Zielwert und dem von den Bewohnern wahrgenommenen Trittschallschutz erreicht werden. Abbildung 1 zeigt den Zusammenhang zwischen dem Ln,w + CI,50-2500 und dem A-bewerteten Trittschallpegel durch eine gehende Person für 35 unterschiedliche Deckenaufbauten in Holzbauweise. Für die direkte Übertragung der Decke kann somit ab einem Zielwert von Ln,w + CI,50-2500 ≤ 50 dB im Mittel ein bei LA,F,max,n ≤ 35 dB erwartet werden.
Während der Mindestschallschutz gesetzlich bindend einzuhalten ist, können die darüber hinausgehenden Schallschutzniveaus vom Bauherrn und Planer festgelegt werden. In [3] wurden hierzu die Schallschutzniveaus Basis+ und Komfort vorgeschlagen und mit einer verbalen Beschreibung des zu erwartenden Schallschutzes verknüpft. Dies erlaubt dem Planer, den Bauherrn ausreichend zu informieren und ihm die Entscheidung zu überlassen, welches Niveau für das geplante Bauvorhaben sinnvoll ist.
Das Schallschutzniveau BASIS+ greift für den L’n,w den Mindestschallschutz nach DIN 4109-1 auf und verbessert durch den zusätzlichen Zielwert (Ln,w+CI,50-2500) die Planungssicherheit. Die Anhebung des Bau-Schalldämm-Maßes R’w der Trenndecke gegenüber den Mindestanforderungen um 3 dB gewährleistet einen ausreichenden Schallschutz bei normalen Wohngeräuschen und ist im Holzbau für fast alle Bauweisen(-arten) ohne Zusatzaufwand realisierbar. BASIS+ kann somit als solide Grundlage für eine wirtschaftliche Ausführung im privatrechtlichen Wohnungsbau angesehen werden.
Schalltechnisch und wirtschaftlich optimierte Bauteile
Als wirtschaftlichste Lösung für Wohnungstrenndecken in Holzbauweise wird von vielen Holzbaubetrieben die Balkendecke mit abgehängter Unterdecke favorisiert. In Abb. 3 Zeile 1 wird eine Variante für den mehrgeschossigen Holzbau beschrieben, die bei geeigneter Ausführung der flankierenden Wände eine sichere Einhaltung der aktualisierten Mindestanforderungen nach DIN 4109 gewährleistet (L’n,w ≤ 50 dB). Durch eine Optimierung der Unterdeckenabhängung erreicht der Deckentyp in Tabelle 2 Zeile 2 auch das Schallschutzniveau BASIS+ und mit weiteren Maßnahmen das Schallschutzniveau KOMFORT. Als bauakustisch relevante Größe ist bei diesen Konstruktionen die Eigenfrequenz f0 des Unterdeckenabhängers zu berücksichtigen.
Alternativ kann auch mit einer starr montierten und dadurch weitgehend vorfertigbaren Unterdecke BASIS+ erreicht werden, wenn beispielsweise eine 60 mm Kalksplittschüttung in Pappwaben als Rohdeckenbeschwerung eingesetzt wird (Tabelle 2 Zeile 3). Werden Massivholz-Deckenelemente vorgesehen, kann Basis+ mit der gleichen Rohdeckenbeschwerung erreicht werden (Tabelle 2 Zeile 4). Für diesen Deckenaufbau sind auch die im nachfolgenden Abschnitt behandelten baulichen Einflussgrößen zu beachten.
Der Nachweis der Luft- und Trittschalldämmung und damit der Einhaltung der festgelegten Zielwerte kann in Zukunft durch das differenzierte Berechnungsverfahren erfolgen. Dieses Prognoseverfahren ermöglicht die Berücksichtigung sämtlicher verbessernder Zusatzmaßnahmen (Installationsebenen, Zusatzbeplankungen, elastische Baulager oder flankierende C-Profil Wände) und somit wirtschaftliche Lösungen.
Weiterentwicklung im schalltechnischen Nachweisverfahren
Das Nachweisverfahren für die Trittschalldämmung von Holzdecken wurde in den letzten Jahren grundlegend überarbeitet und soll nun in DIN 4109-2 übernommen werden. Die wesentliche Änderung gegenüber dem bisherigen Verfahren liegt in der differenzierten Betrachtung der Flankenübertragung. Während das derzeitige Berechnungsmodell die flankierenden Wände pauschal beurteilt, wodurch die ungünstigste Flanke für die Berechnung maßgeblich wird, können die Flanken im neuen Modell einzeln berücksichtigt werden. Das Berechnungsmodell wurde in [4], [5], [6] vorgestellt. Eine Gegenüberstellung der Verfahren erfolgt in Abb. 4 anhand eines Berechnungsbeispiels für den Holzbau. Das neue Bemessungsverfahren führt zu wirtschaftlich vorteilhafteren Ergebnissen bei ansonsten identischer Bauweise. Durch die Integration zusätzlicher Eingangsdaten und die detaillierte Berücksichtigung jeder einzelnen Flanke im Vergleich zu den Verfahren in DIN 4109-2:2018 und DIN 4109-33:2016 ist es möglich, die Konstruktion praxisgerecht zu gestalten. Im Hinblick auf wirtschaftliches Bauen ermöglicht die genauere Vorhersage des Norm-Trittschallpegels am Bau die Vermeidung unnötiger und kostspieliger Zusatzmaßnahmen. Zudem eröffnet das neue Verfahren die Möglichkeit zur Berücksichtigung von Vorsatzschalen und elastischen Baulagern, die bisher nicht im vereinfachten Berechnungsverfahren berücksichtigt werden konnten. Die Gegenüberstellung in Abb. 5 zeigt, dass dadurch bei ein und derselben Deckenkonstruktion um ca. 4 dB besser bewertet werden kann.
Neben der Prognose der bauakustischen Eigenschaften ist auch die Umsetzung der geplanten Maßnahmen von großer Bedeutung. Je nach gewähltem System können dabei Standard- oder Sonderkonstruktionen zum Einsatz kommen. Einfache und bewährte Konstruktionen mit hohem Wiederholungsfaktor verringern das Risiko von Baufehlern signifikant und reduzieren die Baukosten. Neben klassischen Baufehlern sind auch Materialschwankungen und Veränderungen der Materialzusammensetzung als bauseitige Einflussgrößen auf die Luft- und Trittschalldämmung der Trennbauteile zu nennen. Nachfolgend sollen einige Beispiele aus der Praxis angeführt werden, die bauseitige Einflussgrößen und potenzielle Fehlerquellen exemplarisch darstellen.
BAUAKUSTISCHE FEHLER BEI DER AUSFÜHRUNG ODER MONTAGE
Die Schallbrücke am Estrichrand ist wohl der bekannteste Baufehler bei Deckenkonstruktionen im Massiv- und Holzbau. Dennoch ist es auch bei aktuellen Bauvorhaben nicht ungewöhnlich, dass ein frühzeitig oder zu kurz abgeschnittener Randdämmstreifen zu einer deutlichen Erhöhung des Trittschallpegels führt. Abbildung 6 veranschaulicht den Einfluss einer Schallbrücke am Estrichrand im Vergleich zu einer Auswahl von Messungen an fehlerfreien Decken. Ursache der Schallbrücke sind häufig Ausgleichsmassen für die Bodenverlegearbeiten, die einen vorzeitig abgeschnittenen Randdämmstreifen überbrücken. Typischerweise führt dies zu einer Erhöhung des Norm-Trittschallpegels bei ca. 2.000 Hz, wie in Abb. 2 dargestellt.
Die Überbrückung schalltechnisch erforderlicher Entkopplungen kommt auch bei Massivholzbauten häufig vor. In der Planung von Massivholzkonstruktionen werden oft elastische Zwischenlagen im Stoßbereich zwischen Decke und Wand eingesetzt. Um die Effektivität dieser elastischen Zwischenlagen nicht zu beeinträchtigen, ist es entscheidend, dass die Verbindungselemente (typischerweise Winkel) ebenfalls eine elastische Entkopplung aufweisen. Hierfür stehen Planungsdaten zur Verfügung, die für eine Vorhersage genutzt werden können. Während der Montage besteht jedoch das Risiko, dass durch übermäßiges Anziehen der Verbindungselemente die schalldämmende Wirkung reduziert wird. Dadurch kommt es zu einer Reduktion der Verbesserung von bis zu 10 dB. Um diesem Effekt vorzubeugen, sind für die elastischen Verbindungsmittel Montageschablonen erhältlich, welche ein „Überdrehe“ der Schrauben verhindern. Wird dieser Aspekt nicht berücksichtigt, wird jede Prognose obsolet.
STEIFIGKEIT DER ROHDECKENBESCHWERUNG, BINDEMITTEL IN SCHÜTTUNGEN
Über Jahrzehnte hinweg hat sich die Praxis bewährt, Holzdecken mit einer Rohdeckenbeschwerung auszustatten, um die Übertragung von Trittschall zu reduzieren. In den letzten Jahren hat die Verwendung von Rohdeckenbeschwerungen wegen der starken Anwendung von Massivholzdecken erheblich zugenommen. Bei diesen Deckensystemen wird eine Rohdeckenbeschwerung von ≥ 90 kg/m² als bauakustische Mindestmaßnahme betrachtet. Bisher war die flächenbezogene Masse das entscheidende Kriterium für die Auswahl der Rohdeckenbeschwerung. Neuere Untersuchungen zeigen jedoch, dass neben der Masse auch die Steifigkeit der Beschwerungsschicht eine bedeutende Rolle spielt [7]. Üblicherweise werden Rohdeckenbeschwerungen mit Schüttungen aus Splitt realisiert. Um die Gebrauchstauglichkeit zu gewährleisten, wird die Schüttung in der Lage gesichert. Hierbei kommen entweder mechanische Systeme wie Lattenroste/Pappwaben oder chemische Bindemittel wie Latexmilch oder Zement zum Einsatz. Insbesondere bei chemischen Bindemitteln ist zu beachten, dass sowohl die Steifigkeit der Bindemittel selbst als auch ihre Dosierung die Gesamtsteifigkeit der Schicht beeinflussen. In Abb. 7 wird der Vergleich des Norm-Trittschallpegels zwischen einer Massivholzdecke mit einer im Lattenraster gesicherten Schüttung und einer mit zementgebundener Schüttung dargestellt. Es wird deutlich, dass die hohe Steifigkeit der Zementbindung die Trittschallpegel bei Frequenzen ab ca. 250 Hz deutlich erhöht. Die Auswahl des Bindemittels kann bereits in der Planungsphase festgelegt werden. Die richtige und idealerweise minimale Dosierung hingegen wird während der Ausführung auf der Baustelle vorgenommen. Bei mechanisch gebundenen Systemen entfällt der Dosierungsschritt vollständig, wodurch eine versehentliche Erhöhung der Steifigkeit und damit die negativen Auswirkungen auf die Trittschallübertragungen vermieden werden.
DYNAMISCHE STEIFIGKEIT DER TRITTSCHALLDÄMMPLATTEN
Ein weiterer bedeutender Faktor, der die Trittschallminderung maßgeblich beeinflusst, ist die dynamische Steifigkeit der Trittschalldämmplatten. Im Bereich des Geschosswohnungsbaus haben sich Mineralfaserdämmplatten als gängiger Standard bei Massivholzdecken etabliert. Der Dämmstofftyp und die dynamische Steifigkeit der Herstellerangabe müssen der Vorgabe des gewählten Deckenaufbaus im Bauteilkatalog entsprechen. Werden die bei den Massivdecken üblichen EPS-Dämmsysteme mit einer dynamischen Steifigkeit von s´≥ 20 MN/m³ verwendet, können die Zielwerte nicht erreicht werden.
Bei Baustellenmessungen ist zu beobachten, dass auch Ungenauigkeiten bei der Verlegung die Eigenschaften der Trittschalldämmung beeinflussen können. Eine lückenfreie Verlegung der Dämmplatten ist Voraussetzung für ihre Wirksamkeit. Aber auch größere Unebenheiten in der Fläche führen zu unterschiedlichen Pressungen und zu unterschiedlichen Materialstärken des Estrichs.
Bei Materialprüfungen zur dynamischen Steifigkeit im Labor wird zunehmend beobachtet, dass Änderungen in der Materialzusammensetzung und dem Bindemittel zu Unregelmäßigkeiten der Plattendicke und örtlichen Unterschieden der Steifigkeit führen, die bereits optisch und haptisch feststellbar sind. Dieser Aspekt wird bisher in der Praxis nur wenig beachtet, kann jedoch erhebliche Auswirkungen auf die bauakustische Qualität haben.
MECHANISCHE EIGENSCHAFTEN DES ESTRICHS
Der in der Regel verwendete schwimmende Estrich kann physikalisch als Masse-Feder-Masse-System betrachtet werden. Die Eigenschaften der Feder, hier die Trittschalldämmung, wurden im vorherigen Abschnitt bereits kurz erläutert. Doch auch die elastomechanischen Eigenschaften der Masse, also des Estrichs, spielen eine entscheidende Rolle. Baustellenmessungen zeigen, dass eine Erhöhung der Oberflächenhärte und der Kontaktsteifigkeit des Estrichs mit einer Zunahme des Trittschallpegels bei hohen Frequenzen einhergeht. Daher ist es ratsam, auf Zusätze zu verzichten, die die Festigkeit und/oder Oberflächenhärte des Estrichs erhöhen. Es besteht noch Forschungsbedarf, um genaue mechanische Grenzwerte zu bestimmen.
NOTWENDIGE BEPLANKUNGSLAGEN
Im Bereich des Geschosswohnungsbaus sind neben den bauakustischen Eigenschaften auch die brandschutztechnischen Anforderungen an die Bauteile von entscheidender Bedeutung. Dabei werden die Bauteile in der Regel mit brandschutzwirksamen Gipsbekleidungen versehen. Gemäß der MusterHolzBauRL war bisher für die Gebäudeklasse 4 mindestens eine Bekleidung mit 2 × 18 mm Gips vorgesehen, was die Standardausführung darstellt. In der Praxis wurden üblicherweise 2 × 18 mm Gipskartonfeuerschutz- oder Gipsfaserplatten an der Unterseite der Decken angebracht.
Bei den bereits diskutierten Massivholzdecken könnte man annehmen, dass durch die zusätzlichen Gipslagen (was eine Erhöhung der Masse bedeutet) eine Reduzierung des Norm-Trittschallpegels zu erwarten ist. Doch auch hier spielen die Eigenschaften der Platten eine entscheidende Rolle. Eine Direktbeplankung mit 2 × 18 mm Gipskartonfeuerschutzplatten führt im Bereich der Koinzidenzgrenzfrequenz (ca. 1.600 Hz) zu einer erhöhten Schallübertragung. Baustellenmessungen zeigen, dass durch die Verwendung von unterschiedlichen Beplankungslagen oder Beplankungen geringerer Dicke (und höherer Koinzidenzgrenzfrequenz) bessere Ergebnisse erzielt werden können. Wie Abb. 8 zeigt, werden die besten Ergebnisse mit Massivholzdecken ohne weitere Beplankung erzielt.
Auch bei Labormessungen konnte bei geeigneter Wahl der Beplankung lediglich eine Gleichwertigkeit gegenüber der Ausführung ohne Beplankung erreicht werden. Die Ausführung der unbeplankten Decke ist gemäß der MusterHolzBauRL als Sonderregelung (zusätzliche Anforderung an die Oberflächen der Wände des Raums) zulässig. Das bedeutet, dass eine bessere akustische Wirksamkeit mit weniger oder gar keiner Beplankung erreicht werden kann als im Vergleich mit zusätzlichen steifen Beplankungslagen. Dadurch lassen sich auch wirtschaftliche Potenziale ausschöpfen.
EINFLUSS DES RAUMVOLUMENS AUF DEN NORM-TRITTSCHALLPEGEL
Die Anforderungen an die Trittschalldämmung werden in DIN 4109-1 durch den zulässigen bewerteten Norm-Trittschallpegel zul. L’n,w inklusive Nebenwege festgelegt. Die Definition des Norm-Trittschallpegels geht dabei von einer Prüfgröße aus, die unabhängig vom Prüfraumvolumen auf eine Bezugsabsorption A0 = 10 m² normiert wird. Rückmeldungen von Prüfstellen weisen allerdings auf eine Abhängigkeit des L’n,w vom Prüfraumvolumen hin, wodurch bei Baumessungen in sehr großen Räumen deutlich zu hohe Werte für den L’n,w ermittelt werden [11], [12].
Im Entwurf der neuen DEGA-Richtlinie 103 [10] wird dem Rechnung getragen, indem die Anforderungen – wie in etlichen anderen europäischen Ländern auch – über den L’nT,w festgelegt werden können, der den Trittschallschutz für den Bewohner zutreffender beschreibt. Der Nachweis kann dann nach DIN 4109-2 über den L’n,w erfolgen. Die Umrechnung der beiden Größen wird mit einem maximalen Volumen von 60 m³ durchgeführt, wodurch auch die Übereinstimmung mit den Ergebnissen der Baumessungen in großen Räumen deutlich verbessert wird.
Insgesamt stellt dies eine Vorgehensweise dar, die sowohl der Wahrnehmung des Bewohners besser entspricht als auch wirtschaftliche Deckenaufbauten ermöglicht. Sie sollte deshalb zumindest für die Festlegung von Zielwerten, die über die Mindestanforderungen hinausgehen, bezüglich ihrer Anwendbarkeit in der Praxis näher betrachtet werden.
Weitere Entwicklungsmöglichkeiten
Mit dem Fokus auf möglichst wirtschaftliches Bauen wurden in den letzten Jahren verstärkt hybride Bauweisen ausgeführt. Eine Variante der hybriden Bauweise ist die Kombination massiver Decken (Hohlkörperdecken aus Beton) mit Wänden in Massivholz- oder Holztafelbauweise. Da hierfür bislang nur wenig Erfahrungswerte vorliegen, wurden ergänzende Labor- und Baumessungen durchgeführt. Die so ermittelten Planungsdaten werden derzeit für die praktische Anwendung zusammengestellt [9].
Eine weitere Bauweise, die in Bezug auf kurze Bauzeit und wirtschaftliche Ausführung Beachtung findet, ist die Modulbauweise. Auch hier waren aufgrund der speziellen Trennbauteile und Bauteilstöße Untersuchungen zur Luft- und Trittschallübertragung der Trennbauteile sowie der Wirksamkeit elastischer Baulager und dem Einfluss der Verbindungs-mittel erforderlich. Diese Untersuchungen finden in einem derzeit laufenden Projekt statt, dessen Ergebnisse zur Übernahme in DIN 4109-33 bereitgestellt werden sollen. Erste Messergebnisse zeigen, dass bei geeigneter Ausführung der Moduldecken auch ein stark reduzierter Estrichaufbau möglich ist.
Obwohl die bauakustische Planung Spielraum für kostensparende Ausführungen lässt, ist die Einhaltung eines sinnvollen Schallschutzes für die Erhaltung der Gesundheit der Bewohner und damit auch des Gebäudewerts unerlässlich. Zielwerte für kostenoptimierte Ausführungen können aufgezeigt und mit geeigneten Bauteilen hinterlegt werden.
Deutliche Einsparungen sind durch die genaueren Berechnungsansätze im neuen Luft- und Trittschallnachweis zu erwarten. Neben den genaueren Berechnungsmodellen sind auch die Schwankungen der Eingangsgrößen und baulichen Ausführung relevant. Hier haben sich kürzlich Änderungen in der Estrichausführung, der Eigenschaften der Trittschalldämmplatten sowie der Bindemittel für die Rohdeckenbeschwerungen ergeben, die noch weiter untersucht werden.
Hybride Bauweisen sowie der Holzmodulbau sollten weiterverfolgt werden, um dem Ziel von finanzierbarem Wohnraum näherzukommen. Die Optimierung von Konstruktion und Berechnungsverfahren trägt dazu bei, wirtschaftlich attraktive Lösungen für Wohnungstrenndecken im Holzbau zu realisieren, die ohne Kompromisse bei den bauakustischen Eigenschaften und Schallschutzmaßnahmen erreicht werden.
Quellen/Literatur
[1] Wothge, J., Die körperlichen und psychischen Wirkungen von Lärm; Physical and mental effects of noise, Umweltbundesamt, 2016
[2] WHO – World Health Organization: Night noise guidelines for Europe. Copenhagen, 2009.
[3] Blödt, A., Rabold, A., Halstenberg, M., Ecker, T., Huber, A., Huissel, L., Löffler, S., Scheuerpflug, M., Schallschutz im Holzbau – Grundlagen und Vorbemessung, holzbau handbuch, REIHE 3, TEIL 3, FOLGE 1, Holzbau Deutschland-Institut e. V., 2019
[4] Rabold, A., Châteauvieux-Hellwig, C., Mecking, S., Optimierung von Holzdecken in Bezug auf die DIN 4109, Tagungsband HolzBauSpezial Bauphysik 2017, Bad Wörishofen
[5] Rabold, A., Schneider, M., Fischer, H. M., Zeitler, B., Neue Berechnungsverfahren zur Trittschallübertragung, Bauphysik 4, 2020, S. 160–172
[6] Blödt, A., Schallschutz im Holzbau – Differenzierte Flankenbewertung bei der Trittschallübertragung, holzbau handbuch, REIHE 3, TEIL 3, FOLGE 2, Holzbau Deutschland-Institut e. V., 2020
[7] Blödt, A., Höller, C., Schneider, M., Kenngrößen elastisch gebundener Schüttungen auf Decken in Holzbauweisen, Fortschritte der Akustik – DAGA 2022
[8] Rabold, A., Schödel, B., Schanda, U., Schalltechnische Optimierung von Unterdeckenabhängern, DAGA Tagungsband, 2019
[9] Blödt, A., Schneider, M., Rabold, A., Bauakustik im Hybridbau, Luft- und Trittschallschutz von Gebäuden mit Wänden in Holzbauweise und Decken in Massivbauweise, holzbau handbuch, Holzbau Deutschland-Institut e. V., in Bearbeitung
[10] DEGA-Richtlinie 103-1:2023-05 „Schallschutz im Wohnungsbau – Teil 1: Schallschutzklassen und erhöhter Schallschutz“, Entwurf Mai 2023
[11] Schmitz, A., Interpretation von Schalldämmkurven Teil II, VMPA Informationsveranstaltung 2018
[12] Wolf, M., Massivholzdecken, Einfluss der Spannweiten, VMPA Informationsveranstaltung 2023
Die Autoren
Prof. Dr.-Ing. Andreas Rabold
Prof. Dr.-Ing. Andreas Rabold war von 1996 bis 2014 während und nach seinem Holztechnik-Studium und der Promotion im Bauingenieurwesen als Prüfingenieur, Produktingenieur und Prüfstellenleiter am ift Rosenheim tätig. Seit 2014 lehrt er hauptberuflich an der Technischen Hochschule Rosenheim im Bereich Bauphysik und Bauinformatik. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in der Bauakustik für den Holzbau.
Adrian Blödt
Seit 2000 führt Adrian Blödt die Holzbau-und Bedachungsfirma Blödt Holzkomplettbau GmbH, seit 2007 parallel ein Ingenieurbüro für Bauphysik mit dem Schwerpunkt auf Schall- und Feuchteschutz. Er ist Lehrbeauftragter an der OTH Regensburg für Hygrothermik und für Wärme- und Feuchteschutz sowie Bauakustik.