Titelthema
Variowohnungen: Bezahlbar, anpassbar, nachhaltig
Text: Sabine Dorn-Pfahler | Foto (Header): © SIGURD STEINPRINZ/ACMS ARCHITEKTEN GMBH
Die Baubranche sieht sich aktuell vor unterschiedlichen Herausforderungen. In Ballungsgebieten besteht ein akuter Mangel an bezahlbarem Wohnraum. Gleichzeitig erfordert der Klimawandel einen sparsamen Umgang mit Ressourcen und eine Reduktion von Umweltwirkungen bei Errichtung und Betrieb von Gebäuden. Die wesentliche Frage im Forschungsprojekt „Modellvorhaben für den nachhaltigen und bezahlbaren Bau von Variowohnungen“ war daher: Können wir nachhaltig und damit zukunftsfähig bauen und gleichzeitig schnell bezahlbaren Wohnraum in hoher Qualität schaffen?
Auszug aus:
QUARTIER
Ausgabe 1.2022
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Mit dem Förderprogramm unterstützte das Bundesbauministerium, vertreten durch das Bundesinstitut für Bau‑, Stadt- und Raumforschung (BBSR), den Bau von Wohnplätzen für Studierende und Auszubildende. Gleichzeitig sollten bereits in der Erstnutzung die Voraussetzungen geschaffen werden, um später altengerechtes Wohnen zu ermöglichen.
Der Fokus des Förder- und Forschungsprogramms Variowohnungen lag auf der innerstädtischen Nachverdichtung und der Anpassbarkeit von Gebäuden an unterschiedliche Nutzungskonzepte. Untersucht wurde die Bauzeitverkürzung durch Vorfertigung und die Realisierung von geringen Bau- und Betriebskosten. Die Nachhaltigkeit der Gebäude sollte durch eine obligatorische Nachhaltigkeitszertifizierung nachgewiesen werden. Voraussetzung für die Teilnahme an dem Förderprogramm war die Mindestgröße von 14 m² pro Individualraum, eine begrenzte Bruttowarmmiete von 300 bis 320 € je nach Lage und Ausstattung und die Verfügbarkeit von Gemeinschaftsflächen. Eine deutliche Bauzeitverkürzung mit einer Bauzeit von unter 18 Monaten sollte umgesetzt werden – dies konnte jedoch aus verschiedenen Gründen nicht immer realisiert werden. Gefördert wurden die Baukosten mit bis zu 500 €/m² Wohnfläche und eine projektbezogene Forschung mit je 70.000 €. Durch ein externes Begleitforschungsteam, bestehend aus dem Büro sol∙id∙ar planungswerkstatt, der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW) und der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe (THOWL), wurden die durch die Projektforschung gelieferten Informationen zu den Modellvorhaben übergeordnet erhoben, analysiert und ausgewertet. In vier Netzwerktreffen fand ein Austausch zwischen Forschung, Planung und Bauherren der unterschiedlichen Projekte sowie der übergeordneten Begleitforschung statt. In der noch laufenden architektursoziologischen Evaluation werden durch die Arbeitsgemeinschaft SR&E und DGJ Architektur die Projekte in der Nutzung untersucht, wodurch zusätzliche Erkenntnisse im Praxistest gewonnen werden können.
Die Vielfalt der umgesetzten Lösungen ist hoch – von Neubau bis Bestand, unterschiedlich in Grundrissen, Kubatur und städtebaulicher Einbindung. Während der Trend auf dem freien Markt zu Einzelapartments geht, wurden in den Modellvorhaben etwa 80 % der Wohnplätze in Wohngemeinschaften von zwei bis sechs Wohnplätzen realisiert. Diese sind durch die geringere Installationsdichte sowohl kostengünstiger in der Errichtung und im Betrieb und gleichzeitig auch leichter für andere Zielgruppen umnutzbar. Wie eine Befragung des Studierendenwerks Thüringen zeigt, steigt auch die Akzeptanz für das Wohnen in Wohngemeinschaften auf etwa 80 %, wenn die Randbedingungen stimmen und eine Mitsprache bei der Auswahl der Mitbewohner möglich ist.
In den 18 Modellvorhaben (Abb. S. 8) mit insgesamt 2.043 Wohnplätzen wurden mit unterschiedlichen Strategien gute und sehr gute Lösungen für die gestellten Anforderungen gefunden. Die Vielfalt der Projekte zeigte, dass es für die grundsätzlichen Fragen nicht eine allgemeingültige Lösung gibt. Der individuelle Ansatz war stets abhängig von städtebaulichen Randbedingungen, der Projektgröße und auch von dem Erfahrungshorizont der Bauherrschaft. Beteiligt waren nicht nur Studierendenwerke, sondern auch private Investoren und Wohnungsbaugesellschaften; das Projekt Collegium Academicum wurde in Eigeninitiative der Studierenden in Heidelberg geplant und gebaut. Insgesamt ermöglichte das Förderprogramm die Erprobung unterschiedlicher Ansätze und Lösungen in den Modellvorhaben, von denen Impulse für das Bauen ausgehen und von denen man lernen kann.
Schwerpunkt innerstädtische Nachverdichtung
Wohnraum für Studierende und Auszubildende ist insbesondere in zentralen oder campusnahen Wohnlagen attraktiv und wertstabil. Gefördert wurden daher auch zusätzliche bauliche Aufwendungen für die Einbindung des Gebäudes in das städtische Umfeld. Viele der Projekte nutzten Restgrundstücke, lärmbelastet, mit ungünstigem Zuschnitt oder schwierigen Baugrundbedingungen. Mehr als die Hälfte der Projekte war durch das „Bauen im Bestand“ beeinflusst – in sechs Projekten wurden Gebäude umgenutzt und teilweise ergänzt, bei vier weiteren Projekten handelte es sich um Lückenbebauungen, die stark durch die bestehenden, städtebaulichen Strukturen beeinflusst waren und sich mit Kubatur und Fassadengliederung an den Nachbargebäuden orientieren mussten. Mit völlig verschiedenen Strategien und Effekten wurden so Flächenreserven in innerstädtischen Lagen mobilisiert und einer neuen, attraktiven Nutzung zugeführt.
In Wuppertal-Grifflenberg (siehe Titelbild) wurden im Auftrag des Hochschul-Sozialwerks Wuppertal die Nachteile eines Restgrundstücks in einen Vorteil verwandelt. Das langgezogene und als nahezu unbebaubar geltende Grundstück neigt sich deutlich in zwei Richtungen. Um es dennoch für eine Bebauung nutzen zu können, planten ACMS Architekten fünf Baukörper, die am Hang gestaffelt sind. Die Querneigung des Grundstücks ermöglichte es zudem, die einzelnen Gebäude auf unterschiedlichen Ebenen zu erschließen. Das Gebäudeensemble besteht aus einem Punkthaus und vier weiteren, dreigeschossigen Gebäuderiegeln. Im Punkthaus mit sechs Geschossen sind die Wohnungen sehr effizient über ein Doppelhelix-Treppenhaus erschlossen. Die Gemeinschaftsräume des halb im Hang liegenden Sockelgeschosses sind separat zugänglich. In den vier weiteren Gebäuden mit jeweils 18 Wohnplätzen erfolgt die Erschließung ebenfalls von zwei Seiten, im Sockelgeschoss sind die Wohnungen ebenerdig zugänglich, die übrigen Wohnungen werden vom Hang mit jeweils zwei einläufigen Treppen erschlossen. Die Hanglage führte in diesem Fall zu einem sehr differenzierten Entwurf, unterschiedlichen Grundrissen und Wohnungsgrößen mit sehr effizienter und individueller Erschließung.
Durch die kreative Erschließung von Flächenpotenzialen zeichnet sich auch das Modellvorhaben Hamburg-Harburg aus. Im Bebauungsplan war das Grundstück für die Nutzung durch die Freiwillige Feuerwehr ausgewiesen. Der städtebauliche Vertrag mit dem Bezirksamt Harburg ermöglichte durch eine Nutzungsänderung nun die zusätzliche Realisierung von 191 Wohnplätzen für Auszubildende in den Obergeschossen, während das separat erschlossene Sockelgeschoss von der Freiwilligen Feuerwehr genutzt wird. Im Auftrag der Campus Helmsweg GmbH & Co. KG planten Winking Froh Architekten den Baukörper mit unterschiedlicher Höhenstaffelung. Auch in diesem Gebäude wird die Hanglage zur Erschließung auf unterschiedlichen Ebenen genutzt.
Neben der Schaffung von studentischem Wohnraum kann sich eine Nachverdichtung auch positiv auf das umliegende Quartier auswirken und weitere Impulse schaffen. Das gründerzeitliche Quartier Bremerhaven-Lehe ist aktuell noch immer von Leerstand und einer einkommensschwachen Bewohnerstruktur geprägt. Der Wohnungsmarkt ist extrem nachfrageschwach mit unsicherer Zukunftsprognose. Seit Längerem wird durch die städtische Wohnungsbaugesellschaft STÄWOG eine Strategie zur Aufwertung des Quartiers verfolgt. Das von schultz sievers . architektur geplante Modellvorhaben (Abb. S. 9) stellt dabei einen einzelnen Baustein dar, der sich mit anderen Vorhaben wie dem Co-Working-Space und kulturellen Einrichtungen vernetzt.
Das Gebäude selbst ist ein Ersatzneubau für ein nicht mehr wirtschaftlich sanierbares Bestandsgebäude. Auch wenn die Bruttowarmmiete gedeckelt ist, liegt die Miete für den Stadtteil deutlich oberhalb der hier üblichen Mieten. Dennoch konnten alle Wohnungen gut vermietet werden – auch durch die Kooperation mit dem Studierendenwerk Bremen. Attraktiv ist auch das Programm „Bildungsbuddies“. Im Gegenzug für die Übernahme einer Lernpatenschaft an der benachbarten Oberschule ist begrenzt mietfreies Wohnen möglich.
Auch durch die Umnutzung von Bestandsbauten wurden neue Nutzungspotenziale erschlossen. Im Auftrag des Studierendenwerks Thüringen wurden eine ehemalige Zahnklinik und ein Gebäude des Blutspendedienstes in unmittelbarer Nähe zum Campus der Universität Erfurt nach langem Leerstand in attraktiven Wohnraum für Studierende umgewandelt. In der Zahnklinik konnte erfolgreich umgesetzt werden, was in vielen der Neubauten als Konzept angelegt ist – die Umnutzung eines Skelettbaus mit Spannbetonhohldielen. Schwierigkeiten gab es hier bei der Deckendurchführung von Installationen, weil die Spannstähle nicht beschädigt werden durften. Da so viel wie möglich von der vorhandenen Bausubstanz weitergenutzt wurde, lagen die Kosten deutlich unter denen eines Neubaus. Dabei erreicht das Gebäude den Effizienzstandard 100. Geplant wurde die Umnutzung von der ARGE baukonsult-knabe-stadelmann-plandrei.
Mit dem Ziel der Ressourcenschonung und des langfristigen Werterhalts müssen bereits bei der Planung von Gebäuden Strategien für langfristige Nutzung, Wandelbarkeit und die Möglichkeit der Reaktion auf geänderte Bedürfnisse berücksichtigt werden. Untersucht wurden von den Projekten v. a. die Nachnutzung von Single- und Mehrpersonenwohnungen und Seniorenwohnungen. Daneben wurden in einzelnen Projekten auch die Umnutzungsmöglichkeiten zu Büros, Clusterwohnungen und Boarding Houses untersucht. Die in den Modellvorhaben umgesetzten Rezepte sind im Grunde einfach und bekannt: Berücksichtigung unterschiedlicher Nutzeranforderungen bereits in der Erstnutzung, weitgehende Reduktion von tragenden Bauteilen, Zusammenschaltbarkeit von Räumen und Strukturen, ausreichende Raumhöhen und die Berücksichtigung der Anpassbarkeit auch bei der Anordnung bzw. Ausbildung von Installationsschächten. Dennoch ist die Umsetzung in einigen Projekten spannend und innovativ gelöst. Zudem orientieren sich alle Projekte an dem ready-Konzept nach dem Grundsatz „Vorbereitet für altengerechtes Wohnen“. Die Zielsetzung war es, bereits in der Erstnutzung alle baulichen Voraussetzungen für altengerechtes und barrierefreies Wohnen zu schaffen. Dazu gehören u. a. ausreichende Durchgangsbreiten und Bewegungsflächen, bodengleiche Duschen und schwellenlose Zugänge, die später baulich nur unter hohem Aufwand nachgerüstet werden können.
Die tatsächlich umgesetzten Strategien für eine Umnutzung sind sehr unterschiedlich und insbesondere auch abhängig von der individuellen Perspektive der Bauherren. Unterschiede wurden vor allem zwischen Studierendenwerken und privaten Bauherren bzw. Wohnungsbaugesellschaften deutlich.
Die Studierendenwerke planen langfristig mit weiter steigenden Studierendenzahlen und dementsprechend auch einer dauerhaften Nachfrage für den studentischen Wohnraum. Die Planung der Umnutzung zielt deshalb auf einen Zeithorizont von mehreren Jahrzehnten. In den Modellvorhaben in Bochum und Wuppertal-Grifflenberg, beide geplant von ACMS Architekten, wurden hierfür mit einem möglichst stützenfreien Grundriss die Voraussetzungen geschaffen. Realisiert wurden die großen Spannweiten mit Stahlbetonhohldielen, die gleichzeitig eine sehr wirtschaftliche und schnelle Umsetzung sicherstellten. In Bochum konnte die Konstruktion mit deckengleichen Trägern realisiert werden, in Wuppertal stellte sich diese Variante aufgrund anderer Spannweiten als unwirtschaftlich heraus, so dass hier mit Unterzügen gearbeitet wurde. Für die Umnutzung zu beachten ist bei diesem Konzept vor allem eine sinnvolle Anordnung der Sanitärkerne, da spätere Durchbrüche durch die Spannbetonhohldielen statische Probleme verursachen können.
Vor allem private Investoren sind eher unsicher über den langfristigen Bedarf von Studierenden. Hier wurden auch sehr konkrete Umnutzungskonzepte für bestimmte Nachnutzungen erarbeitet und baulich vorbereitet. In Meschede wurde durch Otte Nöcker Planung im Auftrag der DS Vario GmbH das ehemalige Arbeitsamt saniert. Das vierte und fünfte Obergeschoss nutzt die Bauherrin selbst als Büro, die drei darunterliegenden Geschosse bieten Wohnraum für Auszubildende und Studierende.
Die Sanierung wurde mit einem hohen Anspruch an Qualität und Energieeffizienz durchgeführt. Das Gebäude erfülllt den Effizienzhaus-Standard 55, die Energieversorgung erfolgt über Luftwärmepumpen und eine große PV-Anlage auf dem Dach. Licht, Heizung, Sonnenschutz und Türsprechanlage können über Apps gesteuert werden, außerdem wird der Stromverbrauch angezeigt. Die E‑Bike-
Ladestationen werden ebenfalls per App angesteuert und abgerechnet. Die Kosten für die Sanierung und Umnutzung waren durch weitgehenden Erhalt der Grundstruktur des Gebäudes dennoch moderat.
In den drei Wohngeschossen wurden aus jeweils drei Büroräumen zwei Einzelapartments. Über einen Solldurchbruch im Flurbereich ist die Verbindung von zwei Einzelapartments bereits baulich vorbereitet. Auch Bäder und Küchen wurden bereits für den Umbau konzipiert, das eingesetzte Smart-Home-System ist für eine spätere Umnutzung hilfreich.
Während in Meschede die Nachnutzung genau definiert ist und nur jeweils Ein- oder Zwei-Zimmer-Apartments möglich sind, kann in dem im Auftrag der Grundstücks- und Gebäudewirtschafts-Gesellschaft m. b. H. (GGG) von raumfeld architekten geplanten Gebäude in Chemnitz (Abb. S. 11) mit ähnlichem Ansatz eine deutlich höhere Differenzierung der Wohnungsgrundrisse erreicht werden. In den tragenden Wänden und auch in den Decken wurden gezielt bewehrungsfreie Flächen als Solldurchbrüche vorgesehen. In Kombination mit einzelnen Trockenbauwänden ergeben sich sehr vielfältige Möglichkeiten der Grundrissanpassung. Nennenswert erhöhte Baukosten ergaben sich dadurch nicht, ein Mehraufwand entsteht lediglich in der Planung durch die Berücksichtigung späterer Nutzungsszenarien.
In Heidelberg wurde ein völlig anderer und sehr innovativer Ansatz gewählt. Ein wesentlicher Fokus des Projekts Collegium Academicum siehe Abb. unten) lag auf der Flächensuffizienz, die in der Praxis erprobt werden soll. Die Reduktion der Wohnfläche ist ein ganz wesentlicher Ansatz zur langfristigen Kostenersparnis und Ressourceneinsparung. Dieser Ansatz stand zunächst im Widerspruch zu der Anforderung des Fördervorhabens, in dem für die Individualräume jeweils 14 m² gefordert waren. Auch hier wurden die Anforderungen kreativ in Vorteile umgesetzt. Das von DGJ Architektur GmbH entwickelte Konzept umfasst Raster von jeweils 7 m²; jeweils zwei der Einheiten werden zunächst pro Wohnplatz als Individualraum bereitgestellt. Grundsätzlich wurden die Grundrisse jedoch so konzipiert, dass jeweils eine Rastereinheit des Individualraums dem Gemeinschaftsbereich zugeschlagen werden kann. Der Umbau soll in der Nutzung durch die Bewohner selbst möglich sein. Es entsteht also eine hohe Variabilität bereits in der Erstnutzung. Die Akzeptanz der reduzierten Wohnfläche soll durch die hohe Vielfalt und Qualität der Gemeinschaftsflächen erreicht werden.
Ein weiterer Schwerpunkt des Forschungsvorhabens war die Bauzeitverkürzung durch die Vorfertigung. Vorteile können die schnellere Bereitstellung von Wohnraum, eine höhere Qualität der Ausführung und eine geringere Belastung der Umgebung sein, was insbesondere in innerstädtischen Lagen relevant ist. Deutliche Effekte hatte die Vorfertigung vor allem bei der Verwendung von vorgefertigten Fassadenelementen und Raummodulen.
Im Modellvorhaben in Bochum wurde die Tragstruktur aus Betonfertigelementen mit möglichst stützenfreien Grundrissen erstellt. Die Decken sind als Spannbetonhohldielen ausgeführt, wodurch sowohl eine schnelle Fertigstellung, große Spannweiten, geringe Kosten und eine verringerte Ressourceninanspruchnahme erreicht wurde. Ideal war die Kombination des Skelettbaus mit vorgefertigten Sanitärzellen aus Stahl (Abb. S. 14). Die Verwendung ist immer dann wirtschaftlich sinnvoll, wenn möglichst viele gleichartige Elemente gefertigt werden. Die Einbringung erfolgt in der Regel nach Fertigstellung des Rohbaus. Durch die stützenfreien Grundrisse war pro Geschoss nur eine Einbringplattform erforderlich. Die Holztafel-fassade wurde im Werk vollständig vorgefertigt – inklusive der Fenster und der Fassadenbekleidung, die für den Transport daher robust sein musste. Ein Gerüst war in diesem Fall nicht erforderlich, was neben einer Zeit- auch eine Kosteneinsparung mit sich brachte (Abb. unten).
Das Collegium Academicum war das einzige Projekt, das vollständig auf den Holzbau setzt. Statt großer Montage-Module wurde mit einer hohen Stückzahl von identischen Bauteilen geplant. Alle Elemente wurden vollständig abgebunden auf die Baustelle geliefert und montiert.
Auch hier wurde die Holzfassade vollständig verkleidet geliefert. Nur im Innenhof, wo die Bekleidung aus Brandschutzgründen aus transportempfindlicheren Blechen besteht, wurde sie nachträglich montiert. Auch die Sanitärzellen wurden vorgefertigt, allerdings aus Stahlbeton, der einen höheren Schallschutz bietet. Bei diesen erfolgt die Einbringung nicht über Einbringplattformen nach Fertigstellung des Rohbaus, sondern geschossweise per Kran, und muss daher eng mit dem Baufortschritt koordiniert werden.
Die kürzeste Bauzeit wurde durch die Verwendung von Raummodulen in Hamburg-Steilshoop erreicht. Geplant wurde das Vorhaben von Nuckel Architekten im Auftrag der Octillion Capital GmbH. Parallel zur konventionellen Errichtung des Kellergeschosses aus Stahlbeton wurden die Raummodule mit einem relativ geringen Ausbaugrad vorgefertigt. Pro Tag wurden acht Module montiert – die begrenzte Anzahl war der lokalen Logistik geschuldet, laut Hersteller können unter günstigen Bedingungen bis zu 20 Module täglich montiert werden. Insgesamt wurden zehn Tage für die Montage der insgesamt 48 Raummodule benötigt. Vorteile bot die Bauweise vor allem in Anbetracht der Grundstückssituation. Es standen praktisch keine Lagerflächen zur Verfügung, die Ausbaumaterialien wurden daher in den Raummodulen geliefert und standen so unmittelbar für den Ausbau zur Verfügung. Durch den geringen Ausbaugrad der Raummodule konnten die Herstellung des Rohbaus, die Fertigung der Raummodule und die Planung des Innenausbaus teilweise parallel erfolgen, was zusätzlich zu einer deutlichen Bauzeitverkürzung beitrug.
Übersicht der Modellvorhaben
Die Ergebnisse der Begleitforschung sind in der Broschüre „Variowohnungen – bezahlbar, anpassbar, nachhaltig“ veröffentlicht. Die Broschüre und weitere Informationen zum Forschungsprojekt Variowohnungen können über die Website des Innovationsprogramms „Zukunft Bau“ bezogen werden. Dort stehen auch die Forschungsberichte zu den einzelnen Modellvorhaben zum Download zur Verfügung: www.zukunftbau.de/variowohnungen
ABBILDUNG: ZUKUNFT BAU
Die Autorin
DGNB-Auditorin, Dipl.-Ing. Architektur (FH) Sabine Dorn-Pfahler
Sabine Dorn-Pfahler ist seit 2010 tätig bei sol∙id∙ar planungswerkstatt, seit 2020 Mitglied der Geschäftsleitung in der PartG mbB. Im Forschungsprojekt „Variowohnungen“ war sie verantwortlich für die Forschungsfelder „Schnell bauen“ und „Nachhaltig bauen“.
www.solidar-planungswerkstatt.de