Kontrollierte Schachtentrauchung: Energieleck schließen

Kontrollierte Schachtentrauchung: Energieleck schließen

Technik, Energie & Baustoffe

Kontrollierte Schachtentrauchung: Energieleck schließen

Text: Lars Walter-Sinsel | Foto (Header): © B.A.S.E. SOLUTION GMBH

In vielen Gebäuden befindet sich am obersten Ende des Aufzugsschachts eine Öffnung zur Belüftung und Rauchableitung, die direkt ins Freie führt. Wertvolle Heiz- und Klimaenergie entweicht ungehindert aus dem Gebäude. Mit einer kontrollierten Schachtentrauchung kann die Rauchableitung im Brandfall sichergestellt und gleichzeitig der Energieverbrauch gesenkt werden.

Auszug aus:

Mit der Energiewende hat die Bundesrepublik Deutschland eine umfassende und tiefgreifende Transformation ihrer Energieversorgung und Energienutzung eingeleitet. Die Bundesregierung hat sich das Ziel gesetzt, bis 2030 die Treibhausgasemissionen um mindestens 55 % gegenüber dem Basisjahr 1990 zu mindern. Für 2030 gilt, dass der Gebäudebereich nach dem Klimaschutzgesetz (gemäß Quellprinzip) nur noch 70 Mio. t CO²-Äquivalente emittieren darf. Darüber hinaus hat sich Deutschland das Ziel gesetzt, beim Endenergieverbrauch im Wärme- und Kältesektor, der zu ca. zwei Drittel aus dem Gebäudebereich besteht, einen Anteil erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch für Wärme und Kälte von 27 % (2018: 14,2 %) zu erreichen.

Bei den aktuellen Diskussionen um die Reduzierung des Energieverbrauchs wird besonders der Immobiliensektor in die Pflicht genommen. Neben der Erneuerung von Heizungs- und Klimaanlagen liegt der Fokus auf der Abdichtung der Gebäudehülle und Verbesserung der Gebäudedämmung.

Bei dieser Betrachtung wird der Aufzugsschacht häufig übersehen. Dabei befindet sich in den meisten Gebäuden am obersten Ende des Aufzugsschachts eine Öffnung zur Belüftung und Rauchableitung, die direkt ins Freie führt. Die Türen des Aufzugs sind nicht luftdicht, sodass die Luft aus dem Gebäudeinneren direkt entweichen kann. Der baulich bedingte thermische Effekt des Schachts, der sog. Kamineffekt, wird durch die Bewegung des Aufzugs noch weiter verstärkt. Wertvolle Heiz- und Klimaenergie entweicht ungehindert aus dem Gebäude.

Diese Öffnung dauerhaft luftdicht zu verschließen, ist jedoch aus den folgenden Gründen keine Option: Zum einen soll die Öffnung im Brandfall dafür sorgen, dass der Rauch nicht von einem Brandabschnitt in den nächsten Brandabschnitt gelangt; zum anderen ist die Öffnung für die Belüftung des Fahrschachts und Fahrkorbs verantwortlich und baurechtlich gefordert. Die einschlägigen Aufzugsnormen und -richtlinien schreiben eine Betriebstemperatur von 5 bis 40 °C vor, sodass Aufzüge außer Betrieb genommen werden, sobald die Temperatur diesen Bereich verlässt. Vor allem im Sommer dient diese Öffnung der Abfuhr von Wärme. Weiterhin gewährleistet sie aufgrund der Thermik den Luftaustausch im Schacht und damit auch im Fahrkorb; bei einer Störung der Aufzugsanlage, wird somit sichergestellt, dass eine eventuell in der Kabine eingeschlossene Person mit frischer Luft versorgt wird.

Warme Luft bleibt im Gebäude.
FOTO: B.A.S.E. SOLUTION GMBH

Im Brandfall öffnet die Verschlussklappe selbsttätig.
FOTO: B.A.S.E. SOLUTION GMBH

Kontrollierte Schachtentrauchung

Aus energetischer Sicht ist die dauerhafte Öffnung im Fahrschacht, zumindest für Aufzugsschächte innerhalb der thermischen Hülle, nicht tragbar. Im Rahmen der Studie „Wissenschaftliche Untersuchung zur Steigerung der produktbezogenen Energieeffizienz“ (BMWi 064/17) im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie [1] wurde der Bericht „Energieverluste durch permanente Lüftungsöffnungen in Aufzugsschächten – Potenzial und Handlungsoptionen“ [2] herausgegeben. Dort wurden u. a. die Möglichkeiten für Energieeinsparungen bei Aufzügen untersucht. Als großes Potenzial wurden dabei die Energieverluste identifiziert, die entstehen, wenn beheizte – oder auch gekühlte – Luft durch die übliche permanente Lüftungsöffnung am Aufzugsschachtkopf entströmt. Die Empfehlung lautet, bei Neubauten verpflichtend geeignete Systeme zum temporären Verschluss der Öffnung zu installieren und in Bestandsgebäuden entsprechende Systeme nachzurüsten. Sobald die Öffnung geschlossen wird, muss sichergestellt sein, dass der energetische Verschluss im Brandfall selbsttätig öffnet und außerdem die verschiedenen Lüftungsanforderungen erfüllt sind. Auf dem Mark gibt es hierzu bereits von mehreren Anbietern geeignete Lösungen.

Solche Systeme zur Rauchableitung und Belüftung umfassen eine Verschlussklappe, Rauchsensoren über die gesamte Schachthöhe, eine Steuereinheit inkl. oder mit externem Temperatursensor und eine Bedienstelle, die von außen zugänglich angebracht wird. Zusätzlich wird über die Aufzugssteuerung ein Kontakt zum Lüften aktiviert, sobald eine Aufzugsstörung anliegt, damit, wie oben bereits geschildert, der Luftaustausch im Schacht und im Fahrkorb sichergestellt wird. So wird erreicht, dass bei einer Aufzugsstörung ein Luftaustausch im Fahrkorb möglich ist.

Laut Bericht des ifeu Instituts kann mit einer möglichen Einsparung in Höhe von 1,7 bis 2,5 Mio. t CO² bei Nachrüstung aller Aufzüge in Deutschland gerechnet werden. Dies deckt in etwa den Gesamtverbrauch der Stadt Freiburg im Jahr 2018.

Unterscheidung nach Gebäudetypen

Mehrfamilienhäuser haben meist einen unbeheizten Treppenraum, obwohl bauphysikalisch im Treppenraum eine Mindesttemperatur zur Vermeidung von Feuchtigkeit vorgesehen ist. Allein der Transmissionswärmeverlust der im Treppenraum angrenzenden Wohnungen reicht aus, um den notwendigen Wärmeeintrag zu erfüllen; der Treppenraum wird ohne eigene Heizkörper „beheizt“. Eben diese eingebracht Energie wird über den Aufzugsschacht wiederum direkt ins Freie befördert. Das o. g. Gutachten spricht in diesem Zusammenhang von einem jährlichen Energieverlust von über 10.000 kWh, bei einer Innentemperatur von 15 °C und vier Obergeschossen.

In gewerblich genutzten Immobilien stellt sich die Sachlage hingegen anders dar. Die Aufzugszugänge bei Büros, Hotels oder auch Krankenhäusern führen oft direkt in die Etagen und damit in dauerhaft beheizte oder klimatisierte Räumlichkeiten. Sowohl im Sommer als auch im Winter entweicht hier kostbare Heiz- oder Kühlenergie durch den Aufzugsschacht. Bei einer Aufzugs-Umgebungstemperatur von beispielsweise 23 °C könnte man durch den Einsatz eines Systems zur kontrollierten Be- und Entlüftung pro Aufzug jährlich ca. 20.000 kWh an Heizenergie einsparen. Unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Anschaffungs-/Installationskosten eines solchen Systems ergibt sich eine Amortisation von gerade einmal zwei bis fünf Jahren. Aufgrund des verminderten Klimatisierungsbedarfs können die Einsparungen während der Sommermonate aktuell noch nicht sicher bewertet werden; Fachleute sprechen allerdings davon, dass die Einsparung bei klimatisierten Gebäuden wohl annähernd doppelt so hoch liegt.

Das Nachrüstes eines Systems zur kontrollierten Rauchableitung und Belüftung von Aufzugsschächten ist im Bereich der Umfeldmaßnahmen der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) förderfähig.
FOTO: ANDREY POPOV – STOCK.ADOBE.COM

GEG und BEG

Das im Herbst 2020 eingeführte Gebäudeenergiegesetz (GEG) trägt diesen Umständen nun Rechnung und weist verschärfte Regeln für den energetischen Verschluss neuer Gebäude auf. Wo die Öffnung im Aufzugsschacht für die Luftdichtigkeitsprüfung bisher noch temporär abgedichtet werden durfte, schiebt das GEG nun einen Riegel vor. Ungenaue Werte mit rein theoretisch erreichter Luftdichtigkeit gehören der Vergangenheit an. Die Öffnung im Aufzugsschacht darf für einen Blower-Door-Test nicht mehr verändert werden, sondern muss im Zustand des späteren Gebäudebetriebs belassen werden. Wer also kein System zur kontrollierten Rauchableitung und Belüftung installiert, läuft möglicherweise Gefahr, dass die Luftdichtigkeitsprüfung nicht das gewünschte Ergebnis bringen wird.

Um neben den Neubauten auch das enorm große Potenzial in Bestandsgebäuden zu nutzen und Anreize für die Nachrüstung eines Systems zur kontrollierten Rauchableitung und Belüftung von Aufzugsschächten zu schaffen, ist diese Maßnahme im Bereich der Umfeldmaßnahmen der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) förderfähig. Die Förderung als Einzelmaßnahme wird im Bundeswirtschaftsministerium aktuell diskutiert und soll noch in diesem Jahr beschlossen werden.

Fazit

Die baurechtlich geforderte Öffnung im Aufzugsschacht sorgt für einen unnötigen Verlust von Heiz- und Klimaenergie. Mit geeigneten Systemen zur kontrollierten Rauchableitung und Belüftung von Fahrschächten kann die Öffnung ordnungsgemäß verschlossen und der unkontrollierte Verlust verhindert werden. Ein vom Bundeswirtschaftsministerium beauftragtes Gutachten bestätigt die sehr hohe Wirtschaftlichkeit solcher Systeme und den hohen Nutzen, um den Energieverbrauch nachhaltig zu vermindern. Die Nachrüstung ist aktuell im Rahmen von sog. Umfeldmaßnahmen durch die BEG förderfähig; eine Förderung als Einzelmaßnahme, wird kurzfristig folgen.

Quellen


[1] Forschungsbericht „Wissenschaftliche Untersuchung zur Steigerung der produktbezogenen Energieeffizienz“ (BMWi 064/17); 2018; Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie, Endbericht; Projektpartner: ifeu – Institut für Energie- und Umweltforschung gGmbH, Öko-Institut e. V.; Gesamtprojektleitung: ifeu – Institut für Energie- und Umweltforschung gGmbH; PDF-Download unter: www.ifeu.de/publikationen

[2] Dr. Helena Stange, Uta Weiß (ifeu), 2021: „Energieverluste durch permanente Lüftungsöffnungen in Aufzugsschächten – Potenzial und Handlungsoptionen“, Bericht im Rahmen des Projekts „Wissenschaftliche Untersuchung zur Steigerung der produktbezogenen Energieeffizienz“ (BMWi 064/17); PDF-Download unter: www.grw-partner.de

Der Autor


Lars Walter-Sinsel
Lars Walter-Sinsel ist seit 2016 Geschäftsführender Gesellschafter der B.A.S.E. Gebäudetechnik GmbH. Seit 2011 liegt sein beruflicher Fokus auf dem Bereich der Aufzugsschachtentrauchung.

www.base-gebaeudetechnik.de

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