Bahnhofsumfeld in Wuppertal: Der Döppersberg im neuen Gewand

Bahnhofsumfeld in Wuppertal: Der Döppersberg im neuen Gewand

Städtebau & Quartiersentwicklung

Bahnhofsumfeld in Wuppertal: Der Döppersberg im neuen Gewand

Text: Bruun & Möllers | Foto (Header): © AXEL HARTMANN

Nach 17-monatiger Bauzeit wurde der neue Bahnhofsvorplatz Wuppertal im Jahr 2018 fertiggestellt und in Betrieb genommen. Der Umbau am Döppersberg stellt in seiner Gesamtheit ein Leuchtturmprojekt zur Beschleunigung der infrastrukturellen Entwicklung der Stadt dar. Mit dem neuen Bahnhofsumfeld ist es nicht nur gelungen, einen Ort der Identifikation für die Bürger der Stadt zu schaffen – vielmehr entstand ein Wahrzeichen mit Strahlkraft weit über die Grenzen Wuppertals hinaus.

Auszug aus:

Die Bebauung des Bahnhofumfelds am Döppersberg in Wuppertal könnte nicht heterogener sein. Bei der Planung der öffentlichen Freianlagen war das Hauptziel der Landschaftsarchitekten Bruun & Möllers daher, ein großzügiges Areal entstehen zu lassen, dessen zwei Teilräume sich gegenseitig ergänzen. Trotz eines Höhenunterschieds von mehr als 7 m.

Simultanität von Transit- und Aufenthaltsraum

Mit dem im Jahr 2003 ausgelobten städtebaulichen Realisierungswettbewerbs fiel der Startschuss für den Umbau des Bahnhofsumfelds in Wuppertal. Voraus ging die kontroverse Entscheidung, die unmittelbar an das Bahnhofsareal angrenzende Bundesstraße B7 für mindestens drei Jahre zu sperren und im Zuge der Umbaumaßnahmen ca. 8 m tiefer zu legen. Hauptziel war, die stadtfunktional wichtige fußläufige Verbindung vom Bahnhof in die Innenstadt zu stärken.

Etwas überraschend hatte der öffentliche Freiraum trotzdem lediglich eine Nebenrolle in der Diskussion um die Neuordnung des Döppersbergs gespielt. Nach Anregung des Gestaltungsbeirats wurden die Landschaftsarchitekten Bruun & Möllers – damals als Breimann & Bruun firmierend – im Herbst 2014 kurzfristig beauftragt, im Schnelldurchlauf ein  Planungskonzept für die umfassenden Freiflächen vorzulegen. Schon im April 2015 und somit bereits ein halbes Jahr nach Beauftragung erfolgte die Entwurfspräsentation vor Gestaltungsbeirat und Planungskommission Döppersberg. Mit anschließender erfolgreicher Beschlussfassung des vorgelegten Konzepts fiel der Startschuss für die Umsetzungen.

 

1 | Die einheitliche Materialkomposition fügt die beiden Platzebenen zusammen – trotzdem könnte die räumliche Anmutung unterschiedlicher nicht sein
Bild: LAGEPLAN: BRUUN & MÖLLERS

Komplexe Ausgangslage

Die bauliche Ausgangssituation stellte das Team von Bruun & Möllers vor einige Herausforderungen: Durch die historischen Bestandsgebäude und modernen Neubauten waren sich widersprechende Höhenvorgaben entstanden, die durch eine intelligente Geländegestaltung aufgelöst werden mussten. Die markanten Fassadenmaterialien des neuen Sockelgeschosses des Bahnhofs sowie des Investorenbaus „City Plaza“ verlangten nach intensiver Abstimmung zwischen Architekt, Freiraumplaner und Bauherr. Nicht zuletzt musste die aus dem Hochbau entwickelte Attika, gedacht als Brüstungskante für den Höhenversprung zwischen den Plätzen, in das Freianlagenkonzept integriert werden.

2 | Die großzügige untere Platzfläche ermöglicht eine direkte Anbindung der Innenstadt. Vor der umfangreichen Neuordnung des Döppersbergs spielten Fußgänger eine Nebenrolle.
Bild: AXEL HARTMANN

Platzeinheit trotz zweier Ebenen

Die topografisch, gestalterisch und funktionell sehr komplexe Ausgangslage rief den unmittelbaren Wunsch hervor, aus der heterogenen Gesamtsituation der öffentlichen Räume am Döppersberg eine einzigartige Einheit zu bilden. Trotz einer Höhendifferenz der zwei Platzteile von nahezu 8 m und einer funktionellen Differenzierung zwischen Räumen für Querung und Orten des Aufenthalts entstand der Wille, dass sich „oben“ und „unten“ als gestalterische Einheit präsentieren.

Dies wurde vor allem durch die homogene Oberflächengestaltung erreicht: ein heller, sand-beiger Pflasterteppich zieht sich über die gesamte Fläche – einschließlich der Freitreppe vor der ehemaligen Bundesbahndirektion. Großformatige, helle Betonplatten im wilden Reihenverband sorgen mit einer glatten, feinporigen Oberfläche für ein dauerhaftes, freundliches und pflegeleichtes Gesamtbild. Mit den Arbeitstiteln „Steinerner Platz“ und „Grüner Platz“ wurde der Rahmen für die weitere gestalterische Ausdifferenzierung der beiden Platzebenen gesetzt:

Der untere Platz nimmt die Fußgängerströme zwischen Bus, Bahnhof und Innenstadt auf und steht damit im Fokus der Funktionen Verkehr und Anlieferung. Mit großen befestigten Flächen wird außerdem viel Freiraum für Veranstaltungen geboten. Zur Platzmöblierung gehören neben der benötigten Grundausstattung auch von innen beleuchtete Rundbänke aus Corian, die in Kombination mit drei Baumpflanzungen auf der Ostseite des Platzes zu kurzweiligen Pausen einladen.

Der obere Platz hingegen erhielt einen grünen Charakter mit großzügigen und informellen Aufenthaltsangeboten, die von den Besuchenden des Döppersbergs gerne angenommen werden. Drei geometrische Rasenhügel wurden auf Brüstungshöhe „abgeschnitten“ und ermöglichen somit ungestörte Blickbeziehungen zwischen dem Platz und der Stadtsilhouette. Zwischen dem Plateau und der Brüstung bietet sich von den Sitzstufen aus ein Blick über die Stadt. Die beachtliche Höhendifferenz der beiden Platzebenen wird in der Mittelachse der ehemaligen Bundesbahndirektion mit einer großzügigen Freitreppe überwunden.

3 | Verweilzonen mit erhöht liegenden Sitzstufen bieten Ausblicke in Richtung Stadt.
Bild: AXEL HARTMANN

Ein grünes Bahnhofsumfeld

Neben den funktional notwendigen befestigten Verkehrs- & Bewegungsflächen wurden die ruhigeren Kommunikations- und Verweilzonen entlang der Brüstung so grün wie möglich gestaltet: Prismatisch gefaltete Rasenflächen sind mit ihrer Orientierung nach Süden und Westen attraktive Orte für Begegnung und Kontemplation.

Durch einen unregelmäßigen Filter von Bäumen bildet sich ein Mäander, welcher spielerisch der Platzkante folgt. Lockere, transparente Baumkronen wirken gleich einem lebendigen Schleier, der den Platz zusammenwachsen lässt. Dabei wirken jene entspannend auf die Prachtbauten, die ansonsten den Raumeindruck bestimmen. Insgesamt wurden 16 Bäume gepflanzt. Aufgrund der Eignung als widerstandsfähiger Zukunfts- und Stadtbaum fiel die Entscheidung auf den Schnurbaum (Sophora japonica ‚Regent‘). Dieser schnellwüchsige Baum bietet auch an heißen Tagen mit seinem lichten Blätterdach einen angenehmen Schatten. Der umlaufende informelle Ring aus Bäumen verbindet beide Platzebenen und trägt zu einem einheitlichen Gesamtbild bei.

Beide Teilräume werden durch elegante Mastleuchten ausgeleuchtet. Die einzelnen Lichtköpfe, die an den Masten spielerisch angeordnet sind, erzeugen auch tagsüber einen angenehm lebendigen Platzcharakter und ermöglichen eine optimale Lichtführung – sowohl mit helleren als auch dunkleren Bereichen. Die große Freitreppe sowie die Bereiche vor der Brüstung werden mit Lichtelementen aus den Handläufen erhellt.

Projektdetails


Bauherr
Stadt Wuppertal (über WSW Wuppertaler Stadtwerke GmbH)
Projektgröße
8.800 m²
Architekt/Fachplaner
GKKS Architekten, Hamburg
BBS Landscape Engineering, Hamburg/Berlin
Baukosten (KG500 – Freianlagen)
2,78 Mio. Euro (netto)
Ausführung
Jakob Leonhards Söhne GmbH & Co., Wuppertal
Leistungsumfang
LPH 1–6 (gem. § 39 HOAI)
Bearbeitungszeitraum
2013–2018, Fertigstellung 2019
Projektteam Bruun & Möllers
Bertel Bruun, Ben Warnecke, Johannes Evert

Der Autor


Bruun & Möllers
Seit der Gründung im Jahr 1999 hat das Team von Bruun & Möllers eine Vielzahl unterschiedlicher privater und öffentlicher Aufträge im In- und Ausland realisiert. Der inhaltliche Fokus liegt auf raumbezogenen, oft komplexen Fragestellungen, die nach formeller Klarheit, aber auch Lebendigkeit und inhaltlicher Vielfalt rufen.

Der Arbeitsschwerpunkt liegt auf innerstädtischen, objektbezogenen Bauvorhaben. Zu weiteren wichtigen Kompetenzfeldern gehört die Erarbeitung von Masterplänen und Rahmenkonzepten, großmaßstäblichen Planungen und Quartiersentwicklungen sowie die Umgestaltung von Verkehrsräumen.

www.bm-la.de

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